Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition)
hinter der immer noch etwas sein könnte.
Aber war das wirklich etwas, das ich kennenlernen wollte?
Sein Lächeln wurde breiter, so dass es der warnenden Grimasse eines Tieres ähnelte. »Ein andermal. Bald, denn du wirst mich wiedersehen. Jetzt fahr nach Hause, kleines Mädchen! Und verriegle deine Türen!«
Es gab ein Geräusch wie zerreißendes Papier, und im nächsten Augenblick war er schlicht weggeknipst. Wo er eben noch gestanden hatte, war nichts als eine eindrucksvolle aufstäubende Pulverschneefontäne. Ich schrie und feuerte los, hinter etwas Falschem her, das durch die Luft schoss. Es schnellte so dicht an mir vorbei, dass ich es an meiner Wange spürte, von der es ein paar verirrte Locken nach hinten strich, ehe es mit einem scheppernden, unheimlichen Lachen auf den Schnee prallte. Ein Dufthauch von warmem Apple-Pie wehte mir über das Gesicht.
Ich verlor es aus dem Blick, denn es rauschte eine Straße hinunter, vermutlich den eigentlichen Zuweg hierher, der bloß unter einer Schneeschicht verborgen war. Dann hatte ich wieder den bitteren Zitrusgeschmack auf der Zunge und wusste, dass ich dringend fliehen sollte.
Was ich am liebsten nicht getan hätte, denn ich wollte den Korridor finden und sehen, ob dort noch irgendetwas von Dad war. Aber dazu fehlte mir die Zeit.
Stattdessen stapfte ich an dem Truck vorbei, in die Richtung, in die das Flugdings geflohen war. Eine Spur von dem Apfel-Zimt-Duft lag noch in der Luft, wurde jedoch rasch vom Wind verweht. Und ungefähr fünf Meter hinter dem Truck, wo meine Stiefel auf festen Kies einsanken – ein gutes Zeichen –, war noch etwas anderes im Schnee: fächerartig verteilte rote Flecken.
Ich hatte ihn erwischt. Was immer er auch sein mochte.
Und ich musste schleunigst hier weg.
Kapitel 18
F ünf bis maximal zehn Meilen die Stunde durch Schneetreiben. Die Ketten an den Reifen knirschten auf Eis und schleppten sandigen alten wie hellen neuen Matsch mit. Schneeflocken jagten tanzend auf die Scheinwerfer zu. Nein, die Heimfahrt war fürwahr kein Spaß! Ich bibberte schrecklich, obgleich die Heizung auf vollen Touren lief, und als ich nach neun Uhr abends in der Einfahrt ankam, parkte ich den Wagen ein wie eine Volltrunkene.
Im Haus brannten sämtliche Lichter, so dass ein warmer goldener Schein aus den dünnen Fenstern strömte. Allerdings waren die Jalousien im Wohnzimmer heruntergelassen. Meine Zähne klapperten, bis ich es zur Vorderveranda geschafft hatte. Ich bemerkte einen Schatten, der sich im Wohnzimmer bewegte.
Das war hoffentlich Graves. Trotzdem steckte ich instinktiv eine Hand in die Jackentasche und umfasste das Sprungmesser. Eine Sekunde lang starrte ich auf die Vordertür. Wahrscheinlich auf denselben Fleck wie das Ding letzte Nacht. Bei diesem Gedanken fröstelte es mich noch mehr.
Die Schlösser klickten, und die Tür wurde aufgerissen. »Mann, Dru, wo zum Teufel warst du? Wem gehört der Wagen? Ist alles okay mit dir?«
Langsam ließ ich das Messer in meiner Tasche los. Auf einmal war ich so froh, ihn zu sehen, dass es nicht einmal mehr komisch war. Er war zurückgekommen und hatte auf mich gewartet, damit ich nicht in ein leeres Haus zurückkehren musste. Und er hatte recht: Niemand hatte ihn gezwungen, mich in dem Einkaufszentrum anzusprechen oder sich um mich zu kümmern. Jetzt klang er ehrlich besorgt.
Was ich ihm nicht vorwerfen konnte, denn gewiss sah ich furchtbar aus.
Die Veranda knackte, als ich ihn ansah und dabei etwas seltsam Heißes fortblinzelte. Es war leider zwecklos, denn eine Träne lief mir schon über die Wange.
»Ach du Scheiße!« Er trug nur Socken, kam trotzdem heraus, packte meinen Arm und zog mich ins Warme. Ich lehnte mich drinnen an die Wand und schloss die Augen, während er die Tür zumachte und verriegelte.
»Wir müssen reden«, brachte ich mühsam heraus.
»Ach was, wirklich?« Noch mehr Sarkasmus, und die Frage wäre tödlich gewesen. So prallte sie schlicht an mir ab. »Was ist verdammt noch mal passiert?«
»Das ist der Truck von meinem Dad.« Inzwischen überfielen die Kälteschauer mich in Wellen. »Ich habe ihn gefunden. Und ich habe den Jungen gefunden, zu dem die Telefonnummer gehört. Er w-weiß etwas.«
Graves nahm alles ruhig auf. »Aha. Zieh die nassen Sachen aus! Du tropfst den Teppich voll.«
Andererseits wusste Graves ja nichts von dem gestreiften Werwolf oder dem Jungen, der sich auf dem Schnee bewegte wie auf einer Tanzfläche. Und erklären konnte ich es ihm nicht, wie
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