Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition)
als ich.« Ich betrachtete den Stapel übriggebliebener Teller, steckte den Stöpsel in den Abfluss und griff nach dem Spülmittel. »Du nimmst das verflucht ruhig auf.«
Er verzog das Gesicht. »Das war wirklich schräg. Ich konnte auf einmal alles riechen, als wenn um mich herum alles in Zeitlupe abläuft und nur ich mich normal schnell bewege.« Nachdem er den leeren Karton abgestellt hatte, öffnete er einen, in dem noch zwei Stücke Peperonipizza mit Extrakäse lagen. »Mann, ich hätte nie gedacht, dass ich so einen tierischen Hunger haben kann!«
»Es sind noch Cornflakes und Fruit-Loops da, falls dir die Pizza nicht reicht«, entgegnete ich, während ich den Seifenblasen zusah, die im Spülbecken aufstiegen. Verstohlen warf ich ihm einen Seitenblick zu, ehe ich gleich wieder in die Spüle blickte. »Graves? Übrigens, danke.«
Er schluckte hörbar. »Wofür?«, fragte er, bevor er noch einen gigantischen Bissen nahm. Sein Haar war vollkommen ruiniert, und seine Augen glühten fiebrig. Das hellere Grün war nicht hässlich.
»Für alles. Ich meine … du musstest das nicht machen.« Du musstest mir keinen Cheeseburger kaufen. Du musstest mich nicht verstecken. Du musstest nicht bei mir bleiben oder mich heute von der Schule wegbringen. Du musstest nicht so … vertrauenswürdig sein.
»Hey.« Er grinste achselzuckend, wobei ihm ein Käsefaden aus dem Mundwinkel hing, den er eilig mit der Zunge einholte. »Ist ja nicht so, als hätte ich sonst jemanden, Dru. Ich würde sagen, wir sitzen beide im gleichen Boot.«
O ja, und das sinkt verdammt schnell! Ich paddelte mit den Fingern im Wasser. »Was ist eigentlich mit deinen Eltern?«
Er warf das halbgegessene Pizzastück in den Karton zurück. »Die wollten mich nicht. Eine Zeitlang bin ich von Pflegefamilie zu Pflegefamilie gewandert und war reichlich blöd drauf. Fast wäre ich im Jugendknast gelandet, weil keiner mit mir klarkam. Dann überlegte ich mir, dass ich schlau genug bin, um auf mich selbst aufzupassen. Also log ich ein bisschen, zog ein paarmal um und schmiedete einen Plan, wie ich erwachsen werden und nie wieder auf Hilfe angewiesen sein kann. Nie wieder. « Seine Augen verengten sich. Offenbar gab es keinen Begriff für den Schmerz, der sich hinter seinen Worten verbarg. »Bisher läuft es ziemlich gut. Im Grunde muss ich bloß alles so arrangieren, dass die Leute denken, irgendjemand sei für mich verantwortlich.«
»Stimmt.« Das Spiel war mir vertraut.
In der Küche liegt ein Fünfziger, Dru. Und mach deine Katas! Aber Dad hatte mich geliebt, und ich musste niemals daran zweifeln, dass er mich wollte. Er hätte mich nie einfach irgendwo abgesetzt und verlassen. Nein, er war immer wiedergekommen.
Trotzdem hatte ich mir dauernd Sorgen gemacht. Dauernd. Und diesmal war er tatsächlich nicht zurückgekommen.
»Was wollen wir anfangen, bis er wiederkommt?« Graves sah mich an. Rasch legte ich die ersten drei Teller ins Spülwasser und drehte den Hahn ab.
Wir. Es klang so einfach, wie er es sagte. »Wir waschen ab. Danach zeige ich dir, wie man das Haus mit Schutzzaubern sichert …« Ich bemerkte, dass er beinahe panisch die Augen weit aufriss, und musste ein Lachen unterdrücken, nach dem mir sowieso nicht zumute war. »Keine Angst! Dazu brauchen wir nichts weiter als Phantasie, ganz einfach. Wir gehen es durch, bevor Christophe wieder hier ist. Er hat geholfen, das Haus zu versiegeln, ehe er ging, aber es schadet nicht, es noch mal zu machen. Und vor allem ist es nicht verkehrt, wenn du weißt, wie es geht. Meine Großmutter sagte, man soll es alle paar Tage wiederholen, um die Schutzzauber frisch zu halten.« Es tat ein bisschen weh, über Gran zu reden – nicht ganz so sehr, wie an Dad zu denken, doch es kam dem nahe.
Meine Gedanken kehrten zu Mom zurück, spielten mit ihr wie eine Katze mit einer Maus. Es konnte nicht stimmen. Mom war keine Blutsaugerin gewesen, genauso wenig wie ich. Das war nicht möglich. Ich lief in der Sonne herum wie jeder andere.
Einschließlich Christophe. Er war auch bei Tag draußen. O Gott!
»Und dann?«, fragte Graves, der sich ein Geschirrhandtuch nahm. Ich spülte den ersten Teller ab und reichte ihn ihm. Es war nett, ihn im Haus zu haben. Dad hätte niemals abgetrocknet.
»Dann nehmen wir uns ein paar Bücher vor und sehen nach, ob alles stimmt, was Christophe erzählt hat.« Vor allem das mit dem Loup-garou.
»Okay.« Er starrte auf den Teller, den er kreisend polierte. »Dru?«, begann er,
Weitere Kostenlose Bücher