Strange Love (German Edition)
glaube, es geht schon wieder.«
»Ich habe schon geschlafen, da habe ich auf einmal einen Schrei gehört ...«
»Es ist alles in Ordnung, wirklich. Du kannst dich ruhig wieder hinlegen.« Sie lächelte ihm beruhigend zu. Dann kehrte sie mit dem Tee in Nicks Zimmer zurück. Er hatte sich nicht von der Stelle bewegt. Vorsichtig stellte sie die Teekanne auf den Boden und goss ihm eine Tasse ein.
»Nick, du siehst furchtbar aus.« Sie fixierte ihn eindringlich.
»Bist du auf irgendeinem Trip?«
Nicks Lippen verzogen sich zu einem Grinsen, das in seinem ausgemergelten Gesicht jeglichen Humor verloren hatte.
»Nein – alles okay. Ich ... bin zurzeit nur etwas blutarm«, sagte er und lachte laut auf.
Cerys starrte ihn irritiert an. Sie wusste nicht, was daran so komisch war.
»Dann musst du vielleicht mal zum Arzt.«
Nicks Lachen wurde noch ausgelassener. »Bestimmt.«
Erst jetzt sah Cerys das Pflaster an seinem Hals. Entsetzt starrte sie ihn an.
»Sag mal – du spritzt dir das Zeug doch wohl nicht in den Hals, oder?!«
Nick tat, als wüsste er nicht, was sie meinte. »Hm?«
»Du weißt doch genau, was ich meine! – Wenn dir eines Tages die Schädeldecke wegfliegt, dann hoffentlich nicht, wenn ich dabei bin.« Cerys biss sich auf die Lippe, das hatte sie nicht sagen wollen. Schweigend reichte sie ihm die Tasse.
Nick nahm sie mit zittrigen Händen entgegen, doch das Grinsen in seinem Gesicht blieb bestehen.
»Ich gehe nicht drauf, keine Bange.«
Ungläubig sah Cerys ihn an. »Wer bist du, dass du so etwas glauben kannst?«
In der Ferne hörte er das drohende Grollen des Donners. Die Luft hatte sich verändert, war frischer. Ein angenehmer Wind zog auf. Daniel legte einen Schritt zu. Er konnte den aufziehenden Regen förmlich riechen.
Mit schnellen, leichten Schritten ging er die Straße hinunter – er hatte kein Geld mehr, um sich ein Ticket für die U-Bahn zu kaufen. Es blieb ihm also nichts anderes übrig, als zu gehen.
Er hatte den Haustürschlüssel vergessen, und da er nicht wusste, ob Nick zu Hause war, hoffte er inständig, dass Cerys da sein würde. Aber das musste sie doch! Sie war schließlich engagiert, um auf ihn aufzupassen, oder nicht?
Daniel mochte Cerys, sie hörte ihm zu, war für ihn da. Sein Leben schien ein wenig aus den Fugen geraten zu sein. Er wusste selbst nicht mehr, wie es dazu gekommen war. Aber er wunderte sich nicht, dass seine Mutter nicht nach ihm suchen ließ. Wahrscheinlich hatte sie nicht einmal bemerkt, dass er nicht mehr da war.
Die ersten Tropfen berührten seine nackten Arme und kündigten einen dicken Regenschauer an. In Kürze würde er nass bis auf die Haut sein. Daniel sah die ersten grellweißen Blitze den Himmel durchschneiden. Der Regen verstärkte sich.
Er war kühl, doch nicht unangenehm. Daniel genoss das Gefühl des langsam immer nasser werdenden T-Shirts auf seiner wunden Haut.
Der Himmel verdunkelte sich schnell, ließ die Blitze noch greller, noch mächtiger erscheinen.
Dicke, wasservolle Tropfen prasselten auf die Erde, auf die Straßen, durchweichten Daniels Kleidung. Doch er setzte seinen Weg unbeirrt fort. Menschen unter aufgespannten Regenschirmen oder Zeitungen verborgen, hasteten an ihm vorbei. Beachteten ihn gar nicht.
Als er schließlich vor Nicks Wohnungstür stand, bemerkte er, dass er außer Atem war. Wasser lief ihm aus den Haaren, an den Schläfen hinunter, er war durch und durch nass. Seine Hose klebte an seinen Schenkeln.
Er klingelte, hoffte, dass Nick da war. Eine Weile tat sich nichts, dann hörte er Cerys’ schleppende Stimme. »Ja?«
»Cerys – hier ist Daniel. Lässt du mich rein?«
Er hörte das müde Summen des elektronischen Türöffners. Cerys stand bereits an den Türrahmen gelehnt. Sie sah ihn an, ihre Lider waren schwer.
Als er an ihr vorbei in die Wohnung trat, bemerkte er den Alkoholgeruch, der von ihr ausging. Er runzelte die Stirn.
»Bist du betrunken?«
Sie starrte ihn mit glasigen Augen an. »Ja, ich habe eine ... ganze Flasche Rotwein getrunken.«
»Aha. – Ist Nick nicht da?«
Sie seufzte. »Nein, ich hätte mich wohl kaum ... kaum in seiner Gegenwart betrunken.«
Sie schloss die Tür und fixierte ihn eindringlich.
»Zieh dich aus, Daniel. Du bist ja klitschnass.«
Daniel nickte langsam, Cerys’ eindringlicher Blick verunsicherte ihn.
Seine Sachen waren alle in Nicks Schlafzimmer untergebracht. Als er sich das T-Shirt über den Kopf zog, stand Cerys plötzlich hinter ihm und reichte ihm ein
Weitere Kostenlose Bücher