Straße des Todes: Thriller (German Edition)
verängstigt. Er sah ihnen direkt in die Augen, als fordere er sie auf, ihm noch mehr zu geben. Jack gelangte zu dem Schluss, dass Kwan entweder keine Angst kannte oder aber verrückt war, wobei er Letzteres für wahrscheinlicher hielt.
Die harten Muskeln auf Kwans nacktem Oberkörper tanzten wild, während er gegen die Tür hämmerte. Blaue Flecke mit unscharfen Abgrenzungen und die an Schlangenbisse erinnernden Brandmale, die von den Elektroschockern stammten, übersäten seine Haut, doch am meisten befremdeten Jack die Narben des Mannes. Über Kwans Bauch und Rücken zogen sich drei gekräuselte Linien, die von Wunden herrühren konnten, und da war außerdem eine große, verwachsene Delle, die nach Jacks Überzeugung von einer Schussverletzung herrührte. Und auf seinem breiten Kreuz befand sich die staunenswerte Tätowierung zweier grimmiger Drachen, die einander ansahen, als wollten sie sich bekämpfen.
Kwan schlug ein letztes Mal gegen die Tür und kehrte dann zu seinem Platz bei der Wand zurück. Er sah Jack einmal kurz in die Augen, dann ließ er sich zu Boden sinken.
Sie hatten Angst, da die Behandlung durch ihre Bewacher brutaler geworden war. Medina hatte die Zange bei immer mehr von ihnen angewandt. Wenn kein Geld geschickt wurde, benahm sich der ansonsten ruhige und vernünftige Rojas bei den nächsten Anrufen immer unwirscher. Er drohte mit schrecklichen Dingen, und manche Männer und Frauen kehrten tränenüberströmt zurück, berichteten, dass Rojas oder Medina ihnen die Finger verdreht oder den Elektroschocker benutzt hätten, während sie telefonierten – nur damit ihre Angehörigen sie schreien hörten.
Jack fragte sich, was sie wohl dem dickbäuchigen Mann angetan hatten, dass er so laut schrie. Jeder im Raum wartete darauf, es zu erfahren, doch als die Tür sich schließlich öffnete, kam Rojas herein und hielt eine kurze Ansprache. Eine der jungen Koreanerinnen übersetzte für ihre Landsleute.
»Es wird Sie freuen zu erfahren, dass Mr. Chun sich jetzt auf dem Nachhauseweg befindet. Seine Familie war heute sehr großzügig. Sie sollten Ihren Familien raten, es ebenfalls zu sein. Mr. Chuns Angehörige haben das Geld angewiesen, das wir benötigen, und jetzt befindet er sich, wie gesagt, auf dem Weg in ihre Arme. Falls Ihre Familien ebenfalls kooperieren, werden auch Sie schon sehr bald zu Hause sein. Wenn nicht, dann eben nicht.«
Rojas blieb, bis das Mädchen alles übersetzt hatte, dann wandte er sich um und ging. Die Menschen im Raum schnatterten aufgeregt angesichts dieser Neuigkeit, aber Jack bemerkte, dass Kwan abfällig grinste.
»Das ist mal eine gute Nachricht«, sagte Jack. »Einer von uns ist rausgekommen.«
Kwan schnaubte und lehnte sich gegen sein Stück Wand.
»Keine Familie. Kein Geld die Leute er anrufen.«
»Rojas hat gelogen?«
»Kein Geld.«
Jack schauderte, als er begriff, was Kwan da sagte, und wieder tastete er nach dem Messer. Er küsste Krista auf den Kopf und flüsterte in ihr Haar.
»Wir müssen es durchziehen, Krissy, okay? Wir gehen einfach, nichts weiter, wir tun’s einfach.«
Sie nickte, das Gesicht immer noch an seiner Schulter vergraben.
Jeden Tag suchten sie nach einer Gelegenheit zur Flucht, aber entweder war die Tür des Hauswirtschaftsraums abgeschlossen, wenn die Bewacher fort waren, oder es waren zu viele von ihnen in der Nähe, wenn sie einmal nicht abgeschlossen war. Irgendetwas passte immer nicht, doch sie würden es bald wieder versuchen. In wenigen Minuten würde Miguel kommen, um Krista und die andere Köchin in die Küche zu bringen. Wenn Kris dort war, war sie näher an der Tür. Jack war überzeugt, es sei nur eine Frage der Zeit, bis ihre große Chance zur Flucht kam.
Er drückte ihr wieder einen Kuss auf das weiche Haar.
»Ich möchte, dass du mir etwas versprichst.«
»Was?«
»Wir müssen hier raus, richtig? Jemand muss hier raus, selbst wenn es nur einer von uns ist.«
»Wir gehen beide.«
»Ich weiß, ja, wir gehen beide, aber hör mir zu, okay? Falls sich dir eine Chance bietet, wenn ich nicht in der Nähe bin, dann geh allein. Verschwinde von hier und geh. Und wenn wir zusammen in der Garage sind und die Wachen kommen, bevor wir es beide hinausgeschafft haben, will ich, dass du es durchziehst, dass du gehst, okay?«
Sie setzte sich auf.
»Ich verstehe nicht. Was meinst du damit?«
»Ich will damit sagen, dass du nicht auf mich warten sollst. Wenn du abhauen kannst, dann tu es, und ich werde versuchen sie
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