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Straße in die Hölle

Straße in die Hölle

Titel: Straße in die Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gesehen … von ihren Spuren, meine ich. Auch einige ihrer Opfer habe ich untersucht und obduziert. Sie wissen, was ich meine, Bandeira?«
    »Diese alten Geschichten!« Bandeira winkte ab.
    »Es gibt bei der Polizei zwei Gruppen, die sich zum Richter und Henker aller ernannt haben, die durch die breiten Lücken des Gesetzes schlüpfen können oder durch Verbindungen immer wieder ihre Weste weiß halten. Die eine Gruppe nennt sich ›Todesschwadron‹, die andere heißt, etwas poetischer, ›Hand der Gerechtigkeit‹. Ziel beider Gruppen ist das gleiche: Tötung aller frei herumlaufenden Verbrecher, die das normale Gesetz nicht erwischen kann.« Santaluz zog im Sitzen seinen weißen Arztkittel aus und warf ihn auf sein Bett. »Die Genickschüsse hier im Camp sind typische Visitenkarten einer dieser Organisationen. Jeder redet heimlich davon, die ganze Arbeiterschaft ist in innerer Alarmbereitschaft. Und man guckt Sie scheel an, Hauptmann Bandeira.«
    »Schielen ist eine medizinische Sache und fällt in Ihre Kompetenz, doutôr .« Bandeira schob das Glas weg. Das Bier schmeckte plötzlich bitter.
    »Mit Zynismus ist niemandem geholfen.«
    »Erwarten Sie, daß ich ein Geständnis ablege?«
    »Nein. Ich will nur wissen, woran ich bei Ihnen bin.«
    »Ich bin Ihr Freund, doutôr . Ich bin Sympathisant Ihrer sozialen Gerechtigkeit. Und ich könnte diesem Senhor Bolo ins Gesicht spucken.«
    »Nur spucken? Nicht zwischen die Augen schießen?«
    »Sie halten mich wohl für den heimlichen Henker der Nation, was?« Bandeira sprang auf. »Doktor, wir leben hier im Urwald. Wir fressen uns durch eine Hölle aus Bäumen und Lianen, Sümpfen und fauligen Flüssen. Im ganzen arbeiten an dem Straßenprojekt viertausendsiebenhundert Menschen, davon sind viertausenddreihundert rechtloser als ein Floh, der mich in den Hintern beißt. Das ist unser Problem … nicht die sagenhafte ›Todesschwadron‹! Und das ist auch Ihr Problem, deswegen sind Sie ja an die vorderste Front gekommen mit Ihrem Lazarett. Wir arbeiten Hand in Hand.«
    »Wann gibt es die nächsten Hinrichtungen?« fragte Santaluz kühl.
    Der Vorhang schwang zur Seite und Norina erschien. Sie trug über einem Schlafanzug im Short-Stil einen kurzen Bademantel aus hellrotem Frottee. Sie sah hinreißend aus mit ihrem offenen schwarzen Haar. Ihre schlanken Beine waren bis zur Hälfte der Oberschenkel sichtbar. Bandeira starrte sie an.
    »Vielleicht morgen«, sagte er rauh. »Ich werde Senhor Gebbhardt umbringen, weil ihm soviel Schönheit in die Arme gelegt wird.«
    »Sie wissen doch wohl«, sagte Norina unbeeindruckt, »daß Piraporte vor allem Ihretwegen gekommen ist, Hauptmann.«
    »Er ist Polizist, ich bin Polizist. Der einzige Unterschied ist unsere Kleidung. Uniform und Zivil.«
    »Sonst nichts?« fragte Santaluz fast spöttisch.
    »Kaum.«
    »In dem Wort ›kaum‹ kann eine komplette andere Welt verborgen liegen.«
    »Und das Wort ›kann‹ läßt alle Möglichkeiten offen.« Bandeira stand auf. »Ich gehe schlafen. Vielleicht mache ich noch einen Umweg zu Piraporte. Was soll ich Senhor Gebbhardt von Ihnen bestellen, Norina? Bloß keinen Kuß. Ich küsse Männer so ungern.«
    »Nichts.« Sie sah ihn nachdenklich an. »Ziehen Sie Carlos nicht hinein, Bandeira«, sagte sie dann leise. Ihre Stimme klang wärmer als sonst, und ein Unterton von Besorgnis schwang darin mit. »Er versucht, vieles zu verstehen, aber Brasiliens Probleme sind nicht seine Probleme. Ich möchte nicht, daß er in Gefahr gerät … bitte!«
    »In der schwebt er jede Stunde.« Bandeira ging zum Zelteingang und schob das dichte Moskitonetz einen Spalt auf. »Ich mag ihn auch, Norina. Aber niemand kann ihn retten, wenn hier der Vulkan ausbricht. Auch Sie nicht. Niemand. Vulkane nehmen keine Rücksicht auf Rosen.«
    Am grünlichen, mit Piranhas verseuchten Fluß war Paulo Alegre zu finden. Er saß auf seinem Raupenschlepper. Er hatte gerade eine neue Ladung Bretter zur Notbrücke gefahren und abgeladen. Ein zerrissenes Lederkissen unter sich, hockte er auf dem harten Sitz und rauchte. Er machte jetzt die zweite Schicht. Zuvor hatte er zwei Stunden gelegen. Geschlafen hatte er nicht, nur die müden Knochen etwas ausgeruht. Eine unmenschliche Anstrengung … nur ein Riese wie Alegre hielt so etwas im Urwald aus. Er tippte grüßend an die Stirn, als Gebbhardt neben ihm auftauchte.
    »Du bist wohl verrückt geworden«, sagte Gebbhardt. »Willst du wirklich zwanzig Stunden arbeiten?«
    »Und Sie, Senhor

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