Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Straße in die Hölle

Straße in die Hölle

Titel: Straße in die Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Sie wissen doch, wer ich bin?«
    »Ja«, erwiderte Gebbhardt knapp.
    »Ich will auch gar nicht mit gezinkten Karten spielen. Es ist immer gut, wenn jeder weiß, daß ihn das Auge des Staates scharf anblickt. Das braucht der Mensch. Spürbare Autorität ist der Motor aller großen Leistungen. Ihr Land hat es vorexerziert.«
    »O Himmel! Sagen Sie bloß, das Hitlerregime sei Ihr Vorbild. Dieser Mordklub! Die Vergewaltigung der Individualität! Dieser Schrecken, der nie mehr aus unserer Geschichte auszulöschen ist.«
    »Sie sehen das völlig falsch, Senhor Carlos.« Piraporte streckte sich auf dem Bett gemütlich aus. »Es gibt beim Menschen Charaktermerkmale, die ihn kaum noch vom Tier trennen. Nur Intelligenz und Erziehung hindern ihn daran, daß dieses Tier in ihm alles andere überdeckt.« Piraporte machte mit beiden Händen eine weitausholende Bewegung. »Seien Sie ehrlich: Wo finden Sie unter Ihren zweitausend Kreaturen hier im Urwald die dazu notwendige Intelligenz und Erziehung?«
    »Ich lehne es ab, mit Ihnen zu diskutieren«, sagte Gebbhardt scharf. Er sprang auf und ging zur Tür. »Ich möchte Sie nicht am Einschlafen hindern.«
    »Grüßen Sie Norina«, rief ihm Piraporte nach.
    Gebbhardt blieb an der offenen Tür stehen. Die Laute des nächtlichen Urwaldes und das Rattern der Motorsägen, der Lastwagen und Raupenfahrzeuge drangen in die Hütte.
    »Ich gehe nicht zu ihr. Ich gehe zur Nachtschicht, zu den Kolonnen am Flußufer.«
    »Man wird Sie überall fragen: Was ist dieser Piraporte für ein Mann? Lügen Sie nicht.«
    »Warum sollte ich?«
    »Und sagen Sie den Leuten: Rebellion ist sinnlos. In Ceres wartet Militär. Ein ganzes Bataillon Fallschirmjäger. Eine Elitetruppe. Die Arbeiter haben keine Chance. Sie sollen an die Straße denken und an sonst nichts.«
    »Das sagen Sie ihnen besser selbst, Piraporte. Ich bin kein Bote der Knechtschaft.«
    »Als ob Santaluz spräche!« Piraporte lachte. Selbst dieses Lachen war gepflegt und elegant. Wie sein Anzug.
    Wütend verließ Gebbhardt seine Bauhütte und knallte die Tür hinter sich zu.
    Im Arztzelt, das durch einen Vorhang geteilt war – die eine Seite für Dr. Santaluz , die andere für Norina –, saß Hauptmann Bandeira an einem Klapptisch und trank Bier. Es war im batteriebetriebenen Eisschrank, in dem man die gegen tropische Hitze anfälligen Ampullen mit den Antibiotika aufbewahrte, gut gekühlt worden. Santaluz hatte die ersten Filmstreifen vor sich liegen und zog sie durch einen von unten beleuchteten Vergrößerungsapparat.
    Norina lag hinter dem Vorhang auf ihrem Bett, so wie Gebbhardt es sich vorgestellt hatte. Sie blickte hinauf zur Zeltdecke und dachte an ihre neue, alle Vernunft verbrennende Liebe. Santaluz hatte sie eine komplette Idiotin genannt. »Eine Braut der Revolution wie du schläft mit ihrem Gewehr, aber nicht mit einem humanistischen Deutschen!« hatte er gesagt. »Wenn es ernst wird, denkst du mit dem Unterleib. Das ist eine im voraus verlorene Schlacht.«
    »Die erste Reihendurchleuchtung«, sagte Santaluz jetzt. »Einhundertneununddreißig Mann. Davon haben siebzig Tuberkulose. Sie dürften gar nicht arbeiten, sondern müßten sofort in ein Sanatorium.«
    »Sagen Sie das mal Areras oder gar Senhor Bolo.« Bandeira lachte bitter. »Sanatorium! Für diese Typen. Neunzig Prozent haben noch nie in einem weißbezogenen Bett gelegen. Sie würden jede Pflegerin sofort ins Bett reißen und vergewaltigen.«
    »Aber sie haben Tbc … und sie werden daran verrecken«, erklärte Santaluz. »Sie werden den Rio Araguaia nie erreichen.«
    »Es gibt genug Ersatzleute.«
    »Für wen reden Sie eigentlich, Hauptmann? Für die Regierung oder für unsere gerechte Sache?«
    »Was wird aus Piraporte?« rief Norina hinter dem Vorhang hervor. Die beiden Männer fuhren zusammen. Sie hatten geglaubt, Norina schlafe schon längst. Bandeira grinste breit.
    »Ich glaube Ihnen gern, daß er Sie stört, Norina. Er blockiert die Liebeslaube. Aber deswegen kann ich ihn nicht umbringen, so gern ich Ihnen auch den Gefallen tun würde.«
    »Er kommt wegen der Liquidation der beiden Mörder«, sagte Santaluz.
    »Weswegen sonst?«
    »Was haben Sie damit zu tun, Hauptmann?«
    Bandeira trank genießerisch sein kühles Bier. »Ich bin Polizist.«
    »Eben.« Santaluz knipste das Licht in seinem Filmbetrachter aus. Nun herrschte Halbdunkel im Zelt. Die Batterielampe gab nur gelbes, sanftes Licht. »Ich bin diesen Leuten nie begegnet, aber ich habe genug von ihnen

Weitere Kostenlose Bücher