Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
dieser Johnny Remeta zu schaffen. Wie hatte er sich nur mit einem Psychopathen einlassen können, einem Typen, der im ganzen Staat Autos knackte, zwei Polizisten umgelegt hatte und so tat, als könnte er durch Wände gehen und wäre unsichtbar?
Er dachte nicht gern an diesen Remeta. Kriminelle und andere Asoziale waren von Haus aus leicht auszurechnen. Die meisten waren blöde und taten alles in ihrer Macht Stehende, damit sie geschnappt wurden. Sie sehnten sich nur nach einer Respektsperson, einer Vaterfigur, die ihnen vorgab, wo es langging im Leben, waren aber zu dumm, um das zu erkennen. Remeta war anders. Er war sowohl intelligent als auch ein echter Irrer, und Gable musste unwillkürlich schlucken, als er an diese Teufelsmischung dachte.
Er nahm das Glasgefäß, das den Kopf eines Vietcong enthielt, vom Tisch und stellte es vor den Spiegel auf den Kaminsims. Der Kopf schwappte kurz in der gelben Flüssigkeit und stieß ans Glas, sodass er mit seinen Schlitzaugen zu Gable aufblickte. Irgendwie fand er es beruhigend, dass er dieses Gefäß nehmen und hinstellen konnte, wo er wollte, auch wenn er sich nicht ganz darüber im Klaren war, warum. Er schaute aus dem Fenster, auf das Herbstlaub in den Bäumen und das gleißende Licht der untergehenden Sonne auf der Bucht, und wünschte sich nichts lieber, als Johnny Remeta einen Revolver in den Mund zu schieben und ihm den Hinterkopf wegzublasen.
Er wurde jäh aus seinen Gedanken gerissen, als seine Frau im Schlafzimmer irgendetwas fallen ließ.
»Liebster, könntest du bitte kurz kommen? Mein Stock liegt am Boden, und ich kann mich nicht so tief bücken«, rief sie.
Er ging ins Schlafzimmer und hob ihn auf, musste ihr dann aus dem Bett helfen. Sie hatte sich heute noch nicht angezogen, trug immer noch ihr Nachthemd, und sie roch nach Eukalyptussalbe und saurer Milch. Auch nachdem sie stand und in ihre Pantoffeln geschlüpft war, klammerte sie sich weiter an sein Handgelenk.
»Lass uns auf der Terrasse zu Abend essen. Es ist so ein bezaubernder Abend. Ich bestelle etwas im Restaurant und lasse es herbringen«, sagte sie.
»Von mir aus gern, Cora.«
»Würdest du mir einen Gefallen tun?«, fragte sie und lächelte versonnen. Sie war ungeschminkt, aber ihre Wangen waren rosig, vermutlich vom Gin, und ihre Augen funkelten fröhlich. Er nickte, erschauderte dann angesichts dessen, was sie von ihm verlangen könnte.
»Würdest du mir die Füße reiben? Sie schmerzen ganz fürchterlich, wenn das Wetter umschlägt«, sagte sie.
Aber er wusste, was das hieß. Mit den Füßen fing es an, danach waren der Rücken und der Hals dran, und irgendwann fasste sie ihm dann an die Wange, strich mit den Fingern über seine Brust und ließ sie auf seinem Schenkel ruhen. Und mit einem Mal war er so angewidert, dass sich seine ganze Kopfhaut zusammenzog.
»Ich geh nur kurz die Kontostände durch. Darf ich dir noch einen Drink bringen und dir später auf der Terrasse Gesellschaft leisten?«, sagte er.
Das war schlau, dachte er. Sie konnte nicht erwarten, dass er sich draußen auf der Terrasse wie ein feuriger Liebhaber aufführte.
Doch als er ihr Gesicht sah, den verkniffenen Mund, den Blick, der mit einem Mal verhangen wirkte, wusste er, dass sie ihn durchschaut hatte.
»Ich rufe jetzt im Restaurant an. Aber du darfst mir gern einen Drink bringen, und sei so lieb und bring mir bitte auch meine Medizin, ja? Ich will dir wirklich nicht zur Last fallen. Aber ich bin eine Belastung, nicht wahr?«, sagte sie.
Er konnte diesen Tonfall nicht ausstehen. Sie spielte jetzt wieder das schicksalsergebene Opfer, die Märtyrerin, eine Rolle, die sie meisterhaft beherrschte. Diese Frau war durch und durch neurotisch, die reinste Schlangengrube an Aberwitz. Und man wusste nie, mit welcher Natter man es gerade zu tun hatte.
Er holte eine Flasche Wodka aus dem Eisschrank, stellte sie mitsamt einem Aperitifglas, einer Schale Perlzwiebeln und einem Mokkalöffel auf ein Tablett und brachte es hinaus auf die Terrasse. In der Ferne sah er ein Boot mit roten Segeln am Horizont verschwinden, und er wünschte sich, er könnte auf diesem Boot sein, den salzigen Wind schmecken, irgendwo in der Karibik ein neues Leben anfangen.
Er musste nur abwarten, die Geduld bewahren. Jede Flasche Wodka oder Gin, die sie trank, setzte ihrem Herz so zu, als ob man einen Chinakracher drin zündete. Vermutlich hatte sie bei Piper & Jaffray über neun Millionen auf der hohen Kante. Selbst wenn er die Kapitaleinkünfte
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