Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
Vom Netzwerk:
sagte der Mann. Seine schwarzen Haare waren zu beiden Seiten glatt zurückgekämmt, Regentropfen glitzerten auf seiner Haut, und sein bloßer Nabel hob und senkte sich über dem Jeansbund.
    »Schreiben Sie mir eine Liste mit sämtlichen Männern, die keine Widerlinge sind. Dann halt ich mich künftig an die«, erwiderte sie.
    »Das Baby soll gefälligst Ruhe geben.«
    »Sie ham ihn aufgeweckt. Babys schrein halt, wenn sie aufgeweckt werden.«
    »Bringen Sie es zur Ruhe. Ich kann nicht denken. Wieso haben Sie keinen Mann, der sich um Sie kümmert?«
    »Ich kann jeden Mann kriegen, den ich will. Ich hab bloß noch keinen kennen gelernt, den ich wollte, die Anwesenden eingeschlossen.«
    Er blickte wieder auf das Baby, schloss die Augen und schlug sie wieder auf. Atmete tief durch den Mund ein und hielt die Luft an, als wollte er etwas sagen. Doch er brachte keinen Ton hervor. Er schlug das Kissen um den Revolver und hielt es mit der linken Hand zusammen. Seine Nasenflügel wurden kreideweiß, als wäre die Zimmertemperatur mit einem Mal auf den Gefrierpunkt gefallen.
    »Sie treiben mich zum Wahnsinn. Sie sind so blöd, dass Sie gar nicht begreifen, was los ist«, sagte er. »Schaun Sie mich nicht so an.«
    »Das is mein Haus. Ich hab Sie nicht reingebeten. Gehn Sie wieder raus in den Regen, wenn’s Ihnen nicht passt«, sagte sie leise.
    Dann schaute sie ihm in die Augen, und mit einem Mal hatte sie das Gefühl, als wäre ihre Kehle ausgedörrt und jemand schnüre ihr den Atem ab, und ein Wort fiel ihr ein, das sie einmal irgendwo in der Kirche gehört hatte – »Höllenschlund« hieß es, und jetzt wusste sie, was es damit auf sich hatte. Sie blickte ihn unverwandt an, so gelassen wie möglich, und versuchte das Dröhnen loszuwerden, das ihr in den Ohren hallte und jeden Ton verzerrte, sodass sie ihre eigenen Worte kaum verstand.
    Sie knüllte das Betttuch über ihrem Bauch zusammen.
    »Mein Baby hat doch nix damit zu tun, nicht wahr?«, sagte sie.
    Der Mann atmete tief durch, diesmal durch die Nase, als müsste er sonst hektisch nach Luft schnappen. »Nein, für was halten Sie mich denn?« Er hob das Kissen hoch, als nehme er es erst jetzt wahr. »Legen Sie so was nie in ein Kinderbett. Babys können dran ersticken«, sagte er und schleuderte es quer durch das Zimmer.
    Er schob den Revolver in die Tasche seiner Bluejeans, sodass der Griff knapp über den Saum ragte, und baute sich breitbeinig auf, als stünde er einem unsichtbaren Widersacher gegenüber.
    »Wollen Sie einfach da stehn bleiben, Regenmann?«, fragte sie, weil sie irgendetwas sagen musste, sonst hätte das Dröhnen in ihren Ohren überhand genommen und das Zucken um ihre Mundwinkel wäre so schlimm geworden, dass sie mit den Zähnen geklappert hätte.
    Es dauerte eine ganze Weile, bis er ihr antwortete. »Ich weiß nicht, was ich machen soll. Aber Sie sollten mich nicht irre im Kopf machen, gute Frau. Das sollten Sie wirklich und wahrhaftig nicht tun«, sagte er.
    Dann stieß er die Fliegendrahttür auf, ging hinaus in das Unwetter und setzte mit seinem Pick-up über die knirschenden Muschelschalen zum Highway zurück, dass der Regen wie zersplitterte Kristalle im Schein der Rücklichter zerstob.
    Den nächsten Morgen brachte ich gemeinsam mit meiner Kollegin Helen Soileau damit zu, Little Face und jeden anderen in Loreauville zu vernehmen, der den Eindringling in Little Faces Haus gesehen haben könnte. Helen hatte als Politesse beim NOPD angefangen und war danach sieben Jahre lang Streifenpolizistin im Garden District und in der Gegend um die Sozialsiedlung Desire gewesen, einem Viertel, in dem es so gefährlich und gewalttätig zuging, dass schwarze Stadträte Präsident Bush dazu überreden wollten, Bundestruppen einzusetzen und dort aufzuräumen. Schließlich kehrte sie nach New Iberia zurück, wo sie aufgewachsen war, und wurde Kriminalpolizistin im Sheriff’s Department.
    Helen trug bei der Arbeit stets Hosen, Khakis oder Jeans, war stämmig und muskulös, hatte die Arme ständig angespannt und schaute mit herausforderndem Blick in die Welt, als wollte sie kundtun, dass ihre welligen blonden Haare, die sie mit viel Spray in Form hielt, ihr einziges Zugeständnis an weibliches Rollenverhalten wäre. Selbst schwierige Zeitgenossen legten sich grundsätzlich nur einmal mit ihr an. Sie hatte im Dienst bereits drei Straftäter erschossen.
    Wir standen auf dem Parkplatz vor der Bar, die der Eindringling aufgesucht hatte, bevor er in der darauf

Weitere Kostenlose Bücher