Strawberry Summer
verrückt wird , dachte Isabel, als sie auf ihr Handy unter dem Tisch sah.
Hey, Schönheit. Musste abhauen.
Vielleicht sehen wir uns die Woche?
Sie scrollte runter zu ihrer Antwort, die sie strategische fünfundsiebzig Minuten später geschickt hatte:
Definitiv J
Das war gestern Morgen gewesen und sie hatte seitdem immer noch nichts von ihm gehört. War es das Wort definitiv gewesen? Das Smiley? Das Smiley, dachte sie. Sie würde es nächstes Mal etwas langsamer angehen. Mike merkte wahrscheinlich, wie sehr sie ihn mochte.
Es war erst zwei Nächte her, dass sie neben ihm im Auto gesessen, Musik gehört und seine Hand gehalten hatte, ganz so, als ob ihre gegenseitige Anziehung selbstverständlich sei. Er hatte sie küssen wollen. Da war sie sich sicher. Und sie war so nah dran gewesen. Und jetzt hatte sie keine Ahnung, ob sie ihn jemals wiedersehen würde, ganz zu schweigen davon, ob sie ihn jemals küssen würde.
»Leg das Handy weg«, befahl ihr Vater. »Du wirst alle in wenigen Stunden im Club sehen.«
»Es ist niemand vom Club«, entgegnete sie.
»Isabel«, sagte er mit warnendem Unterton. Sie legte das Handy mit dem Display nach unten auf den Tisch und seufzte. Frühstück mit der Familie war eines der qualvolleren Sommerrituale ihrer Familie. Ihr Vater hatte es eingeführt, um mehr Zeit mit ihnen verbringen zu können, bevor er für die Arbeitswoche in die Stadt fuhr, aber es bedeutete vor allem, dass jeder wegen des erzwungenen Zusammenseins nervös und angespannt war. Isabel hätte viel lieber ausgeschlafen.
»Guten Morgen!« Ihre Mutter kam mit Sloane ins Frühstückszimmer. Sie liebte es, ihr Yoga-Outfit so lange wie möglich nach dem Unterricht zu tragen, da es ihre durchtrainierte Figur vorteilhaft zur Schau stellte. Sloane schlüpfte im Gegensatz dazu sofort wieder in eine ihrer formlosen Tuniken und Caprihosen. Sloane kämpfte seit der siebten Klasse mit denselben fünf Kilo, und selbst jetzt, all diese Jahre später, schien ein Sieg in weiter Ferne. Meistens wünschte Isabel sich, ihre Schwester würde ihren Körper einfach akzeptieren und etwas Interessanteres mit ihrer Zeit anfangen, als nur Diäten zu machen.
»Wir hatten eine fantastische Stunde«, verkündete ihre Mutter und nahm ihren üblichen Platz ein. Eine Ausgabe der New York Times lag wie immer bereit, genauso wie ein Glas mit grünem Smoothie. »Was für ein wunderschöner Tag«, sagte sie und nahm einen Schluck.
»Es soll fast zweiunddreißig Grad werden«, sagte Sloane, die wie jeden Morgen eine halbe Grapefruit löffelte. »Die erste Hitzewelle des Sommers.«
Isabel verdrehte die Augen. Ihre Schwester war so langweilig.
»Ich denke, wir werden auf unserem Weg in die Stadt in Sagaponack vorbeischauen«, sagte ihr Vater. »Es kann nicht schaden, sich kurz blicken zu lassen.«
»Wenn du meinst«, sagte ihre Mutter.
»Außerdem mag der alte Mann Gregory«, fügte ihr Vater hinzu.
»Er hat vor mir nur nicht so viel Angst wie vor dir«, sagte Gregory.
»Nun, das klingt wunderbar.« Ihre Mutter schlug die Zeitung auf und begann zu lesen, so als wäre der Rest der Familie gar nicht anwesend.
»Weißt du, ein bisschen Enthusiasmus würde nicht schaden«, sagte ihr Vater. »Besonders bei sechzehn Millionen.«
»Aber ich will das Haus nicht verkaufen.« Ihre Mutter hob den Blick nicht von der Zeitung. »Das habe ich dir gesagt. Hundertmal.«
»Richtig«, entgegnete ihr Vater. »Du willst dich lieber über die alten Rohre und die Stranderosion sorgen und die Leute von der historischen Gesellschaft –«
»Ja, will ich.«
»Warum hängst du so an diesem Haus? Es ist ein Fass ohne Boden. All die Renovierungen, all die Zeit, die die Pflege der Anlagen …«
»Es ist meins «, sagte ihre Mutter mit solch einer Endgültigkeit, dass ihr Vater seinen Stuhl mit einem lauten Quietschen nach hinten schob.
»Greg? Bist du so weit?«
Isabel betrachtete den unberührten Stapel Pancakes auf ihrem Teller. Die Streits ihrer Eltern hatte sie kein bisschen vermisst. Jetzt musste sie drei Monate damit ertragen.
Gregory legte seine Gabel hin und stand auf, ganz der pflichtbewusste Sohn, der er seit seiner Geburt war. »Kein Problem«, sagte er.
Gregory hatte am Tag nach seinem Abschluss in Harvard in der Firma seines Vaters angefangen, und ein Jahr später sah es so aus, als wäre er auf dem besten Weg, sich in Lawrence Rule zu verwandeln – in jeder Art und Weise. Isabel konnte sich genau vorstellen, wie er in zwanzig Jahren sein würde:
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