Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Streiflichter aus Amerika

Titel: Streiflichter aus Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
Vom Netzwerk:
Tisch sitzen, nur noch den Knorpel und das gräuliche Stück Faden, mit dem der Braten umwickelt war. Doch wenigstens – und das ist das Schöne daran, wenn man heutzutage in den USA, ja überhaupt irgendwo anders als in Großbritannien lebt – können wir Rindfleisch verzehren, ohne daß wir damit rechnen müssen, gegen die Wand zu torkeln, wenn wir nach dem Essen aufstehen.
    Ich war vor kurzem im Vereinigten Königreich und habe festgestellt, daß viele Menschen dort wieder Rindfleisch essen. Woraus ich schließe, daß sie neulich weder die hervorragende zweiteilige Fernsehsendung über BSE gesehen noch John Lanchesters nicht minder aufschlußreichen Bericht im New Yorker über ebendieses Thema gelesen haben. Sonst würden sie, weiß Gott, nie wieder Rindfleisch anrühren. (Ja, mehr noch, sie würden wünschen, daß sie es vor allem zwischen 1986 und 1988 nicht angerührt hätten. Ich habe es damals auch gegessen, und Junge, Junge, da blüht uns was.)
    Heute habe ich jedoch nicht die Absicht, Angst und Schrecken hinsichtlich unser aller Zukunftsaussichten zu verbreiten (wenn ich Ihnen auch den guten Rat geben möchte, Ihre Angelegenheiten in Ordnung zu bringen, solange Sie noch einen Stift halten können), sondern ich möchte eine Alternative vorschlagen, was mit den armen Kühen geschehen könnte, denen in Großbritannien nun samt und sonders der Garaus gemacht werden soll.
    Ich finde, man sollte sie alle hierher verschiffen, in den Great North Woods freilassen, die sich von Vermont nach Maine über das nördliche Neuengland erstrecken, und dann US-amerikanische Jäger auf sie loslassen. Mein Hintergedanke dabei ist, die Weidmänner daran zu hindern, die Elche abzuknallen.
    Weiß der Himmel, warum man überhaupt auf die Idee kommt, so ein harmloses, braves Tier wie einen Elch zu erschießen, aber Tausende wollen nichts lieber als das – jetzt sogar so viele, daß die einzelnen Bundesstaaten durch Losverfahren entscheiden, wer die Erlaubnis dazu bekommt. Im letzten Jahr gingen in Maine zweiundachtzigtausend Anträge für eintausendundfünfhundert Genehmigungen ein. Mehr als zwölftausend nicht in Maine ansässige Personen trennten sich gern von nicht zurück zu erstattenden zwanzig Dollar, nur um an der Auslosung teilnehmen zu können.
    Die Jägersleut erzählen Ihnen, daß der Elch ein hinterlistiges, grimmiges Waldwesen ist. In Wirklichkeit ist er ein von einem Dreijährigen gezeichneter Ochse. Mehr nicht. Der Elch ist die kurioseste, rührend hilfloseste Kreatur, die je in freier Wildbahn gelebt hat! Er ist zwar riesig – so groß wie ein Pferd –, aber wahnsinnig ungelenk. Ein Elch läuft, als wisse das linke Bein nicht, was das rechte tue. Selbst sein Geweih macht nichts her. Andere Viecher lassen sich Geweihe mit spitzen Enden wachsen, die im Profil prächtig aussehen und dem Feind Respekt abnötigen. Der Elch dagegen trabt mit einem Geweih durch die Gegend, das wie ein Handschuh-Topflappen aussieht.
    Vor allem aber zeichnet das Tier ein beinahe grenzenloser Mangel an Intelligenz aus. Wenn Sie einen Highway entlangfahren und ein Elch aus dem Wald tritt, blinzelt er Sie eine ganze Minute lang an und rennt dann urplötzlich vor Ihnen weg, aber die Fahrbahn entlang. Die Beine fliegen gleichzeitig in acht verschiedene Richtungen. Macht nichts, daß zu beiden Seiten des Highways zehntausende
    Quadratkilometer dichten, sicheren Waldes liegen. Der Elch, zu doof, zu erkennen, wo er ist und was genau da abläuft, folgt dem Highway unverdrossen bis fast nach New Brunswick, bis ihn sein eigentümlicher Gang irgendwann aus Versehen zurück in den Wald führt. Dort bleibt er sofort stehen, und Verblüffung breitet sich auf seiner Miene aus. »Hey – ein Wald!« sagt er. »Na, wie zum Kuckuck bin ich hierhergeraten?«
    Elche sind so kolossal wirr im Kopf, daß sie oft sogar, wenn sie hören, daß ein Pkw oder ein Lastwagen kommt, aus dem Wald hinaus und auf den Highway springen, weil sie die merkwürdige Hoffnung hegen, dort in Sicherheit zu sein. In Neuengland fallen jedes Jahr etwa eintausend Elche Zusammenstößen mit Fahrzeugen zum Opfer. (Und da ein Elch bis zu zweitausend Pfund wiegen kann und genauso gebaut ist, daß die Motorhaube eines Pkws unter ihn paßt und ihm die spillerigen Beine weghaut, während der Rumpf durch die Windschutzscheibe kracht, sind derlei Begegnungen ebenso oft tödlich für den Autofahrer.) Wenn Sie sähen, wie ruhig und leer die Straßen in den nördlichen Wäldern sind, und sich

Weitere Kostenlose Bücher