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Streiflichter aus Amerika

Titel: Streiflichter aus Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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entsetzlich ungerecht finde. Weil ich Amerikaner bin und Sie, meine lieben Leser, nicht, stehen für mich die Chancen doppelt so gut, daß ich eines unzeitigen und unnatürlichen Todes sterbe.
    Das weiß ich, weil ich gerade Das Buch der Risiken gelesen habe. Untertitel: Faszinierende Fakten über die Risiken, die wir tagtäglich eingehen , von einem Statistikwichser (um das reizende Kosewort für einen bestimmten Typus des intellektuellen Fachidioten zu benutzen) namens Larry Laudan.
    Es ist voller interessanter und nützlicher Statistiken hauptsächlich darüber, wie man sich in den Vereinigten Staaten um Kopf und Kragen bringen kann. Ich weiß nun zum Beispiel, daß ich, wenn ich mich dieses Jahr zufällig als Farmer betätigen will, dreimal mehr Gefahr laufe, eines meiner Gliedmaßen einzubüßen, und doppelt gefährdet bin, mich tödlich zu vergiften, als wenn ich einfach nur ruhig hier sitzen bleibe. Mir ist klar, daß meine Chancen, irgendwann in den nächsten zwölf Monaten ermordet zu werden, eins zu elftausend stehen; zu ersticken: eins zu einhundertfünfzigtausend; bei einem Talsperrendammbruch umzukommen: eins zu zehn Millionen; und von einem vom Himmel fallenden Gegenstand einen finalen Schlag auf den Schädel zu kriegen: eins zu zweihundertundfünfzig Millionen. Selbst wenn ich im Hause bleibe und mich von den Fenstern fernhalte, habe ich offenbar eine Chance von eins zu vierhundertundfünfzigtausend, das Zeitliche zu segnen, noch ehe der Tag sich seinem Ende zuneigt. Das finde ich höchst alarmierend.
    Nichts indes ist bitterer als die Entdeckung, daß ich, nur weil ich US-Amerikaner bin, also beim »Star-Spangled-Banner« Habtachtstellung einnehme und das wichtigste Accessoire meiner Garderobe ein Baseballcap ist, doppelt so wahrscheinlich als zermanschter Haufen ende wie Sie. Also, wenn Sie mich fragen, ist das eine himmelschreiende Ungerechtigkeit.
    Mr. Laudan erklärt nicht, warum Amerikaner gefährdeter sind als die Angehörigen anderer Völker. Zu fertig mit der Welt, vermute ich. Aber wie Sie sich unschwer vorstellen können, habe ich mir über die Frage den Kopf zerbrochen, und meine Antwort – sie liegt auf der Hand, wenn Sie auch nur einen Moment überlegen – lautet, daß die Vereinigten Staaten ein extrem gefährliches Land sind.
    Bedenken Sie einmal folgendes: In New Hampshire kommen jedes Jahr ein Dutzend und mehr Leute um, weil sie mit ihren Autos mit Elchen zusammenstoßen. Korrigieren Sie mich ruhig, wenn ich mich irre, aber so etwas passiert Ihnen ja wahrscheinlich nicht auf dem Heimweg vom Supermarkt. Es ist auch unwahrscheinlich, daß Sie von einem Grisly oder einem Berglöwen gefressen, von einem Büffel auf die Hörner genommen oder von einer ernsthaft verstörten Klapperschlange am Knöchel gepackt werden – alles Umstände, unter denen mehrere Dutzend Unglücksraben hier jedes Jahr abtreten. Dann gibt es die Gewalttaten der Natur – Tornados, Erdrutsche, Lawinen, Überschwemmungen, verheerende Blizzards, gelegentlich ein Erdbeben –, die in friedlicheren kleinen Ländern kaum vorkommen, hier aber jedes Jahr Aberhunderte von Menschen das Leben kosten.
    Schlußendlich und vor allem haben wir das Problem mit den Waffen. In den Vereinigten Staaten gibt es zweihundert Millionen Schußwaffen, und wir ballern einfach gern damit in der Gegend herum. Jedes Jahr sterben vierzigtausend US-Bürger an Schußwunden, die große Mehrheit aus Versehen.
    Die Staaten sind, es stimmt, ein hochgefährliches Pflaster. Doch komischerweise regen wir uns über all die falschen Dinge auf. Belauschen Sie mal die Gespräche in Lou's Diner hier in Hanover, und fast immer dreht sich alles um Cholesterinspiegel und Natriumgehalt, Mammografien und Belastungs-EKGs. Zeigen Sie ein Eigelb, und die meisten US-Bürger zucken entsetzt zurück. Doch die offensichtlichsten und vermeidbarsten Risiken lassen sie kalt.
    Vierzig Prozent benutzen immer noch keinen Sicherheitsgurt im Auto, was ich überaus erstaunlich finde, weil es nichts kostet, sich anzuschnallen, einen aber bei einem Unfall davor bewahrt, wie Superman durch die Windschutzscheibe zu schießen. Seit kürzlich in einer Flut von Zeitungsartikeln berichtet wurde, daß kleine Kinder bei Bagatelleunfällen durch Airbags umgekommen sind, hatten die Leute nichts Eiligeres zu tun, als ihre Airbags funktionsunfähig zu machen. Völlig unerheblich, daß die Kinder in jedem einzelnen Fall umgekommen sind, weil sie auf dem Vordersitz gesessen haben, wo sie gar

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