Streifzüge durch das Abendland - Europa für Anfänger und Fortgeschrittene
a hne, b e stellt man i hn i n viel e n deuts c hsprachig e n L ä ndern » m i t S c hl a g « . Kl i ngt das nun w ie ein kös t licher, s c h a umiger M unte r ma c her oder w ie j ene Laute, die ein K e ttenr a u c her m o r gens b e i m Aufsteh e n von sich gibt? Und die Speisekarte w ar voll v o n Worten, die solche oder ähn l iche Assoziati o nen w e c kten: Kn o blauchbrot, Sch w e i nskotelett, P ortion Schl a gobers.
Ich bestellte Entrecôte mit P ommes frites, w a s si c h nach den klangvollen N a men a uf den italienis c hen Speis e karten e in w e n i g fade anhörte (und es hörte s i ch ni c ht nur so a n). Zumind e st mußte ich nicht den größten T eil in der Serviette verste c ken und auch ni c ht nach d e m Ess e n dies e n peinl i chen Aufs c hrei der Entt ä us c hung über mi c h erg e hen lass e n, den alle Kellner a usstoßen, w enn sie f e ststell e n, daß m a n se i n e n T eller nicht mal angerührt hat. D a s Rest a urant sel b st w ar dunkel und s c hli c ht, die Decke v o n T abakrauch vergi l bt. Dafür w ar die Kellner i n freundli c h, und das Bier vor m ir w ar groß und kühl.
Mitten a uf d e m T is c h bef a nd sich e i ne guße i serne S c ha l e, die ich anf a ngs für e i nen Asch e nb e cher hielt, doch dann k a m m ir der Gedanke, daß es si c h ebensogut um e i ne A rt Brotkorb h a ndeln könnte, den die Kel l nerin in Kürze füll e n w ürde. Ich warf ein e n Blick auf die übrig e n T ische, um he r auszuf i nden, ob einer d e r w e n i gen Gäste die Schale als Asch e nbecher benutzte, aber e s rauchte ni e mand. A lso drückte i c h meinen Z i garettens t umm e l aus, ließ ihn s a m t S treichholz in e i n e m Blu m e ntopf a uf der Fensterbank ve r sch w i nden und versu c hte, d i e As c he w e gzu p ust e n, w obei ich sie über die ganze T ischde c ke verteilte. Bei dem Versu c h, s i e m it der Hand w eg z u w i sch e n, stieß ich geg e n me i n Glas und vers c hüttete das Bier.
A l s i c h d a mit s o w e it fert i g w ar, ziert e n e i ne Re i he von grau e n Fleck e n auf e i n e m Untergrund von ungleichmäß i g e m Uringelb die bis dah i n blüten w e iße Decke. Kurz darauf ers c hi e n die Kel l nerin, um das Essen z u se r vieren, und ob w o hl i c h mir die größte Mühe gab, den S c hl a massel l ä ss i g unter Oberkörper und Ellbog e n z u verbergen, sah sie sofort, w as i c h ang e richtet ha t te. Sie s c henkte mir ein e n Blick, der nicht, w ie i c h befürchtet hatte, Ger i ngsch ä tzung z um A usdruck brachte, sondern - w as viel s c hl i mmer w ar - tiefst e s Mitleid verriet. Es w ar dieser Blick, m it d e m m a n je m a nden ansieht, der nach e i n e m S c hl a ganfall die Kontrolle über die M uske l n sein e s Mund e s verloren hat, aber denno c h tapfer versu c ht, ohne fr e m de Hilfe z u e ss e n. Es w ar e in B lick, der besagte » A c h Gott, der ar m e Kerl . «
In einer Schre c ks e kunde gl a ubte ich, sie w ürde mir e i ne Se r viette um den Hals binden und mir das Ess e n kle i nschneiden. D och statt dessen z o g sie si c h a uf i hren P osten h i nter der Bar zurü c k, von w o sie mi c h kein e n M o m e nt m e hr aus den Augen ließ, j ederzeit bereit, sofort zur Stelle zu se i n, soll t e mir eine Gabel oder ein Messer aus den Händen gl e iten oder soll t e ich von e i n e m plötzlich e n Anfall geschüttelt hint e nüber kippen. Ich w ar j edenfa l ls sehr froh, als i c h w ieder auf der Straße st a nd. Die gußeiserne Schale w ar übrig e ns tatsächlich e i n A s c h e nbecher.
Brig, einst e i ne P ostku t sch e nstation a n der S traße z w i sch e n Zürich und Ma i land, e r w ies si c h a l s eine zi e mli c h l a ng w eil i ge S tadt. Sie machte irg e n d w ie d e n E i ndruck, als w üßte sie ni c ht recht et w a s mit sich a n z uf a ngen. T rotz ihrer ans e hnlich e n Größe schien e s hier kaum Möglichkeit e n der Zerstreuung zu geben. Die A usl a gen der Gesch ä fte b e schränkt e n sich auf so un i nteressante D i nge w ie Küh l schr ä nke, St a ubsauger und Ferns e hgeräte. Doch dann w urde mir klar, daß in den m e i sten Ländern un i nteress a nte D i nge in den Sch a uf e nstern li e g e n. Was m i ch bedrückte, w ar einz i g und allein die T atsache, daß ich ni c ht m e hr in Itali e n w ar. Und gen a u das ist das P roblem be i m Re i s e n: heute sitzt du vor e i ner T asse Cappu c cino und sch a ust übers Meer, und m o r g e n st e hst du i m Reg e n in der lan g w eil i gst e
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