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Striptease: Roman (German Edition)

Striptease: Roman (German Edition)

Titel: Striptease: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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in korrektem Sakko und Krawatte am wohlsten. Er hatte gelesen, daß Nixon ähnliche Gewohnheiten hatte, aber was soll’s? Sportliche Kleidung bremste Moldys Genialität; er fühlte sich in einem Turnhemd und abgelatschten Schuhen ganz einfach nicht mächtig. An diesem Vormittag trug er einen dreiteiligen anthrazitfarbenen Anzug, den er in Paris hatte maßschneidern lassen. Die Krawatte war bordeauxrot mit einem grauen, diagonal verlaufenden Streifen.
    Moldowsky saß an einem Schreibtisch aus Kirschholz in seinem Herrenzimmer. Das Telefon summte häufig, aber er überließ die Gesprächsannahme dem Anrufbeantworter. Er machte sich Notizen auf einem Schreibblock. »Was will sie?« schrieb er; dann stellte er eine Liste möglicher Szenarios auf, von der schlimmsten bis zur günstigsten Möglichkeit.
    Die schlimmste: Die Stripperin konnte den Kongreßabgeordneten abschießen, entweder aus eigenem Antrieb oder im Auftrag eines Feindes. Dazu brauchte sie noch nicht einmal das Foto, eine nachmittägliche Pressekonferenz reichte völlig aus. Die Enthüllung hätte eine augenblickliche Katastrophe zur Folge, und wenn sie Dilbeck auch nicht gleich den Wahlsieg kostete, so würde sie auf jeden Fall die Zuckersubventionen gefährden. Die Rojos könnten dabei Millionen verlieren. Malcolm Moldowsky war fest entschlossen, alles zu tun, um einen solchen Unglücksfall zu verhindern. Er hatte sorgfältig Dilbecks politische Position gefestigt, und das Abstimmungsergebnis des Ausschusses war so gut wie unter Dach und Fach. Das einzige noch zu überwindende Hindernis war ein Republikaner namens Tooley aus Nord-Alabama, der sich öffentlich zu den Wiedergeborenen Christen bekannte und unermüdlich gegen nicht jugendfreie Filme, alle Formen der Rockmusik und die jährliche Schwimmsport-Sondernummer von Sports Illustrated wetterte. Moldowsky wußte zufälligerweise, daß Congressman Tooley ein syphilitischer alter Knacker war, aber das tat nichts zur Sache. Der Kerl würde sich auf der Stelle öffentlich von David Dilbeck distanzieren, wenn ein schmutziger Sexskandal ans Licht käme, und niemals genauso abstimmen wie ein den Frauen nachlaufender Heide.
    Am Ende von Moldys Liste stand sein Wunschszenario: Was wäre, wenn die Stripperin die ganze Angelegenheit auf sich beruhen ließe? Vielleicht war ihr die Attacke mit der Sektflasche im Grunde gleichgültig. Vielleicht hatte sie auch gar kein Interesse daran, den heißblütigen Kongreßabgeordneten zu erpressen, und vielleicht hatte sie auch keine Zweifel in bezug auf Jerry Killians Ableben. Möglicherweise wollte sie nur in Ruhe gelassen werden.
    Nicht sehr wahrscheinlich, dachte Moldowsky. Die Frau brauchte ganz bestimmt Geld, und sicherlich wußte sie auch, wie nachhaltig sie David Dilbeck schaden konnte, wenn sie den Mund aufmachte. Moldowsky vermutete, daß Erin Grants Schweigen käuflich war, und er rechnete sich aus, daß sie mit einer größeren Summe zufrieden wäre und die Stadt mit ihrer kleinen Tochter still und leise verlassen würde. Das wäre prima. Ein Geldtransfer barg zwar gewisse Risiken, aber ein dauerhaftes Verschwinden zu arrangieren war nicht mehr ratsam. Schon gar nicht, wenn ein Cop im Hintergrund lauerte.
    Moldy war über Al García beunruhigt. Wie war seine Visitenkarte in das Stahlschließfach des Anwalts gelangt? Untersuchte der Detective Mordecais Verschwinden? Moldy machte sich eine Notiz, diese Frage bei der Anwaltskammer von Florida zu klären. Schließlich war er es gewesen, der den Ermittlern den Tip mit dem Treuhandkonto-»Betrug« des Anwalts gegeben hatte.
    Aber es gab noch weitere Rätsel. Weshalb schnüffelte ein Cop des Morddezernats von Dade County in Fort Lauderdale herum? Befaßte García sich etwa mit dem Tod Jerry Killians? Und, noch wichtiger, hatte er etwa das Dia aus Mordecais Stahlschließfach herausgeholt?
    Die Erfahrung hatte Malcolm Moldowsky gelehrt, sich stets gegen das Schlimmste zu wappnen. Angenommen, García hatte eine Spur gefunden. Angenommen, er hatte Wind von den Erpressungsversuchen bekommen. Und angenommen, er vermutete, daß etwas mit dem Tod Jerry Killians und dem Verschwinden Mordecais nicht stimmte …
    Soll er doch annehmen und vermuten, bis ihm die Ohren abfallen, dachte Moldowsky. Es gibt keinen Beweis, keine Spur, kein noch so schwaches Glied, das den Kongreßabgeordneten mit diesen unseligen Vorfällen in Verbindung bringen könnte. Morde? Ein einsamer Junggeselle hat einen Anglerunfall in Montana, ein schmieriger

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