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Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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umkreisten einander und suchten nach einem Fehler in der gegnerischen Deckung.
    »Ihr seid kein schlechter Kämpfer«, schnarrte McCullough, »aber bei diesem Spiel bin ich Euch über.«
    »In Ruthenien können die Zigeuner in der Kunst, ein Messer zu gebrauchen, sogar den Holzschnitzern etwas vormachen - und mir hat ein Zigeuner beigebracht, wie man reitet, ein Pferd mit einem unhörbaren Pfiff herbeiruft und noch einiges mehr, was mich am Leben und ihn daher in Arbeit und Brot bleiben ließ. Vielleicht kenne ich ein, zwei Kniffe, die Euch überraschen werden.«
    »Ihr seid noch geschwächt, gerade erst zu Kräften gekommen, nachdem man Euch durchlöchert hat. Wollt Ihr’s drauf ankommen lassen, noch ein Loch in der Haut zu kassieren, wegen ein paar Minuten mit Eurem Mädchen, wenn ich mir was nehm, wo ihr nichts fehlen wird?«
    »Die Gunst der Dame gehört von Rechts wegen und aufgrund ihrer Einwilligung mir, und ich würde jeden Verlust der reichen Schätze ebenso missen wie der Geizkragen eine Münze von seinem gehorteten Gold.«
    »Schöne Worte«, höhnte McCullough. »Wir wer’n ja sehn, ob ihnen auch Taten folgen.«
    Die Messer blitzten im Feuerschein, und ihre gefährlich scharfen Spitzen flammten blau auf. Die Männer hielten die Waffen an der Kante, so daß schon ein schneller Stoß Muskeln und Eingeweide aufschlitzen und furchtbare Verletzungen zur Folge haben konnte. Auf McCulloughs Gesicht lag Begeisterung und eine gewisse Vorfreude, als sei dies ein Kampf nach seinem Geschmack. Er täuschte mit einem weiten Satz an und prüfte mit hellen, wachsamen Augen die gegnerische Deckung. Rolf wich dem Angriff leichtfüßig aus. Auf seinem Gesicht zeigte sich weder Furcht noch Schwäche, nur völlige Konzentration der Sinne auf das Spiel des Messers in der Hand seines Gegners.
    Rolf war größer als der Schotte, hatte mehr Reichweite und geschmeidigere Muskeln. McCulloughs vierschrötige Gestalt, die muskulösen Schenkel, Schultern und Arme zeugten jedoch von Kraft. Die Gerissenheit des Räubers stand gegen die helle Intelligenz seines Gegenübers.
    McCulloughs selbstgefälliges Lächeln wurde breiter, als Rolf immer noch nicht angriff. Wieder und wieder unterlief er die Deckung des Prinzen und schwang das glänzende Messer um Haaresbreite vor Rolfs bandagierter Brust. Aber Rolf wich zurück, ohne daß sein Gegner ihn treffen konnte. Dem Schotten brach bei seiner Kraftanstrengung der Schweiß aus, lief ihm in die Augen, glitzerte auf seinem Bart und durchtränkte sein Hemd.
    Angeline hielt den Atem an und sah zu. Sie glaubte nicht, daß der Räuberhauptmann Rolf töten wollte, sondern lediglich vorhatte, ihn kampfunfähig zu machen, um sowohl in den Genuß von Angeline als auch eines reichen Lösegelds zu kommen. Rolfs Plan dagegen war leicht zu durchschauen, falls er einen anderen hatte, als am Leben zu bleiben. Er wich immer wieder zurück, seine Bewegungen waren geschmeidig wie Seide, und wachsam kniff er die türkisblauen Augen zusammen.
    Der Schotte wurde selbstsicherer. Ein Lachen kam aus seiner Brust, und er warf das schwere Messer von Hand zu Hand, als wolle er Rolf zu einem Angriff provozieren, während es durch die Luft flog. Die Männer umkreisten einander, und ihre Blicke trafen sich. Sie atmeten schwer. Das Schlurfen der Füße auf dem rohen Bretterboden erhielt einen eigenartigen, hypnotisierenden Rhythmus. Auf Rolfs Stirn und Armen schimmerten Schweißperlen, in denen sich das orangerote Flackern des Feuers widerspiegelte. Da blitzte die Klinge des Schotten in seiner linken Hand plötzlich auf und fuhr auf die verletzte Stelle in Rolfs Seite zu.
    Rolf parierte mit dem Können eines Fechters, verkantete gleitend die Waffe, lenkte sie ab, fuhr an der ungedeckt nach oben weisenden Klinge vorbei und schnitt dem Anführer der Räuber die Fingerkuppen ab. Der Schotte heulte auf, zog sich fluchend und mühsam zurück, warf das Messer in die Rechte und nahm wieder Deckung, wobei er die zerschnittenen Finger in den Stoff seiner Hosen preßte, um die Blutung zu stillen. Er lächelte nicht mehr.
    »Ihr habt gerade aufgemacht«, tadelte Rolf mild. »Ein Zigeuner hätte Euch ausgeweidet wie einen Fisch. Nehmt Euch in acht!«
    »Ich werd mich in acht nehmen - und zwar vor Euch!«
    Er kniff die Augen zusammen und umpirschte Rolf schlau, versuchte einen gerissenen Trick nach dem anderen und dachte jetzt nicht mehr daran, den Gegner nicht zu verletzen, sondern wollte nur noch seine Rachegelüste befriedigen.

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