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Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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Rolf begegnete jedem dieser Manöver mit der geeigneten Gegenmaßnahme, schonte mit ökonomischen Bewegungen seine Kräfte und wartete ruhig und aufmerksam auf den nächsten Angriff. Und jedesmal erklärte er in geschliffenen, gewählten Sätzen, was der andere falsch gemacht habe.
    Bei jedem Fehlschlag, jeder vergeblichen Anstrengung gegen einen angeblich kranken Gegner, und das vor der Frau, um die er kämpfte, verlor der Schotte mehr und mehr die Beherrschung. Er biß vor Wut die Zähne zusammen und umklammerte mit schweißnasser Hand das Heft. Seine Bewegungen wurden wild und ziellos, immer verzweifelter versuchte er, den allzu treffsicheren Spott des anderen zum Schweigen zu bringen, des wendigen Prinzen habhaft zu werden und ihn zu entwaffnen. In seiner wütenden Rage hörte er auf zu denken, und das war ein gravierender Fehler.
    McCullough stürzte jäh nach vorn und legte all seine Kraft in diesen Stoß. Er fluchte, da er wieder nicht traf, und stach mit einem Rückhandschlag noch einmal zu, der einen Knochen durchtrennt hätte, hätte er sein Ziel erreicht. Aber er traf nicht. Als die Wucht des Stoßes den Messerarm nach vorne warf, kam Rolf mit einer wirbelnden Bewegung auf McCullough zu, packte seinen Arm, verdrehte ihn und hakte das rechte Bein hinter McCulloughs Knie. Der Schotte wurde mit Getöse gefällt. Er wollte schimpfen, schwieg aber, als er sah, daß Rolf sich wieder mit dem Messer über ihn beugte, dessen Spitze an seiner heftig pulsierenden Halsschlagader angesetzt war.
    McCullough war nicht dumm. Er wagte kaum zu atmen, löste die Finger langsam von seinem Messer und ließ es klirrend zu Boden fallen.
    »Und jetzt«, sagte Rolf leichthin, »wollen wir ein Wörtchen miteinander reden.«
    Der Schotte gewann rasch seinen Verstand zurück. »Wenn ich schreie, stehn gleich zwei Dutzend Männer hier drin, ziehn Euch das Fell über die Ohren wie ’nem Wolf und werfen Eure sterblichen Überreste den Hunden zum Fraß vor.«
    »Zwei Dutzend Männer, die Euch sterben sehen.«
    »Bei diesem Krawall werd’n se vielleicht bald da sein.«
    »Ich bezweifle, daß sie es wagen werden, Euch zu stören, da sie ja Grund zu der Annahme haben, daß Ihr Eurem Vergnügen frönt, wie derb es auch sein mag.« Diese schneidenden Worte riefen McCullough in Erinnerung, daß die unerwünschten Aufmerksamkeiten, die er Angeline aufgedrängt hatte, nicht vergessen waren. »Aber selbst wenn sie kämen, würde es Euch nichts nützen. Reden wir einmal von Wölfen, die, wenn ihr Anführer zu Boden geht, über ihn herfallen und ihn heißhungrig zerreißen...«
    McCullough wurde ruhiger. »Hölle und Teufel, da habt Ihr recht. Wenn meine Männer mich so sehn, ist mein Leben keinen falschen Pfifferling mehr wert.«
    »Ich freue mich, daß wir uns verstehen.«
    »Allerdings«, brummte McCullough. »Aber selbst wenn Ihr mich niederstreckt, könnt Ihr doch net bloß mit der Saufeder in der Hand entkommen. Meine Männer würden Euch erschießen, bevor Ihr drei Schritte gemacht habt.«
    »Das ist zweifelsohne wahr, jedenfalls wenn sie mich sehen. Ich fordere also von Euch statt dessen Euer Ehrenwort, nicht als der, der Ihr jetzt seid, sondern als der, der Ihr einmal wart, daß Angeline von nun an nicht mehr von Euch belästigt wird.«
    Im Gesicht des Anführers der Räuber kämpfte es ersichtlich. Dann fragte er: »Ihr würdet es annehmen... mein Wort?«
    »Das würde ich.«
    »Ich gebe es Euch, Ihr habt das Wort eines McCullough!«
    »Und wenn Ihr es brecht«, fiel Angeline ein, »in Blicken, Worten oder Taten, dann werde ich dafür sorgen, daß Eure Männer erfahren, wie leicht Ihr von Rolf überwältigt worden seid.«
    »Aber das Lösegeld krieg ich doch«, warf der Schotte mit beharrlicher, offenherziger Schläue ein.
    »Das werden wir sehen«, erwiderte Rolf.
    »Ein feines, hartgesottenes Paar seid Ihr. Ich bin froh, daß ich da mit heiler Haut davonkomme, das heißt, wenn ich aufstehn darf?«
    Rolf trat zurück und gestattete McCullough, sich hochzuhieven. Der Räuberhauptmann zog sich die Hose hoch und sog mit einem Schnarchlaut die Luft ein, als habe er bis zu diesem Moment nicht gewagt, tief zu atmen. Er begegnete Rolfs Blick mit einem Anflug von Trotz, als erwarte er irgendein Anzeichen von Triumph.
    »Ich wünsche Euch eine angenehme Nachtruhe«, sagte Rolf und neigte den blonden Kopf.
    Der Schotte nickte kurz. »Ich werd das hier nie vergessen.«
    »Das will ich hoffen.«
    »Und mal angenommen, ich würd’s doch vergessen,

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