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Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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gefunden sei. Sein neues Hauptquartier lag am Rand der Sümpfe eines Pierre-Zuflusses, wo er sich in einem verlassenen Haus eingenistet hatte. Sein Lager war stabil und gut befestigt, als habe er nicht die Absicht, sich so leicht wieder vertreiben zu lassen.
    Es war reiner Zufall, daß man den Spanier ausfindig gemacht hatte. Gustav hatte mit einem von McCulloughs Leuten sorgfältig die Wälder nach ihm durchkämmt. Als sie in einer kleinen Siedlung am Ufer jenes Flusses anhielten, um ihre Pferde zu tränken und einer Frau ein wenig Mundvorrat abzukaufen, sahen sie jemanden, der ihnen bekannt vorkam. Als ältestes Mitglied der Garde war Gustav viel in den europäischen Söldnerheeren herumgekommen und war ständig bemüht, sich Gesichter zu merken, da er stets auf der Hut vor Feinden sein mußte. Er folgte mit seinem Begleiter dem Räuber, und so fanden sie das Lager der Gesetzlosen. Dort informierten sie sich über die Zahl der Gegner, die Größe des Gebäudes, seine Zugänge, Türen und Fenster und kehrten auf dem schnellsten Weg zu McCulloughs Stützpunkt zurück.
    Die Nachricht versetzte die Männer in einen Begeisterungstaumel. Sie schrien, schossen ihre Büchsen ab und klopften einander auf die Schulter. Aber es dauerte noch vierundzwanzig Stunden, bis sie ihre Pläne peinlich exakt ausgetüftelt hatten und losschlagen konnten. Nur wenige kannten das genaue Ziel oder den Schlachtplan, nach dem vorgegangen werden sollte, sobald das Lager des Spaniers erreicht war. Dennoch regte sich in allen die Vorfreude, von den Frauen und Kindern der Gesetzlosen bis hin zu Rolf. Alkohol floß in Strömen. Die Männer wurden laut und ausgelassen, spielten einander Streiche beim Reinigen der Waffen und holten die Regenumhänge hervor, da sich bei Einbruch der Dämmerung Wolken zusammenballten. Rolf blieb nach außen hin ruhig, aber jeder, der ihm nicht sofort schnell und präzise antworten konnte, wenn er etwas gefragt wurde, bekam seine scharfe Zunge zu spüren.
    Um dem Lärm, dem ekelhaften Geruch nach Schnaps, Speisen und männlicher Aufregung und den schrecklich betriebsamen Vorbereitungen zu einem Unternehmen zu entgehen, an dem sie nicht teilhaben würde, warf sich Angeline ihren Umhang um und verließ das Haus. Sie ging schnell durch die Halle in den Hof. Einer der Köter knurrte, und seine Nackenhaare sträubten sich, doch als sie ihn ansprach und er ihren vertrauten Geruch wahrnahm, beruhigte er sich wieder.
    Die Nacht fiel nun schnell herein, aber in einiger Entfernung vom Weg, der zum Haus führte, konnte Angeline eine weiße Uniform erkennen. Sie holte in der taufeuchten Luft tief Atem, wickelte sich fester in ihren Umhang und ging darauf zu.
    Es war Oskar. Er stand im Dämmerlicht unter einem schwarzen, laublosen Tupelobaum und hielt mit dem Gewehr im Arm Wache. Als sie auf ihn zutrat, lächelte er.
    »Mademoiselle Angeline, seid Ihr gekommen, um mich von meiner Langeweile zu erlösen? Hier draußen gibt es nichts als ein paar Kaninchen, die an den jungen Trieben knabbern und mißtrauisch auf die Hunde schielen, und sowohl die Vernunft als auch Anweisungen von Rolf verbieten mir, auf meiner Gitarre zu spielen.«
    »Habt Ihr unsere Flora und Fauna schon so bald satt?« Sie lehnte sich mit dem Rücken an die rauhe Rinde des Baumstamms.
    »Ich habe jeden nackten Ast im Umkreis studiert, aber um diese Jahreszeit gibt es wenig zu sehen, und außerdem wird es dunkel.«
    »Vielleicht seid Ihr im Frühjahr noch bei uns, es sind nur noch ein paar Wochen bis dahin. Frühlingsblumen und Sträucher blühen in den Vorgärten, und dann kommen die wilden Pflaumen und Kirschen.«
    »Ab und zu waren schon dicke Knospen oder sogar grüne Spitzen zu sehen. Seit unserer Ankunft hat sich schon einiges getan, und für Februar kommt mir das vor wie ein Wunder. Aber ich fürchte, wenn wir morgen Erfolg haben, sind wir schon fort, wenn sich die ganze Pracht entfaltet.«
    »Habt Ihr Heimweh nach Ruthenien?«
    »Hier oder dort, mir ist es gleich. Mein Bruder und ich gehen mit Rolf. Seine Freude ist unsere Freude, seine Sorgen sind unsere Sorgen, und wo er sich aufhält, sind wir zu Hause.«
    Diese schlichte Erklärung rührte Angeline so, daß ihre Stimme belegt klang. »In Ruthenien werden aber doch wohl einige Schwierigkeiten auf Euch zukommen?«
    »Ja, das ist wahr, und zwar mehr als hier.«
    »Wie könnt Ihr das behaupten?«
    »Der König ist dort«, antwortete Oskar und warf Angeline einen Seitenblick zu, als hätte er die Worte gerne

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