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Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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zurückgenommen.
    »Gustav hat mir einiges über die gespannten Beziehungen zwischen Rolf und seinem Vater erzählt«, warf sie beschwichtigend ein.
    »Hat er auch erwähnt, daß es der König ist, der unserem Prinzen am glühendsten den Tod wünscht?«
    Angeline starrte ihn an. »Ihr müßt Euch irren. Selbst wenn er ihn für Maximilians Tod verantwortlich machte, wäre das unnatürlich.«
    »Ich sage Euch, es ist wahr. Er hat seinen ältesten Sohn immer mehr geliebt als Rolf und ist seit Maximilians Tod völlig außer sich.
    Und die Gerüchte, die bei Hofe im Umlauf sind und die besagen, daß Rolf dabei die Hand im Spiel hatte, verschlimmern die Sache noch. Es würde mich gar nicht wundern, wenn der Mörder, der uns auch hier ständig folgt, im Sold des Königs stünde.«
    »Aber... das wäre ja barbarisch! Man hätte Rolf doch anklagen und vor ein ordentliches Gericht stellen können!«
    »Und die Familie vor den Augen der ganzen Welt bloßstellen? Nein, dem König würde es viel besser in den Kram passen, wenn die Sache ohne Aufsehen im Ausland geregelt würde.«
    Durch den ruhigen Ton, in dem Oskar so Ungeheuerliches aussprach, klangen seine Worte erst recht beängstigend. »Aber wer würde denn so einen Auftrag annehmen?«
    »Wenn ein König winkt, gibt es immer Leute, die gehorchen. Er hat einiges zu bieten: Reichtum oder, was wahrscheinlicher ist, ein hohes Amt. All das kann der König versprochen haben. Wenn der Betreffende gerissen ist, wird er den Herrscher hinterher noch damit erpressen, daß er für ihn gemordet hat.«
    »Aber bedenkt doch, Oskar, wenn Rolf stirbt, gibt es keinen unmittelbaren Thronerben!«
    »Was spielt das für eine Rolle? Der König war immer der Auffassung, daß Rolf im Vergleich zu Max unfähig sei, was ebenso ungerecht wie unwahr, aber schwer zu widerlegen ist. Schon aus diesem Grund wäre der Tyrann zufrieden, wenn statt Rolf sein Neffe Leopold den Thron besteigen würde. Vielleicht freut es ihn sogar, wenn er verhindern kann, daß Rolf den Platz einnimmt, auf den ihn das Volk offenkundig wünscht.«
    Angeline runzelte gedankenvoll die Stirn und schwieg, dann wandte sie ein: »Aber wenn der Mörder, der Rolf verfolgt und ihm nach dem Leben trachtet, im Auftrag des Königs handelt und nicht mit dem Mann identisch ist, der seinen Bruder umgebracht hat, wer... wer hat dann Maximilian ermordet?«
    »Wer weiß? Vielleicht war es Selbstmord. Es könnte auch ein eifersüchtiger Ehemann, eine ehemalige Geliebte - ja sogar Claire gewesen sein.«
    Schnell wechselten sie das Thema, aber der Gedanke, daß der König dem eigenen Sohn einen Mörder nachgeschickt haben könnte, brannte sich Angeline ins Gehirn wie ein böses, rotglühendes Stück Kohle. Sie vermochte sich kaum vorzustellen, daß es wahr war, aber war nicht auch das erste Attentat in der Nähe des Palastes geschehen, nachdem Rolf vergeblich versucht hatte, zu seinem Vater vorgelassen zu werden?
    Was den gedungenen Mörder betraf, hätte nicht einer von seinen eigenen Leuten die beste Möglichkeit, Rolf in einem unbewachten Augenblick zu überrumpeln? Auch Loyalität, Kameradschaft und Treue konnten gebrochen werden, wenn Aussicht auf reiche Belohnung bestand. Rolf mußte das wissen. Wem konnte er trauen? Welche Hoffnung gab es für ihn, selbst wenn er den Mörder seines Bruders finden sollte? Einem Mann, der so wenig väterliche Liebe und Anstand besaß, daß er den eigenen Sohn ermorden lassen wollte, konnte man mit Vernunft nicht beikommen, und die Liebe, die Rolf all die Jahre zugunsten von Maximilian versagt worden war, war nicht mehr nachzuholen. Vielleicht war die lange Jagd umsonst, ein sinnloses und gefährliches Unterfangen.

16
    Am nächsten Tag brachen die Männer kurz nach Mittag auf. Rolf und McCullough ritten mit der Garde voraus, Andre blieb Schulter an Schulter mit Oswald und Oskar. Sie führten die Streitmacht der Räuber an, die hinterhertrabte. Die Männer riefen einander zu und pfiffen vor sich hin, als sie sich vom Lager entfernten. Sogar die Mitglieder von Rolfs Leibgarde sahen froh aus, daß sie wieder etwas zu tun bekamen, und unterhielten sich lebhaft. Nur Rolf hatte ein grimmiges Gesicht und herrisches Benehmen. Er starrte vor sich hin, ohne von der allgemeinen Kampfbegeisterung gepackt zu werden.
    Er hatte Angeline zum Abschied geküßt. Es war ein knappes, bestimmtes und eigentümlich wortkarges Lebewohl. Sie sah ihn an, während ihr die Brust eng wurde, so daß sie nichts sagen konnte und sich nur ihr

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