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Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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zurück. »Wenn Ihr Oskar wegen seines Wissens ermordet habt...«
    »Ihr seid auf Eure Weise ebenso schnell wie unser Prinz. Warum habt Ihr meinen Antrag nicht angenommen? Ich hätte dafür gesorgt, daß Ihr keinen Grund habt, es zu bedauern. Ihr hättet in Reichtum und Ehren leben können. Ich hätte mich nicht einmal für die Unannehmlichkeiten gerächt, die Ihr mir bereitet habt, als Ihr Rolf von dem Scheiterhaufen, den ich ihm errichtete, gerettet habt oder als Ihr die spanischen Feiglinge aus ihrem Graben aufscheuchtet. Nur Euer Kind, Rolfs Bankert, wäre bei der Geburt gestorben. Wie traurig, aber Ihr hättet andere bekommen.«
    »Ihr wißt es.« Ihr Gesicht war vor Entsetzen wie versteinert, und das Sprechen fiel ihr schwer.
    »Wie könnte es anders sein, wo ich ebenso scharf nach Indizien Ausschau hielt wie jede Hebamme; ich beobachtete sogar, wie Sarus Eure Wäsche wusch, und inspizierte jedes Stück, das Ihr zum Trocknen aufgehängt habt. Bis zur Ballnacht war ich mir nicht sicher. Aber man muß nicht Medizin studiert haben, um die vorübergehende Übelkeit zu erkennen, die manche Frauen morgens und andere bei bestimmten Gerüchen überkommt.«
    »Und jetzt?« fragte Angeline unwillkürlich.
    »Und jetzt hole ich mir von Euch, was Ihr mir verweigert habt. Ich kann Euch versichern, daß ich mich darauf schon lange freue. Ich habe es immer genossen, etwas zu besitzen, was meinen Brüdern gehörte, auch etwas, was sie schon abgelegt haben.«
    Die Bedächtigkeit seiner Worte, die kühle Befriedigung, die in ihnen lag, brachte Angelines Herz zum Rasen, so daß ihr ganz übel wurde. Ihre Angst wuchs. Meyer konnte sie nicht am Leben lassen, da er nicht wußte, was sie unternehmen würde.
    Um die Probe aufs Exempel zu machen, sagte sie: »Und wenn Rolf kommt und Ihr mit ihm fertig seid, werde ich... verschwinden.«
    »Das ist nicht die Lösung, die mir die liebste gewesen wäre, aber leider eine notwendige Maßnahme. Ich kann nicht riskieren, daß Ihr den Mund aufmacht. Ich brauche die Sympathie und Unterstützung der Garde, wenn ich in mein Land zurückkehre.«
    Angeline fragte: »Glaubt Ihr denn wirklich, sie werden Rolf hierherkommen lassen ohne seine Leibwache und ohne eine Waffe, um sich zu verteidigen?«
    »Wenn er es befiehlt, werden sie es tun, und er wird diesen Befehl geben.«
    »Und das alles meinetwegen?«
    Er neigte den Kopf. »Seht Ihr, in diesem Augenblick erhält er die Mitteilung, daß ich Euch unverletzt freilasse, ohne daß Ihr wißt, wer Euch gefangennahm, sobald er hinter Schloß und Riegel ist.«
    »Nein«, flüsterte sie, und ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen, als sie begriff, was seine Worte bedeuteten. »Nein! Nein!«
    Sie machte einen Satz zur Tür. Er packte sie am Unterarm und duckte sich, als sie nach ihm schlug. Mit einem kräftigen Schubs stieß er sie zu Boden, doch sie rappelte sich wieder auf und wich zurück.
    »Doch«, höhnte er und kam näher, »und ich werde dafür sorgen, daß er vor seinem Tod noch erfährt, daß sein Opfer umsonst war.«
    »Ihr unterschätzt ihn. Er wird Euch nicht arglos in die Falle gehen. Er wird doch noch gewinnen.«
    Meyer kam langsam auf sie zu. »Vielleicht. Aber Euch hilft es nicht mehr. Nichts kann Euch jetzt noch helfen.«
    Er drängte sie an einen der Bettpfosten. Neben Angeline stand das Tischchen mit dem Waschgeschirr aus Porzellan. Sie nahm den Krug und schleuderte ihn mit aller Kraft nach Meyer. Er duckte sich. Das Gefäß krachte zu Boden. Porzellansplitter, tote Fliegen und Spinnen flogen durch den Raum. Dann folgte die Schüssel. Meyer wich aus, aber das schwere Porzellangefäß traf ihn an der Schulter. Er stieß einen Schrei aus.
    Er stürzte sich auf Angeline und erwischte ihre Röcke. Er zog daran, daß sie das Gleichgewicht verlor und zu Boden ging. Als sie sich mit den Händen auffing, schnitt ihr eine Scherbe in den Finger. Obwohl ihr der Schmerz durch die Hand und den Arm fuhr, umklammerte sie sie fest. Meyer zerrte Angeline an sich, und sie fuhr ihm mit der Scherbe über das Gesicht.
    Ein klaffender Schnitt entstand auf seiner Wange. Meyer stieß knirschend einen Fluch aus und drehte Angeline den Arm um, daß sie die Scherbe fallen lassen mußte. Dann warf er sie aufs Bett.
    In einer Reflexbewegung zog sie die Knie an den Leib, und als er sich auf sie warf, traf sie ihn in der Leiste. Er unterdrückte einen Schrei. Sie rappelte sich vom Bett auf, stürzte zur Tür und drückte die Klinke hinunter. Die Tür ging auf, und

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