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Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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spürte durch das Hemd die Wärme seiner Haut. »Ihr könnt das nicht tun... nicht jetzt!«
    »Ich sollte es nicht, das weiß ich, aber wenn ich Euch so sehe, so natürlich und en garde, bin ich geneigt, den moralischen Standpunkt außer acht zu lassen.«
    »Und... und meine armselige Verteidigungsstellung zu überrennen?«
    »Nein, sondern Euch zu salutieren.«
    Er nahm sie bei der Hand, und die blauen Augen glänzten vor Spott, während sie suchend über das zarte ovale Gesicht und die vollen geöffneten Lippen glitten. Er sah ihr tief in die graugrünen Augen und senkte seinen Mund auf ihren.

5
    Nach dem, was örtlich üblich war, dinierten sie spät. Die Kerzenflammen in dem schwarzen, tief über dem Tisch hängenden Eisenkronleuchter flackerten in der Zugluft, die durch den Saal wehte, und warfen tanzende Schatten gegen die Decke, während in den Ecken höhlenhaftes Dunkel herrschte. Das Feuer im offenen Kamin sah aus wie eine brennende Blockhütte von einiger Größe. Die Flammen leckten und überzogen die Gesichter der Männer um den Tisch orange, rot und blau. Sie unterstrichen die nervöse Spannung im Raum.
    Rolf führte rotgolden und gereizt den Vorsitz, neben ihm stand eine Cognackaraffe. Rechts von ihm saß Angeline in bauschigem Kasack, Musselinrock und steifer Würde. Sie war den Männern an der Tafel formell vorgestellt worden: Leopold, der dunkelhaarig und trotzig links von Rolf saß; dem langen, ruhigen Mann neben ihm, den sie Meyer nannten; Oswald, der wie sein Zwillingsbruder hellbraunes Haar, Haselaugen und einen sinnlichen Mund hatte. Ihm gegenüber saß Gustav. Angeline hatte ihm ein Lächeln zugeworfen, als sie sich gesetzt hatte. Er hatte ihr niedergeschlagen zugenickt, doch in seinem unbedeckten Auge lag ein Zwinkern. Zwischen Gustav und Angeline saß der andere Zwillingsbruder, Oskar, der ruhiger und ein schärferer Beobachter war als sein Bruder.
    Der Festschmaus bestand aus Schildkrötensuppe und zwei Fischgerichten, einer gebratenen Lende in Weinsoße und Geflügelpastete. Die Gläser waren wieder und wieder mit Malaga und Bordeaux gefüllt worden, und jetzt machten Cognac, kandierte und in Likör eingelegte Früchte, Käse, Nüsse und eine Schüssel mit kleinen braunen Äpfeln die Runde.
    Es war bei den französischen Damen in Louisiana zwar nicht üblich, sich zurückzuziehen, wenn der Cognac aufgetragen wurde, aber Angeline hatte gehört, daß es in einigen europäischen Ländern Brauch sei. Sie versuchte daher, sich zu empfehlen, aber Rolf ließ es nicht zu. Also blieb sie sitzen, spielte mit ihrem Weinglas und knabberte Rosinen, während die Stimmen der Männer um sie herum lauter und die Bewegungen ausgelassener wurden, was sie für ein Resultat von Anspannung und Müdigkeit hielt. Ihre nervöse Unruhe ließ alle oft nach den Cognacschwenkern greifen, und mit der Zeit wurde die häufig unterbrochene Geschichte über das Wettrennen eines Kamels mit einer Milchkuh so verworren, daß zu bezweifeln war, ob Leopold, der Erzähler, die Pointe noch wußte.
    Oswald ließ sich zurückfallen, wippte mit dem Stuhl und stützte sich dabei an der Tischkante ab. »Apropos Kühe. Heute nachmittag fühlte ich mich an eine Herde erinnert, die hinter der Leitkuh her nach Hause trabt. Eine Nonne führte eine Schar halbwüchsiger Gänschen aus. Sie hatten weiße Kleidchen mit Schürzen an und Zöpfe auf dem Rücken. Und als sie an mir vorbeikamen, läutete die Nonne bei jedem Schritt mit einer silbernen Glocke.«
    »Bestimmt ein erbaulicher Anblick. Halbwüchsige Mädchen, sagst du? Ich kann verstehen, daß so etwas deine Aufmerksamkeit erregt hat.« Diese Spitze kam von seinem Bruder. Oskar, der ruhigere von beiden, schenkte der Unterhaltung sonst wenig Aufmerksamkeit. Er hatte eine Gitarre mit merkwürdiger romanischer Verzierung mitgebracht, die er jetzt stimmte.
    Oswald stieß einen gekünstelten Seufzer aus. »Es war niederschmetternd. Eine ganze Schar heiratsfähiger junger Mädchen, und so scharf bewacht!«
    Gustav raspelte sich die Kehle frei wie mit einem Sägeblatt und deutete mit einem Nicken in Angelines Richtung. Oswald runzelte wie ertappt die Stirn und schwieg. Sein heller Teint war blutübergossen.
    Rolf hörte auf, ins Cognacglas zu starren. »Hier in der Nähe gibt es ein Kloster?«
    »An und für sich nicht. Es gibt eine kleine Klosterschule, die von drei Barmherzigen Schwestern geführt wird.«
    »Du hast hoffentlich das Naheliegendste nicht übersehen?«
    Die Worte klangen

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