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Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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er ebenfalls ermordet worden.
    Angeline sah ihrem Gegenüber aufmerksam in das narbenzerfurchte Gesicht. »Ihr vermutet da einen Zusammenhang?«
    »Zunächst deutete nichts darauf hin. Doch beim nächsten Anschlag - Rolf suchte die ehemalige Wohnung von Mademoiselle de Buys auf, und aus einer dunklen Gasse wurde mit dem Messer nach ihm geworfen - lag diese Möglichkeit nahe. Als schließlich im Hafen von Le Havre eine Kette riß und Rolf beinahe von einer Kiste erschlagen wurde, mußten wir den Tatsachen ins Auge sehen.«
    »Nach Maximilians Tod und der schweren Erkrankung seines Vaters war Rolf doch über Nacht zum Thronerben avanciert.«
    »Richtig, meine Liebe.«
    »Und wer wäre der nächste Anwärter, wenn Rolf stirbt?«
    »Diese Frage drängt sich auf, nicht wahr? Die Antwort heißt: Leopold, sein Cousin, Sohn der Schwester seines Vaters.«
    »Der Dunkelhaarige, der ihn ständig begleitet?«
    »Derselbe.« Gustav hob die schweren Schultern. »Und doch war es Leopold, der die garde du corps zusammentrommelte, als er von den Attacken auf Rolf erfuhr. Er hat für uns alle gesprochen, als er Rolf beschwor, uns nicht das Recht zu verweigern, ihn zu begleiten und unserem Namen Ehre zu machen.«
    Die garde du corps, Rolfs Leibwache. »War es vielleicht ein Trick, um den Verdacht von sich abzulenken und sich Gelegenheit zu einem weiteren Attentat zu verschaffen?«
    »Es ist alles möglich. Der Vorfall in Le Havre passierte, während wir auf unsere Passage warteten, und das deutete darauf hin.« Gustav schwieg vorsichtig. »Und dann gab es Schwierigkeiten in New Orleans.«
    »Noch ein Anschlag?«
    »Das ist schwer zu entscheiden. Einer der Hengste, die wir gekauft haben, hätte Rolf beinahe zertrampelt, und dabei wirkte das Tier, als es vom Händler kam, zwar nervös, aber gutherzig. Wenn Rolf nicht außerordentlich flink gewesen wäre, würde er nicht mehr leben. Kurz darauf starb der Gaul. Vielleicht hatte man ihm giftiges
    Kraut zu fressen gegeben, damit er beim Verkauf feuriger wirkte, aber der Händler schwor Stein und Bein, daß es nicht so sei. Eigentümlich, daß es nur mit Rolfs Pferd passierte und mit keinem der anderen.«
    Angeline saß stirnrunzelnd da und konnte ihm nur recht geben. Angesichts dieser Bedrohung, unter der der Prinz stand, mußte sie ihre Auffassung neu überdenken. Unter diesen Umständen war es unwahrscheinlich, daß er hinter dem Tod seines Bruders steckte. Dieser Verdacht - das mußte sie sich eingestehen - war ihr, seit sie ihn gestern abend beim Tanzen geäußert hatte, ohnehin immer abwegiger vorgekommen. Bis jetzt hatte zwar keiner der Anschläge auf Rolf Erfolg gehabt, aber daß er sie nur vorgetäuscht hatte, um den Verdacht von sich abzulenken, war kaum anzunehmen.
    »Der Wunsch des Prinzen, meine Kusine über Maximilians Tod zu befragen, wird mir allmählich begreiflich, aber hätte man das nicht jemand anderem überlassen können?«
    »Ihr meint, einem Justizbeamten? Er hätte außerhalb Rutheniens keinerlei Machtbefugnis. Außerdem hätte solch ein Mann nie derartige Strapazen auf sich genommen, um die Reise zu beschleunigen, und hätte, nachdem Mademoiselle de Buys gefunden war, nicht mit demselben Eifer versucht, etwas über Maximilians Tod herauszubekommen. Die Tatsache, daß der Name seines Bruders mit Selbstmord in Verbindung gebracht wird, empfindet Rolf als eine Besudelung seiner Ehre. Der Gedanke ist ihm ebenso zuwider, als würde Maximilian ein Mord vorgeworfen. Und da ist noch etwas. Ich kann es nur vermuten, aber manchmal habe ich den Eindruck, daß er Ruthenien verlassen hat, um die Verfolgung auf sich zu ziehen und damit von seinem Vater abzulenken.«
    »Um sie auf sich zu ziehen - oder den Verfolger mitzunehmen?«
    »Ihr sagt es, Mademoiselle.«
    Ihre grünen Augen waren dunkel vor Bestürzung. »Aber sich mit einem Mörder zu messen, auf das Glück und die eigene Geschicklichkeit zu bauen, um dessen Pläne zu vereiteln, ohne zu wissen, wann er wieder zuschlägt - was für ein entsetzliches Risiko!«
    »Ihr fangt an, den Prinzen zu verstehen.« Gustav verzog das Gesicht zu einem grimmigen Lächeln und knallte den Humpen so kraftvoll auf den gewaltigen Tisch, daß der leise zitterte.
    Sie wechselten das Thema und setzten sich auf ein Sofa am Kamin, während die frühe Winterdämmerung hereinbrach. Der Duft der Abendmahlzeit, die in der Freiluftküche vor dem Haus zubereitet wurde, drang zu ihnen, und Sarus lief hin und her, um den schwarzen Koch zu beaufsichtigen,

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