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Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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den ihnen ihr Gastgeber zur Verfügung gestellt hatte. Angeline sah sich um. In der Täfelung über dem Kamin waren die Szenen von Herren bei der Jagd geschnitzt, und über dem Schiefersims befanden sich Kacheln, die mit Hirschen, Ebern, Hasen und Eichhörnchen bemalt waren.
    Gustav war unruhig. Manchmal sah er zu Angeline hinüber, als fühle er sich immer unbehaglicher und bedaure den Impuls, der ihn dazu gebracht hatte, ihr so viel zu erzählen.
    Um die Zeit, in der es draußen noch nicht dunkel genug war, um Kerzen anzünden zu lassen, aber auch nicht mehr hell genug, um noch gut sehen zu können, kehrten Rolf und die anderen zurück. Der Prinz blieb auf der Schwelle stehen. Seinem durchdringenden Blick entging nichts.
    »Was haben wir denn hier? Ein trautes Beisammensein zur Abendstund’? Mohnrot ist die Farbe der Schuld, Gustav, und der löch’rigen Karnickelwiese, die du dein Gesicht nennst. Wenn ich gewußt hätte, daß sie so auf dich wirkt, hätte ich Oswald und Oskar hiergelassen.«
    »Ihr habt mir keine Order hinsichtlich einer Unterhaltung mit ihr gegeben«, betonte Gustav.
    »Und das war ein Fehler«, kam ein scharfer Tadel. »Ich habe mich eben auf deine Diskretion verlassen.«
    Die anderen Männer drängten sich hinter Rolf. Ihre Gesichter waren von der Anstrengung gezeichnet, dennoch sprachen Neugier und Heiterkeit aus ihnen. Besonders einer, der breitschultrige Mann mit dem sandgelben Haar, den grauen Augen und der kleinen Narbe am Mund, warf Angeline einen spöttischen, aber auch mitfühlenden Blick zu.
    Angeline stand auf. »Euer Hoheit, ich fürchte, es war mein Fehler.«
    »Ich weiß.« Obwohl sein Blick sie nur flüchtig streifte, übermittelte er eine Rüge wegen ihrer Einmischung in die Auseinandersetzung mit seinem Gefolgsmann.
    »Das ist nicht wahr«, protestierte Gustav, und sein einziges Auge blitzte fahlblau auf. »Sie hat nur meinem Geschwätz zugehört.«
    »Gustav als Ritter der bleichen Blume? Wenn es dein Anliegen war, ihre Angst zu beschwichtigen, indem du die Zähne des Ungeheuers schleifst, dann hast du damit unserer Sache einen schlechten Dienst erwiesen.« Er schritt zur Treppe und winkte Angeline, vor ihm hinaufzugehen.
    Im Schlafzimmer streifte er die Uniformjacke ab, warf sie aufs Bett und trat an die Waschkommode. Er goß Wasser aus dem Porzellankrug in die Schüssel und wusch sich Gesicht und Hände, um den Staub des weiten, scharfen Rittes zu entfernen. Er nahm das kleine Leinenhandtuch vom Halter und wandte sich dann ihr zu, wobei sich seine Augen zu Schlitzen verengten.
    »Mußtet Ihr Gustav um jeden Preis den Kopf verdrehen?«
    »Eine eigentümliche Frage«, antwortete sie, schritt ans Fenster und sah den Männern im Hof beim Striegeln der Pferde zu. »Ich kann darauf nicht mit einem Ja antworten, weil es nicht wahr ist, aber wenn ich nein sage, gebe ich zu, ihm den Kopf verdreht zu haben.«
    »Soll ich das so verstehen, daß Ihr es abstreitet?«
    »Wie Ihr wünscht.«
    »Ich wünsche«, erwiderte er, legte das Handtuch weg und trat gleichfalls ans Fenster, »daß Ihr mir sagt, warum Ihr Eure Nase in meine Angelegenheit steckt.«
    In seiner Nähe fühlte sie sich unbehaglich. Sie sah ihn von der Seite an. Er roch nach Mann, aber auch deutlich nach Pferden. »Bestimmt könnt sogar Ihr einsehen, daß es für mich von Vorteil ist, soviel wie möglich über den Mann herauszufinden, der mich gefangen hält.«
    »Es gibt eine einfache Lösung dafür - fragt mich.«
    Sie hob eine Augenbraue. »Ihr würdet mir sicher auf Eure sonderbare Weise antworten, aber warum sollte ich Euch glauben?«
    »Da muß ich Euch auf Eure Intelligenz verweisen. Jeder Mensch hat sein Lebtag seine eigene Leuchte zu sein. Diese Bürde zurückzuweisen wäre ebenso feige wie absurd.«
    »Wie ich sehe, habt Ihr für Vertrauen keine Verwendung. Und selbst mein kleines Lichtlein hat Euer Mißfallen erregt.«
    »Das ist mein Privileg.«
    Sie sah ihn lange und forschend an, dann verzog sie die Lippen zu einem Lächeln. »Aus Eurer Unvernunft, Königliche Hoheit, könnte man schließen, daß Euer Tag nicht sehr ergiebig verlief.«
    Er ignorierte die Bemerkung und sagte: »Das ist schon das zweite Mal, daß Ihr mich in dieser Weise betitelt. Ich sehe, Ihr braucht eine feste Hand. Von jetzt ab werde ich jede derartige Äußerung als Einladung betrachten.« Was er damit sagen wollte, wurde schnell deutlich, als er mit flinken Fingern nach ihrer Schärpe griff und sie öffnete.
    Sie fiel ihm in den Arm und

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