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Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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Gegend sei, solle sie nie allein vor die Tür gehen. Das sei überhaupt eine gute Idee, denn wenn Claire wie eine Gefangene im Haus ihrer Mutter leben müsse, brauche sie Gesellschaft.
    Angeline folgte ihrer Tante ins Haus, nickte dem Butler einen
    Gruß zu und lächelte bei dem Gedanken grimmig in sich hinein, dieser Mann solle sie vor Eindringlingen schützen: ein alter Mann mit weißen Schläfen, der arthritisch schlurfte und mit vorgehaltener Hand ein Gähnen unterdrückte. Er konnte sie höchstens noch Besuchern gegenüber verleugnen.
    Als Angeline die Tür zu ihrem Zimmer öffnete, warf Claire eine Handarbeit beiseite und erhob sich aus dem Ohrensessel vor dem Kamin. »Nun«, sagte sie nicht ohne Schärfe, »das wird aber auch Zeit. Ich habe schon gedacht, daß du die ganze Nacht durchtanzen willst.«
    Angeline zog die Tür ins Schloß und fragte: »Was machst du denn hier? Ich dachte, du wolltest in Tante Berthes Zimmer bleiben, damit ihre Zofe dir Gesellschaft leisten kann?«
    »Mit Maria kann man sich nicht unterhalten, und so schön der Toile de Jouy mit den Bacchanalien auch ist, sein Anblick hat mich ebenfalls gelangweilt, kurz, ich war ennuyiert.«
    »Schon nach zwei Tagen?«
    »Ich bin an ein klein bißchen mehr Abwechslung gewöhnt.« Claire streckte sich. Sie war eine geschmeidige, sinnliche Frau und trug ein Kleid aus smaragdgrünem Satin.
    »Sieh mal an. Wenn du mit deinem Prinzen die Art Abwechslung genossen hast, die ich heute abend erleben mußte, kann sie mir gestohlen bleiben.«
    Mit einem Ruck richtete Claire sich auf. »Was soll das heißen? Nicht etwa Rolf? Es ist doch völlig unmöglich, daß er schon hier ist!«
    »Ach nein?« fragte Angeline pikiert. Sie zog ihren grauen Kapuzenmantel aus und warf ihn aufs Bett.
    »Mon Dieu, wenn ich mir vorstelle, wie dicht er mir die ganze Zeit auf den Fersen war!« Claire schüttelte sich. »Ich hätte mir denken können, daß er so ist, wenn er sich in eine Sache verbeißt. Aber wer hätte schon annehmen können, daß er sich solche Mühe gibt? Die Bruderliebe zwischen ihm und Max schien mir nicht allzu groß, und dann fallen ihm jetzt natürlich die Pflichten des Kronprinzen zu.«
    »Ganz egal, warum, er ist da. Und du hast mein volles Mitgefühl.«
    »Wieso Mitgefühl?« »Er hat mich mit dir verwechselt.«
    Claire schwieg eine ganze Weile, dann lachte sie hell auf.
    »Es war alles andere als komisch.«
    »Entschuldige bitte«, sagte Claire, »ist er unangenehm geworden? Du sagst nichts. Natürlich ist er unangenehm geworden, und als er seinen Irrtum einsehen mußte, besserte sich seine Stimmung auch nicht mehr.«
    Angeline funkelte sie an. »Ja, wenn er ihn eingesehen hätte! Aber er war gar nicht angetan von meinen Versuchen, ihn zu berichtigen.«
    Im selben Augenblick wurde die Tür aufgerissen, und Madame de Buys fegte herein. Hinter ihr trat Maria ins Zimmer, eine schlanke, schwarzgekleidete Französin von unbestimmbarem Alter und königlicher Haltung.
    »Hier bist du also, chere «, rief Madame aus. Ihre eisige Miene löste sich zu einem Lächeln, als sie sich an ihre Tochter wandte. »Ich habe schon einen Schrecken bekommen, als du nicht da warst. Hat dir Angeline erzählt, was vorhin passiert ist?«
    »Ist das nicht zum Lachen?« fragte Claire.
    »Ja, das finde ich auch, allerdings ist mir eigentlich nie etwas von dieser angeblichen Ähnlichkeit aufgefallen.«
    »Die Frage ist, ob wir sie zu unserem Vorteil nützen können.«
    Madame de Buys war nicht begriffsstutzig. »Aber wie? Ich wüßte nicht, wie dir das helfen sollte.«
    »Mir fällt im Moment auch nichts ein. Er würde den Schwindel vermutlich durchschauen, sobald er sich länger mit ihr unterhält.«
    Angeline folgte dem Gespräch mit wachsender Bestürzung und unterbrach sie entschlossen: »Wenn ihr glaubt, daß ich mich dem Prinzen gegenüber für Claire ausgebe, irrt ihr euch! Eine solche Maskerade brächte uns nicht den geringsten Vorteil.«
    »Ich müßte mich ihm und seinem Grimm nicht stellen«, erklärte Claire.
    »Aber ich. Vielen Dank!«
    »Du könntest dich doch viel besser als ich darauf berufen, über die Ereignisse in Ruthenien überhaupt nichts zu wissen, liebe Angeline. Dir ist es noch immer gelungen, die Contenance zu wahren.«
    Angeline gab auf dieses zweifelhafte Kompliment einen Hieb zurück. »Allerdings. Nichts leichter als das. Ich weiß ja wirklich nichts, da man mir nichts erzählt hat.«
    »Was möchtest du denn wissen?«
    »Vieles«, antwortete Angeline,

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