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Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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Mutter gewesen war. Mit der Zeit war Claires Teint lebhafter und ihr Auftreten forscher geworden. Manche sagten, daß Angeline aussehe wie Claires Spiegelbild in einem dämmrigen Raum, denn sie war dunkler, mit herbstlichen Schatten auf ihrem Haar und moosgrünen Augen mit dunklen Lidern. In den Jahren von Claires Abwesenheit hatte man sie nicht ständig miteinander vergleichen können, und Angeline war davon ausgegangen, daß sie sich noch weiter auseinanderentwickelt hätten. Und als sie Claire sah, fand sie sich in dieser Meinung bestätigt.
    Der Prinz umklammerte ihre Hand jetzt fester, so daß ihr die Handschuhnähte in die Finger kniffen. »Geduld ist nicht meine Stärke. Wie Ihr Euch hier nennt, ist mir gleich. Ich bin lediglich an Informationen über den Tod meines Bruders interessiert, und bei der moosbewachsenen Gruft meiner Ahnen schwöre ich Euch, Ihr werdet mir dieses Wissen nicht vorenthalten.«
    Die leise Eindringlichkeit seiner Stimme, die merkwürdige Wortwahl, der eigenartige Tonfall - das alles machte sie nervös. Auf einmal bedauerte sie Claire; außerdem wurde sie langsam wütend, weil er ihr nicht zuhörte und schon gar nicht ihren Worten Glauben schenkte. »Es tut mir leid, daß Euer Bruder tot ist, aber was hat das mit mir zu tun?«
    Seine Antwort ließ auf sich warten. Seine Züge verhärteten sich, und die Augen brannten in hellerem Glanz. Er umschloß Angelines Taille fester und zog sie eng an sich, viel enger, als schicklich war. Seine heiß prickelnden Lippen berührten fast ihre Schläfe, als er flüsterte: »Wißt Ihr überhaupt, in welcher Gefahr Ihr seid? Ich bin nicht wie Maximilian, ganz Steifheit, Dekorum und vollendete Höflichkeit. Ich gehe meine eigenen Wege, und mancher behauptet, sie führten geradewegs in die Verdammnis. Ihr könnt sicher sein, daß ich Euch mit mir schleife, und zwar nackt und in Schande, wenn das meinen Zwecken dient.«
    Angeline schnappte nach Luft und versuchte, sich loszureißen, aber er hielt sie mit stählernem Griff. Sie streifte sein Gesicht mit einem kurzen Blick. Er lächelte auf sie nieder. Auf einmal kam ihr ein Brief in den Sinn, den Claire vor Monaten geschrieben hatte. Voller Erwartung, daß Maximilian sie heiraten werde, hatte sie Interesse für seine Familie und sein Land entwickelt und sich mit seinen Sorgen beschäftigt. Damals hatte ihn das skandalöse Verhalten seines Bruders beunruhigt, der sich Maitressen von gemeinem Stand nahm, häufig auf Duelle einließ, mit Dieben und fahrendem Volk verkehrte und nur selten völlig nüchtern war. Er trieb sich dabei in ganz Europa herum, was seinen Vater in Rage brachte. Rolf, der offenbar nur seinem Vergnügen und dem Taumel des Augenblicks lebte, wurde als Schandfleck für Familie und Land empfunden. Er hatte jedoch kraft seiner Persönlichkeit, seiner Ablehnung eines Lebens in Luxus und Sicherheit und seiner Kühnheit die Loyalität seiner Begleiter und die Liebe des Volkes erworben. Wo immer er sich blicken ließ, wurde ihm zugejubelt. Nach einem Emblem in seinem Wappen - es stammte nach Claires Schilderung von seinem russischen Großvater - hieß er »der goldene Wolf«. Nach allem, was sie über ihn erfahren hatte, sah Claire wenig Anlaß, diesem Familienmitglied freudig zu begegnen. Doch das Empörendste war, daß Prinz Rolf an Popularität nicht nur Maximilian, sondern sogar den regierenden Monarchen bei weitem übertraf.
    Um Angeline herum füllte sich die Tanzfläche. Die Herren der prinzlichen Garde hatten die Mütter einiger junger Damen überredet, sie mit ihren Töchtern tanzen zu lassen. Angeline wurde von weißen Uniformen umringt. Sie bildeten eine Wand gegen die anderen Gäste, so daß niemand das unglaubliche Benehmen Seiner Hoheit beobachten konnte. Sie warf ihrer Tante einen gequälten Blick zu. Madame de Buys hatte die Stirn gerunzelt und die Lippen zu einem Strich verkniffen; aus den kleinen schwarzen Augen sprach äußerste Mißbilligung. Doch schon im nächsten Moment wurde Angeline von einem lachenden, dunkelhaarigen jungen Mann die Sicht versperrt.
    Sie holte tief Luft. In ihren graugrünen Augen funkelte ein kupfernes Feuer. »Ich habe Euch doch bereits gesagt, daß ich nichts weiß. Wenn Ihr mir nicht glaubt, gibt Euch das noch lange nicht das Recht, mich mit vulgären Drohungen zu beleidigen.«
    »Das war keine Drohung, sondern ein Versprechen.«
    »Und Ihr werdet es wohl kaum halten können. Wir sind hier in Gesellschaft in einem fremden Haus.«
    »Darauf würde ich

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