Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
Vom Netzwerk:
spöttisch.
    »Findest du das so außergewöhnlich? Dir ist es bestimmt nicht anders ergangen, als du Maximilian in Paris kennengelernt hast.«
    Doch die andere ging darauf nicht ein. Vor ihnen lag ein heller Fleck, dort führte der Weg aus dem Wald und kreuzte die Straße. Linker Hand machte die Chaussee eine scharfe Kurve, hinter der sich die ersten Häuser des verträumten Städtchens St. Martinville befanden. Das Internat lag ein kleines Stück stadtauswärts. Man konnte über die Straße hingelangen, da aber der enge Fuhrweg den Kurven und Windungen eines Nebenarms des Teche folgte, war die Strecke mehr als doppelt so weit.
    Rechter Hand schlängelte sich die Chaussee an dem Bayou entlang durch den Urwald zu den Anwesen einiger Pflanzer, die am Ufer wohnten. Etwa sieben, acht Meilen weiter lagen die Ländereien von Monsieur de la Chaise, dem Gastgeber des Prinzen, und die Delacroix’sche Plantage, wo die Soiree stattgefunden hatte.
    Wieder drehte sich Angeline um. Sie wollte Claire nicht beunruhigen, konnte aber das Gefühl nicht loswerden, daß etwas oder jemand hinter ihnen war. Sie packte die Kusine am Arm. »Schnell! Laß uns rennen!«
    Sie stiegen die niedrige Böschung zur Landstraße hinunter, wobei sie an ihren Röcken zerrten, wenn sich diese im dornigen Beerengestrüpp verfingen, und auf trockene Grasbüschel traten. Angeline nahm Claire an der Hand, sie hielten sich links und liefen den ausgefahrenen Fuhrweg entlang. Ihre Schritte auf dem weichen Boden klangen laut in der mondbeschienenen Stille, und ihr Atem ging keuchend. Die Angst saß ihnen im Nacken.
    Sie bogen um eine scharfe Kurve, und vor ihnen lag eine weitere Biegung.
    »Angeline, warum...?« keuchte Claire.
    Diese wurde langsamer und flüsterte: »Jetzt noch nicht.«
    Nach ein paar Schritten drehte sie sich um. Auf der kurvigen Chaussee war nichts zu sehen. Angeline tauchte wieder in den Wald ein und schlich sich so leise wie möglich unter den Bäumen hindurch, Claire hielt sich dicht hinter ihr. Die Mädchen blieben stehen.
    Stille breitete sich aus. Um sie her strömte aromatischer Myrtenduft. Der Wind rauschte zu ihren Köpfen in den Bäumen. Zwei Äste rieben sich klagend und ächzend aneinander.
    Und dann sahen sie durch die Zweige den dunkelhaarigen jungen Mann der prinzlichen Garde. Leicht und federnd ging er die Straße entlang, seine Uniform strahlte im Glanz polierter Goldknöpfe. Es bestand kein Zweifel, daß er als Posten aufgestellt war, um nach Claire Ausschau zu halten. Entweder paßte er gerade nicht auf, oder er hatte keinen Befehl, sein Opfer einzufangen, wofür sie dankbar waren. Er hätte sie sonst jederzeit einholen können.
    Claire schrak zusammen und wäre aus der Deckung gelaufen, wenn Angeline sie nicht zurückgehalten hätte. Die Kälte und die Feuchtigkeit drangen in ihre Mäntel, als sie den Mann um die übernächste Biegung spazieren sahen, wo sich die Straße in der Ferne verlor. Dort blieb er, die Hände in die Hüften gestemmt, eine ganze Weile stehen, dann drehte er sich um und kam zurück. Als er an ih-rem Versteck vorbeiging, stand in seinem schmalen Gesicht grimmige Entschlossenheit. Die Minuten verstrichen. Angeline wischte sich einige Spinnenfäden von der Wange. Eine Eule auf Jagd flog mit langsamem Flügelschlag vorbei. Schließlich setzte sich Angeline wieder in Bewegung und führte Claire den Pfad entlang durch den Wald zum Hintereingang des Internats.
    Das Gebäude, in dem sich die Klosterschule befand, war alt und von einem Pfahlzaun eingefriedet. Die Wohnung der Mutter Oberin lag auf der Rückseite. Sie war passionierte Gärtnerin und als Kräuterheilkundige in der ganzen Gegend bekannt. Um den Klostergarten bequemer erreichen zu können, hatte sie eine Tür in die rückwärtige Wand brechen lassen. Dieser Hintereingang leistete denen gute Dienste, die zu Mutter Theresa gelangen wollten, ohne an der Pförtnerin Vorbeigehen zu müssen.
    Es war ziemlich spät, beinahe drei Uhr morgens, doch Angeline zögerte nicht, die Oberin herauszuklopfen. Es war bekannt, daß die Nonne selten länger als vier Stunden schlief und die übrige Zeit mit ihrer weitläufigen Korrespondenz verbrachte oder auf dem Betschemel kniete.
    Mutter Theresas Mädchen, eine freie Schwarze, die einen hellen Turban und eine Schürze trug, öffnete ihnen. Angeline schob Claire vor sich her und trat ein.
    Als Frau von scharfem Intellekt durchschaute Mutter Theresa die Situation sofort. Sie sagte zu Claire: »Du mußt gleich bei

Weitere Kostenlose Bücher