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Stromschnellen: Roman (German Edition)

Stromschnellen: Roman (German Edition)

Titel: Stromschnellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bonnie Jo Campbell
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Margo war überrascht, dass man sie beobachtet hatte.
    »Hat dir der Mistkerl das Herz gebrochen?«
    »Ich bin froh, dass er weg ist. Ich brauche keinen Mann.«
    »Na, was glaubst du, was ich bin?«
    »Sir, Ihr Boot ist für mich die einzige Möglichkeit, am Fluss zu leben.« Während Margo mit dem alten Mann sprach, spürte sie irgendwie, dass etwas in ihrem Bauch war, und sie hatte Angst, dass er es merken könnte.
    »Geh jetzt«, sagte er. Ein Hustenanfall packte ihn, und als er sich wieder aufrichtete, sah sie Blut in seinen Mundwinkeln. Er scheuchte sie mit einer Handbewegung fort.
    »Kann ich noch ein bisschen bleiben und Ihren Hund streicheln?«
    Er schüttelte den Kopf. »Komm morgen früh wieder.«
    Margo verbrachte die Nacht in ihrem Schlafsack am Lagerfeuer. Die Campingmatte und den Schlafsack des Indianers hatte sie als Polster unter sich gelegt und die Zeltplane zum Schutz gegen den starken Tau über sich gebreitet. Im Traum teilte sie das Lager mit dem Indianer und fuhr mehrmals aus dem Schlaf hoch, weil ihr war, als würde ihr Körper aus tosendem Wasser an Land geschleudert.
    Morgens ging sie flussaufwärts, und als sie das weiße Haus erreichte, hörte sie Geräusche, die sie an Krähen erinnerten. Die Geräusche wurden zu Stimmen, und sie bemerkte zwei Autos in der Auffahrt, die sonst immer leer gewesen war. Die Straße ein kleines Stück weiter unten stand ein zweifarbiger Chevrolet Pick-up, den sie schon ein paarmal gesehen hatte. Margo schlich näher heran. Zwei Frauen waren beim alten Mann auf der Terrasse, offenbar seine Nichten. Beide waren etwa so groß wie Margo. Eine hatte langes, dunkles Haar, das glatter als Margos war; die andere hatte kürzeres, helleres Haar und wirkte etwas jünger, aber ansonsten sahen sie sich ähnlich.
    »Du sollst das Sauerstoffgerät ständig benutzen, aber wenn wir herkommen, hast du es nie angeschlossen«, klagte die Dunkelhaarige.
    »Ich benutze es, wenn ich es brauche, Shelley. Überlass das ruhig mir.«
    »Es wird langsam kalt, Onkel Smoke, und der Arzt hat gesagt, in der Kälte könnten deine Lungen verkrampfen. Komm, wir bringen dich ins Haus.«
    Der alte Mann trug keine Jacke über seinem Arbeitshemd. Margo wünschte, eine von den Frauen würde ihm eine holen. Vielleicht hofften sie aber, dass ihn die Kälte ins Haus trieb.
    »Du und deine Schwester, was wisst ihr denn schon?«
    »Onkel Smoke, wir lieben dich, und wir haben Mom versprochen, uns um dich zu kümmern«, beteuerte die blonde Nichte. Sie ging neben dem Rollstuhl in die Knie, um ihrem Onkel ins Gesicht zu sehen, aber er wandte sich ab. »Hier kannst du nicht bleiben. Du wiegst nicht mal mehr halb so viel wie früher.«
    »Ich mische mich doch auch nicht in euer gottverdammtes Leben ein.« Es war schwer zu sagen, in welche Richtung er hinter der dunklen Brille schaute, aber Margo hatte den Eindruck, dass etwas an der Garage seine Aufmerksamkeit erregte.
    »Es geht dir doch nur ums Rauchen, stimmt’s?«, fragte Shelley. »Du willst hier nicht weg, weil sie dir das Rauchen verbieten würden. Du denkst, du kannst nicht mit dem Rauchen aufhören, aber du kannst, wenn du willst. Es gibt Methoden, die einem beim Aufhören helfen.«
    »Die Nazis hatten auch so ihre Methoden. Ich will einfach nur hierbleiben.«
    Die blonde Nichte sagte: »Wenn ich auf dieser Welt auf etwas gut verzichten kann, dann auf Zigaretten. Sie sind so schädlich.«
    Der Mann legte die Hände auf die Räder des Rollstuhls und schob sich ein Stück fort. Die Blondine stand auf. Der Hund saß lächelnd neben dem Alten auf der Terrasse, er schien sich über die Gesellschaft der Frauen zu freuen.
    »Trinkst du zum Frühstück wenigstens deinen Eiweißshake, damit wir wissen, dass du genug Vitamine und Proteine zu dir nimmst?«, fragte Shelley.
    »Hast du das Scheißzeug mal probiert? Und hast du mal den übrigen Fraß probiert, den sie eurer Mutter im Old Saints vorgesetzt haben? Putenschinken, Margarine, Diabetikerkekse, Nescafé? Und einen Schlauch lass ich mir auf keinen Fall legen.« Ihm ging die Luft aus. »Ich hab bei meinem Arzt was unterschrieben, wo das festgelegt ist. Er hat eine Kopie davon an beide Krankenhäuser geschickt.«
    »Ich trinke oft diese Frühstücksdrinks, Onkel Smoke. Mir schmecken sie«, meinte Shelley.
    »Du kannst das verdammte Zeug gern haben.«
    »Warum lässt du uns nicht mit deinem Arzt reden?«, fragte sie. »Du musst uns nur seinen Namen sagen.«
    »Nein.«
    »Ich könnte heulen! Ich mache mir

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