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Stromschnellen: Roman (German Edition)

Stromschnellen: Roman (German Edition)

Titel: Stromschnellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bonnie Jo Campbell
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Stadt fünfunddreißig Meilen flussaufwärts, gleich hinter Brian Ledoux’ Hütte. In der Stadt gab es jede Menge Ferienhütten, Restaurants und Bars, außerdem konnte man dort Jagd- und Anglerbedarf kaufen. Als sie mit ihrem Großvater einmal mit dem Motorboot hin- und zurückgefahren war, waren sie den ganzen Tag unterwegs gewesen.
    Erneut durchforstete sie den Inhalt der Blechschachtel, wählte drei Fotos ihrer Mutter aus und legte sie zwischen die Seiten von Little Sure Shot. Das Buch schob sie in den alten Armeerucksack ihres Vaters, auf den mit einer Schablone der Name CRANE geschrieben war. Auch ihre Lieblingskleidung, ein paar Halstücher, eine Zahnbürste, Zahnpasta, ein Stück Seife, eine Flasche Shampoo, ein paar Werkzeuge und das, was ihr Daddy Erste-Hilfe-Set für Frauen genannt hatte, packte sie ein. Als sie das Haus verließ, blieb ihr Blick an der glitzernden Wasseroberfläche hängen. Vielleicht lag es am Gras, das sie geraucht hatte – jedenfalls flimmerte der Fluss in der späten Nachmittagssonne, und es war, als würde er durch die Lichtreflexe zu ihr sprechen und sie zum Rudern einladen. Sie warf einen Armeeschlafsack, zwei Schwimmwesten, eine Zeltplane, einen Wasserkanister und die beste Angelrute ihres Vaters in ihr Boot The River Rose , dann kletterte sie an Bord, legte die Ruder ein und stieß sich ab.
    Sie hielt quer über den Fluss auf das Haus der Murrays zu, aber da sie anfangs in Zeitlupe ruderte, trieb sie ein Stück ab und musste sich wieder flussaufwärts kämpfen. Als sie das Boot am anderen Ufer festmachte, spürte sie, wie sich das Missfallen ihres Vaters gegenüber den Murrays auf sie senkte. Jetzt, wo er nicht mehr da war, könnte sie über den Fluss fahren und schwimmen gehen, wann immer sie wollte, könnte sie die Hunde der Murrays streicheln, ohne angebrüllt zu werden. Crane konnte nicht mehr wütend werden, und sie war nicht länger der Grund dafür, weshalb er oder sonst irgendjemand am Leben blieb. Vielleicht konnte sie ohne ihn weiterleben, wenn sie sich das immer wieder vor Augen führte. Beim Gedanken an ein Leben ohne ihn kamen ihr wieder die Tränen.
    Sie steuerte auf den weiß getünchten Schuppen zu – jemand hatte das Blut von der Wand gewaschen und ein großes Stück Pappe von der Größe eines Bettlakens dort ausgebreitet, wo ihr Vater gelegen hatte. Margo ging den Trampelpfad entlang, der zur Landstraße führte. Als sie auf der Kiesauffahrt den Ford ihres Vaters erblickte, erschien ihr das so normal, dass sie damit rechnete, Crane hinter dem Lenkrad sitzen zu sehen. Sie überwand sich, öffnete die Tür des Pick-ups und klappte die Sitzbank nach vorn, doch da war kein Gewehr. Falls die Polizei nicht nur seine Büchse, sondern auch das Kleinkalibergewehr mitgenommen hatte, hatte sie Pech gehabt. Falls Cal oder jemand von der Familie sie an sich genommen hatte, würde Margo sie in Cals Büro neben dem Wohnzimmer finden, bei seinen anderen Gewehren. Margo überlegte, wie sie besser dran wäre – mit den Murrays oder ohne sie.
    Sie schlich aufs Haus zu und versteckte sich zwischen mehreren Ahornbäumen. Moe, der Labrador, zerrte winselnd an seiner Kette. Wenn Margo zu den Murrays zog, würde sie warten müssen, bis ihre Mutter sie holen kam, und das konnte wer weiß wie lang dauern. Stunden später trat Joanna aus dem Haus und startete den Motor des Suburban. Margo ging in Deckung. Sie hörte die Stimmen von zwei Jungen, die sich stritten – wahrscheinlich die Zwillinge. Dann sah sie Junior aus dem Haus kommen. Er hielt Cal die Tür auf und ging langsam neben ihm die Treppe herunter zur Auffahrt. Cal machte kleine Schritte, als würde er gerade laufen lernen. Junior öffnete die Beifahrertür und streckte den Arm aus, um seinen Vater zu stützen.
    »Ich brauche keine Hilfe, verdammt noch mal«, sagte Cal gequält.
    Er setzte sich auf den Beifahrersitz, Junior auf den Rücksitz. Kurz vor der Abfahrt kletterte einer von den Zwillingen nach vorn, um zwischen den Eltern zu sitzen. Keiner sah in Margos Richtung. Die Weihnachtskette auf dem Floß war noch an, blass leuchteten die Farben im Licht des frühen Abends. Die Murrays fuhren in die Samstagabendmesse und wären mindestens anderthalb Stunden weg. Normalerweise ging Joanna allein oder mit den kleineren Kindern in die Kirche – Cal hatte mit Religion etwa so viel am Hut, wie es Margos Vater gehabt hatte –, aber an diesem Tag hatte Joanna den anderen vermutlich ins Gewissen geredet, für Billy zu beten und

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