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Stromschnellen: Roman (German Edition)

Stromschnellen: Roman (German Edition)

Titel: Stromschnellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bonnie Jo Campbell
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amüsieren, Kleine!«
    Langsam lockerte er den Griff, bis seine Arme sie nur noch leicht umschlossen. Margo hatte Hundeweibchen und Säue gesehen, die in Gegenwart der männlichen Tiere stillhielten, obwohl klar war, dass sie eigentlich wegrennen wollten. Sie hatte nichts gegen dieses schwerelose Gefühl der Unentschlossenheit.
    »Wenn doch bloß Sommer wäre«, flüsterte Johnny. Das spärliche Licht der heruntergedrehten Petroleumlampe ließ seine Haut glatt erscheinen und seine Augen glänzen. Er roch gut, nicht so stark nach Moschus und Rauch wie Brian. »Dann könnten wir nackt schwimmen gehen.«
    Margo wollte nicht, dass zwischen ihr und Johnny etwas vorfiel, aber sie wollte diesen merkwürdigen Augenblick hinauszögern, im herauszufinden, was es mit diesem Gefühl auf sich hatte. Dieser Augenblick hatte anscheinend nichts mit Brian zu tun. Stattdessen musste sie an ihre Mutter denken und überlegte, ob sie ihren Vater vielleicht verlassen hatte, um einmal mit einem anderen Mann einen unbeschwerten Moment zu erleben. Luanne hatte oft darüber geklagt, dass Crane seit der Hochzeit kein einziges Mal mit ihr ausgegangen war. Plötzlich spürte Margo, dass sie beobachtet wurde, und als sie aufblickte, stand Paul mit den Sitzkissen aus dem Boot in der Tür.
    »Was zur Hölle läuft hier?«, fragte er. Er schüttelte den Kopf wie zur Bestätigung einer Vorahnung. Margo stand auf, schüttelte Johnnys Hände ab und ging zum Schlafzimmer.
    »Bist du lebensmüde, du Arschloch?«, fragte Paul hinter ihr. »Dann mach mit der hübschen Flussprinzessin von meinem Bruder rum, während er nebenan schläft.«
    Sie spürte Pauls forschenden Blick auf sich, bis sie die Tür hinter sich geschlossen hatte.
    Brian hatte die Jacke inzwischen ausgezogen und war unter die Decke geschlüpft. Als Margo zu ihm ins Bett stieg, machte er ihr Platz und legte einen schweren Arm auf sie.
    Als Brian einen Monat später wieder betrunken nach Hause kam, diesmal allein, rammte er den Steg mit solcher Wucht, dass das Fiberglas am Bug platzte. Fluchend kam er in die Hütte. Der Hals einer Literflasche ragte aus seiner Jackentasche. Bisher hatte Margo ihn nur mit Halbliterflaschen gesehen.
    »Wer ist bei dir gewesen? Hier riecht es nach Mann«, sagte er stumpf.
    »Es war niemand hier.« Margo ging um ihn herum, um näher an der Tür zu sein als er, für den Fall, dass sie vor ihm wegrennen musste. Etwas an ihm war an diesem Abend anders. Sie kannte diesen Ausdruck von ihrem Vater, von dem einen Mal, als er sie geschlagen hatte. Es war nach der Sache mit Cal gewesen. Ihr Vater hatte sie aufgefordert, mit ihm darüber zu reden. Als sie geschwiegen hatte, hatte er ihr ins Gesicht geschlagen, allerdings mit halb geballter Faust. Dann war er nach draußen gegangen, hatte sich in seinen Pick-up gesetzt und war erst wieder reingekommen, als Margo bereits schlief. Am nächsten Morgen hatte sie festgestellt, dass im Augenwinkel ein Äderchen geplatzt war. Die Hornhaut war blutunterlaufen, und unter dem Auge hatte sich ein blauer Fleck gebildet. Danach hatte Crane nie wieder einen Tropfen Alkohol angerührt.
    »Betrügst du mich, Maggie?«
    »Nein.« Sie warf einen Blick zur Tür. Im Notfall würde sie nicht zögern, sondern weglaufen.
    »Betrügst du mich, du Flittchen?«, wiederholte Brian lallend. Er sagte es stockend, als hätte er selbst Zweifel an seinen Worten.
    »Nein«, sagte sie noch einmal. Flittchen . Aus Cals Mund hatte sie das Wort tief getroffen, es hatte sie verletzt, aber jetzt machte es sie wütend. »Warum nennt ihr Männer uns immer Flittchen?«
    Brian ließ sich am Tisch auf einen Stuhl sinken. Margo setzte sich ihm gegenüber. Er zündete sich eine Zigarette an und musterte sie. Während sie schweigend den Kragen ihrer Jacke flickte, trommelte er mit den Fingern auf die Tischplatte. Schließlich drückte er die Zigarette aus und sagte: »Also gut, Maggie, ich werde dich nie wieder so nennen. Ich hab mir nur Sorgen gemacht. Mann, du weißt doch, dass ich dich liebe.«
    Sie griff über den Tisch und berührte die Narben auf seiner Hand. »Warum wirst du so fies?«
    »Ich hatte Angst, dass du womöglich nicht allein warst. Pauly hat was in der Richtung gesagt. Ich könnte es nicht ertragen, wenn sich jemand hier einschleicht und was mit dir anstellt.«
    »Wenn du nicht hier bist, bin ich allein, Brian. Ich habe keinen anderen. Ich habe doch nicht mal einen Hund. Ich muss meine Mutter finden, aber sie will nichts von mir wissen. Warum hat sie

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