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Studio 6

Studio 6

Titel: Studio 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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Sie saß irgendwo unterhalb der Kehle fest, wuchs, verdichtete sich, erstickte sie.
    »Ich schaffe es nicht«, sagte sie. »Wenn sie es nun nicht ist?«
    »Das werden wir gleich wissen«, sagte der Typ. »Ich weiß, dass das schlimm für Sie ist. Kommen Sie, ich helfe Ihnen aus dem Auto. Wollen Sie etwas zu trinken haben?«
    Sie schüttelte den Kopf, nahm aber seine Hand. Mit zitternden Beinen trat sie auf den Asphalt. Die Tussi war schon auf einem kleinen Weg vorgegangen, und es knisterte unter ihren groben Schuhen.
    »Mir ist übel«, sagte Patricia.
    »Hier, nehmen Sie ein Kaugummi«, erwiderte der Typ.
    Ohne zu antworten, streckte sie die Hand aus und nahm einen Streifen aus der Packung.
    »Hier entlang«, sagte er.
    Sie gingen an einem Schild mit einem roten Pfeil und dem Text »95:7 Gerichtsmedizinische Abtlg. Leichenschauhaus« vorbei.
    Sie kaute intensiv. Sie gingen zwischen Bäumen, Linden und Ahorn. Ein schwacher Wind flüsterte in den Blättern, vielleicht würde die Hitze endlich nachlassen.
    Das Erste, was ihr auffiel, war das lange Schutzdach. Es ragte aus dem bunkerähnlichen Gebäude vor wie eine überdimensionale Schirmmütze. Das Haus war aus den allgegenwärtigen roten Ziegelsteinen, die Tür aus grauschwarzem Eisen, geschlossen und schwer.
    LEICHENSCHAUHAUS STOCKHOLM stand in goldenen Großbuchstaben unter dem Dach, und dann ganz unten:
    »Eingang für Angehörige. Identifizierung. Beisetzung.«
    Die Gegensprechanlage war aus abgestoßenem Plastik.
    Der Typ drückte auf einen Knopf, eine leise Stimme antwortete, der Typ sagte etwas. Patricia drehte sich mit dem Rücken zur Tür und schaute zum Parkplatz zurück.
    Sie hatte das dumpfe Gefühl, als würde der Boden schwanken, eine lange Dünung auf einem großen Meer.
    Die Sonne war hinter der Tomteboda-Schule verschwunden, unter dem Schutzdach war der Tag fast vorbei. Direkt vor ihr lag die Hochschule für Gesundheitswesen, flach, ein roter Ziegelbau, 60er-Jahre. Die Luft wurde immer dichter, das Kaugummi in ihrem Mund immer größer. Ein Vogel sang irgendwo in den Büschen, der Laut erreichte sie wie durch einen Filter. Sie hörte ihre eigenen Kiefer mahlen.
    »Kommen Sie herein.«
    Der Typ legte seine Hand auf ihren Arm, und sie musste sich umdrehen. Die Tür hatte sich geöffnet. Ein anderer Typ stand im Eingang und lächelte ihr vorsichtig zu.
    »Hier entlang, kommen Sie nur herein«, sagte er.
    Der Kloß in ihrem Hals kam die Zunge hinauf, sie schluckte schwer.
    »Ich muss mein Kaugummi wegwerfen«, sagte sie.
    »Es gibt hier eine Toilette«, sagte er.
    Die Tussi und der Typ mit dem Hemd warteten und ließen sie vorgehen. Das Zimmer war klein. Es erinnerte an das Wartezimmer beim
Zahnarzt,
graues, kleines Sofa links, niedriger Tisch in Birke, vier Chromstühle mit blau gestreiftem Stoff, abstraktes Gemälde mit drei Farbfeldern an der Wand, Grau, Braun, Blau. Ein Spiegel auf der rechten Seite. Garderobe geradeaus, Toilette. Sie ging dorthin mit dem unangenehmen Gefühl, gar nicht bis auf den Boden zu reichen.
    Bist du hier, Josefine?
    Kannst du mich spüren?
    In der Toilette verschloss sie die Tür und warf das Kaugummi in den Papierkorb. Der Korb aus Metallge flecht war leer, das Kaugummi blieb an der Kante kleben.
    Sie versuchte es ein wenig weiter zu schnippen, die Finger blieben daran kleben. Es gab keine Plastikbecher, also trank sie ein paar Schluck direkt aus dem Wasserhahn. Ich bin ja schließlich in einem Leichenschauhaus, da nehmen sie es mit der Hygiene sicher genau, dachte sie.
    Sie atmete einige Male tief durch die Nase ein und ging dann hinaus. Die anderen warteten auf sie. Sie standen vor einer weiteren Tür, zwischen dem Spiegel und dem Ausgang.
    »Ich möchte Sie darauf vorbereiten, dass es sehr hart werden kann«, sagte der Typ. »Das Mädchen ist nicht gewaschen worden, seit es gefunden wurde, und befindet sich immer noch in derselben Stellung, in der wir sie fanden.«
    Patricia schluckte noch einmal.
    »Wie ist sie gestorben?«
    »Das Mädchen wurde erdrosselt. Sie ist heute kurz nach Mittag im Kronobergspark auf Kungsholmen gefunden worden.«
    Patricia legte die Hand auf den Mund, ihre Augen wurden groß und füllten sich mit Tränen.
    »Wir gehen immer durch den Park, wenn wir von der Arbeit nach Hause gehen.«
    »Es ist nicht sicher, dass es Ihre Freundin ist«, sagte der Typ. »Ich möchte, dass Sie ruhig bleiben und sie sich genau anschauen. Es ist kein schlimmer Anblick.«
    »Ist sie … blutig?«
    »Nein, überhaupt

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