Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Studio 6

Studio 6

Titel: Studio 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
Vom Netzwerk:
nicht. Sie ist unversehrt und schön.
    Der Körper hat angefangen auszutrocknen, deshalb kann das Gesicht etwas eingesunken aussehen. Ihre Haut und ihre Lippen sind verfärbt, aber es ist nicht so schlimm. Sie sieht nicht schrecklich aus.«
    Er sprach leise und ruhig. Dann nahm er sie an der Hand.
    »Sind Sie bereit?«
    Patricia nickte. Die Tussi öffnete die Tür. Ein kühler Lufthauch zog aus dem anderen Raum. Sie sog seine Feuchtigkeit ein und erwartete den Geruch von Leichen und Tod, doch die Luft war frisch und sauber. Sie trat vorsichtig ein. Der Fußboden war aus Stein, glänzend, graubraun, die Wände kreideweiß, Stein, verputzt, uneben.
    An der gegenüberliegenden Wand waren zwei Elektroheizungen angebracht. Sie schaute hoch, unter dem Dach war eine Kuppel. Zwölf Glühbirnen verströmten dumpfes Licht im Raum. Es erinnerte an eine Kapelle. Zwei Kerzenleuchter, groß, aus Holz. Sie waren nicht angezündet, aber Patricia konnte dennoch den Wachsduft ahnen.
    Zwischen ihnen stand die Bahre.
    »Ich will nicht«, sagte sie.
    »Sie müssen nicht«, sagte der Typ. »Wir können auch ihre Eltern oder ihren Freund holen. Das Problem ist nur, dass das länger dauert. Der Vorsprung des Mörders wächst. Der Täter soll nicht davonkommen.«
    Sie schluckte. Hinter der Bahre hing ein großes blaues Textilbild. Es bedeckte die ganze hintere Tür. Sie starrte auf das Blau, versuchte ein Muster auszumachen.
    »Also gut, dann mache ich es«, sagte sie.
    Der Typ, der immer noch ihre Hand hielt, zog sie langsam zur Bahre. Sie lag unter einem Tuch. Sie hatte die Hände über dem Kopf.
    »Jetzt nimmt Anja vorsichtig das Tuch von ihrem Gesicht. Ich stehe die ganze Zeit neben Ihnen.«
    Anja war die Tussi.
    Sie sah die Bewegung in den Augenwinkeln, das weiße Tuch, das weggezogen wurde, spürte den leichten Luftzug.
    Sie ließ das Blau los und senkte den Blick auf die Bahre.
    Es ist wahr, dachte sie. Sie ist schön. Sie ist tot, aber sie ist nicht ekelhaft. Sie sieht etwas erstaunt aus, dachte sie, als hätte sie nicht richtig begriffen, was passiert ist.
    »Jossie«, flüsterte Patricia.
    »Ist das Ihre Freundin?«, fragte der Typ.
    Sie nickte. Die Tränen liefen, und sie tat nichts, um sie aufzuhalten. Sie streckte die Hand aus, um Josefine übers Haar zu streichen, hielt aber inne.
    »Jossie, was haben sie mit dir gemacht?«
    »Sind Sie ganz sicher?«
    Sie schloss die Augen und nickte.
    »Du meine Güte«, sagte sie.
    Sie legte die Hand auf den Mund und kniff die Augen noch fester zusammen.
    »Sie können also hundertprozentig bestätigen, dass dies Ihre Mitbewohnerin Josefine Liljeberg ist?«
    Sie nickte und wandte sich um, weg von Jossie, weg vom Tod, weg von dem Blau, das hinter der Bahre schwebte.
    »Ich will weg hier«, sagte sie mit erstickter Stimme, »bringen Sie mich fort.«
    Der Typ legte ihr den Arm um die Schultern, zog sie zu sich und strich ihr übers Haar. Sie weinte hemmungslos, durchnässte sein hässliches buntes Hemd.
    »Wir möchten heute Abend gründlich ihre Wohnung durchsuchen«, sagte er. »Es wäre gut, wenn Sie dabei sein könnten.«
    Sie wischte sich die Nase mit dem Handrücken ab und schüttelte den Kopf.
    »Ich muss arbeiten«, sagte sie. »Wenn Jossie weg ist, muss ich besonders viel tun. Sie vermissen mich bestimmt schon.«
    Er schaute sie prüfend an.
    »Sind Sie sicher, dass Sie das schaffen?«
    Sie nickte.
    »Okay«, sagte er, »dann fahren wir jetzt.«
    Die Pressemitteilung kam um 21 Uhr 12 aus dem Fax. Da die Presseabteilung der Stockholmer Polizei ihre Mitteilungen immer an die Redaktionssekretärin Eva-Britt Qvist schickte, die am Wochenende nicht arbeitete, entdeckte sie niemand. Erst als um 21 Uhr 45 ein kurzes Nachrichtentelex kam, wurde Berit auf die Information aufmerksam.
    »Pressekonferenz im Polizeigebäude um 22 Uhr«, rief sie Annika zu und lief schnell zum Fotoraum.
    Annika warf Block und Stift in die Tasche und ging zum Ausgang. Sie war voller Erwartung, jetzt würde sie es endlich erfahren. Sie war unsicher und nervös – sie war noch nie auf einer Pressekonferenz der Stockholmer Polizei gewesen.
    »Wir müssen das Faxgerät von Eva-Britts Platz wegstellen«, sagte Berit im Fahrstuhl.
    Sie zwängten sich in Bertil Strands Saab, genau wie das letzte Mal. Annika saß wieder hinten, auf demselben Platz.
    Sie zog die Tür sanft und vorsichtig zu.
    »Wohin geht’s?«, fragte Bertil Strand.
    »Kungsholmsgatan, Haupteingang«, sagte Berit.
    »Was meinst du, was sie sagen werden?«,

Weitere Kostenlose Bücher