Studio 6
Fototisch und schaute sich das kleine schwarzweiße Polaroidbild aus dem Passregister an.
Hanna Josefine Liljeberg lachte in die Kamera. Der Blick war so strahlend und das Lachen so betörend, wie es nur ein Teenager voller Selbstvertrauen zu Stande bringen konnte.
»Neunzehn Jahre«, sagte Annika und spürte einen Druck auf der Brust.
»Es wäre besser, wenn wir ein richtiges Bild bekommen könnten«, sagte Pelle Oscarsson. »Das da wird grau und verschwommen sein, wenn wir es breiter als eine Spalte machen.«
»Ich denke, das wird sich machen lassen«, meinte Annika, sandte ein stilles Stoßgebet zu Gösta und ging zu Berit.
»Kennst du dich mit der Dafa aus?«, fragte Berit.
Annika schüttelte den Kopf.
»Dann gehen wir mal rüber zu Eva-Britt«, meinte Berit.
Am Platz der Redaktionssekretärin gab es einen Computer mit Modem. Berit machte ihn an und wählte sich ins Netz ein. Über Infotorg kam sie zu Dafa Spar, dem staatlichen Personen- und Adressenregister.
»Hier findet man Informationen über alle Personen, die im Einwohnermeldeamt registriert sind und in Schweden wohnen«, erklärte sie, »ihre Adressen, alte Adressen, Geburtsnamen, Personennummer, Geburtsort und derlei Dinge.«
»Unglaublich«, sagte Annika verblüfft. »Davon hatte ich nicht die geringste Ahnung.«
»Die Dafa ist ein recht gutes Arbeitsmittel. Setz dich ruhig irgendwann einmal ran und checke ein paar Bekannte ab, wenn du Zeit hast.«
Berit ging über Namenssuche und ließ nach »Liljeberg, Hanna Josefine« suchen. Sie bekamen zwei Treffer, eine fünfundachtzigjährige Dame in Malmö und ein neunzehnjähriges Mädchen von der Dalagatan in Stockholm.
»Da haben wir sie«, sagte Berit.
Liljeberg, Hanna Josefine, geboren in Täby, unverheiratet. Die letzte Änderung beim Einwohnermeldeamt war vor weniger als zwei Monaten vorgenommen worden.
»Wir werden einmal nachsehen, wo sie vorher gewohnt hat«, sagte Berit und drückte die Taste für frühere Einträge.
Ein paar Sekunden später tauchte eine andere Anschrift auf dem Bildschirm auf.
»Runslingan in Täby Kyrkby«, las Berit. »Das ist eine Reihenhaussiedlung.«
»Woran siehst du das?«, fragte Annika und ließ den Blick über den Bildschirm gleiten.
Berit lachte.
»Ein paar Informationen sind auf der Festplatte hier oben gespeichert«, sagte sie und tippte sich an die Stirn.
»Ich wohne in Täby. Die Adresse muss ihr Elternhaus sein.«
Sie machte einen Ausdruck und gab dem Computer einen neuen Suchbefehl. Liljeberg Hed, Siv Barbro, Runslingan in Täby Kyrkby, vor siebenundvierzig Jahren geboren, verheiratet.
»Die Mutter von Josefine«, sagte Annika. »Wie hast du sie gefunden?«
»Eine Suche nach Frauen mit demselben Nachnamen im selben Postleitzahlenbereich«, antwortete Berit, druckte die Informationen aus und ließ dieselbe Suche bei Männern laufen. Die Dafa meldete zwei Treffer, Hans Gunnar, einundfünfzig Jahre, und Carl Niklas, neunzehn Jahre, beide in Runslingan.
»Schau dir mal das Geburtsdatum des Jungen an«, meinte Berit.
»Josefine hatte einen Zwillingsbruder«, sagte Annika.
Berit machte einen letzten Ausdruck und loggte sich dann aus. Sie fuhr den Computer herunter und ging zum Drucker.
»Nimm das hier«, sagte sie und gab Annika die Ausdrucke. »Versuche mit jemandem zu reden, der sie kannte.«
Annika ging zu ihrem Platz zurück. Die Redakteure waren ganz auf ihre Aufgaben konzentriert. Jansson stand da und schrie irgendetwas ins Telefon. Das flackernde Licht der Bildschirme ließ das Newsdesk wie eine blaue Insel im Redaktionsmeer erscheinen. Der Anblick machte ihr die Dunkelheit draußen bewusst. Es wurde Nacht. Die Zeit lief.
Bis sie sich setzte, klingelte das Idiotentelefon. Mit einer reflexartigen Bewegung nahm sie den Hörer ab. Es waren Partygäste, die fragten, ob Selma Lagerlöf wirklich lesbisch gewesen sei.
»Rufen Sie die Zentrale für sexuelle Aufklärung an«, sagte Annika und legte auf. Sie holte einen Stapel Telefonbücher hervor und fing an, die Umschläge zu lesen. Zu Hause in Katrineholm hatten sie ein Buch für ganz Sörmland, hier gab es vier für einen einzigen Vorwahlbereich. Sie schlug Liljeberg, Hans, Runslingan in Täby Kyrkby, nach. Er war als »Pfarrer« eingetragen. Sie schrieb die Telefonnummer ab und blickte eine ganze Weile auf sie herab. Nein, dachte sie schließlich. Es muss möglich sein, die nötigen Informationen auf andere Weise zu bekommen.
Sie schlug die Rosa Seiten mit den städtischen Informa tionen
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