Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Studio 6

Studio 6

Titel: Studio 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
Vom Netzwerk:
sauer.
    »Das ist schließlich ein Riesenskandal«, meinte er.
    »Mein Gott«, erwiderte Annika, »die Leute können machen, was sie wollen. Wie kommen Sie überhaupt darauf, dass es wahr ist?«
    »Ich habe es aus sicherer Quelle«, sagte der Mann.
    »Na klar«, sagte Annika. »Vielen Dank für Ihren Anruf.«
    Sie legte auf.
    Das Konkurrenzblatt hatte ungefähr dieselben Texte und Bilder zum Mord wie das
Abendblatt,
aber Annika fand, dass die andere Zeitung durchweg ein wenig schlechter war. Zum Beispiel hatten sie kein Porträtfoto von Josefine mit Studentenmütze. Ihre Fotos vom Tatort waren zahmer, der Text flacher, sie hatten langweiligere Nachbarn interviewt und waren weniger gut über den alten Evamord informiert. Sie hatten keinen Lehrer und keine Schulkameradin. Das
Abendblatt
hatte dagegen kurze Interviews mit der Klassenkameradin Charlotta und dem stellvertretenden Rektor Martin Larsson-Berg.
    »Gute Arbeit«, sagte Spiken über ihr. Sie schaute hoch und begegnete dem Blick ihres Chefs.
    »Danke«, erwiderte sie.
    Er setzte sich auf die Ecke ihres Schreibtisches.
    »Was machen wir heute?«
    Sie wurde rot. Jetzt war sie eine von ihnen. Er war zu ihr gekommen und hatte sie gefragt.
    »Ich habe vor, zu ihrer Mitbewohnerin zu fahren, zu dem Mädchen, das sie identifiziert hat.«
    »Glauben Sie, dass sie redet?«
    »Ist nicht ausgeschlossen. Ich habe versucht, einen Kontakt herzustellen«, sagte sie.
    Sie wusste instinktiv, dass sie besser nichts von dem Treffen mit Patricia im Park erzählen sollte, denn sonst würde Spiken sauer werden, weil sie nicht sofort zurückgekommen war und einen Artikel darüber geschrieben hatte.
    »Okay«, sagte der Nachrichtenchef, »wer kümmert sich um die Ermittlungen der Polizei?«
    »Damit kommen wir klar«, sagte sie.
    »Gut. Was noch? Glauben Sie, Vati und Mutti können sich noch ein wenig ausheulen?«
    Annika wand sich.
    »Ich glaube nicht, dass man sie in dieser Situation stören sollte«, sagte sie.
    »Er hat immerhin mit der Konkurrenz geredet«, meinte Spiken. »Was hat er denn gesagt, als Sie anriefen?«
    Annikas Wangen wurden heiß.
    »Er … ich … ich fand nicht, dass man sich aufdrängen sollte, so kurz nach dem …«
    Spiken stand auf und ging ohne ein Wort davon. Annika wollte ihn aufhalten, erklären, wie falsch es ihr vorgekommen sei, dass man sich so einfach verhalten dürfe.
    Aber sie stand wie versteinert mit offenem Mund und erhobener Hand da und musste sich unterordnen, sie hatte hier nicht das Sagen. Spikens breiter Rücken verschwand, und sein massiger Körper krachte auf den Bürostuhl am Newsdesk. Annika vernahm trotz der Entfernung das schwere Knarren.
    Schnell sammelte sie Block, Stift und Kassettenrecorder in die Tasche und ging zum Fototisch. Es waren keine Fotografen da und somit auch keine Autos. Sie rief ein Taxi.
    »Nach Vasastan in die Dalagatan.«
    Sie wollte wissen, wie die Tote gelebt hatte.
    Die leichte Hand seiner Frau auf seiner Schulter ließ ihn mit einem Ruck hochschrecken.
    »Christer«, flüsterte sie, »der Ministerpräsident ist dran.«
    Er setzte sich mit einem vagen Gefühl von Orientierungslosigkeit auf. Das Bett schwankte leicht, die Müdigkeit schmerzte im Körper. Er erhob sich mühsam und ging in sein Arbeitszimmer.
    »Ich nehme hier ab«, sagte er.
    Die Stimme des Ministerpräsidenten war fest und klar.
    Er war schon viele Stunden wach.
    »Na, Christer, bist du gut nach Hause gekommen?«
    Der Außenhandelsminister sank auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch und fuhr sich mit der Hand durchs Haar.
    »Doch, doch«, sagte er, »aber es war eine lange Strecke.
    Wie geht es dir?«
    »Gut. Ich bin mit meiner Familie draußen in Harpsund.
    Wie ist es gelaufen?«
    Christer Lundgren räusperte sich.
    »Wie zu erwarten. Das sind nicht gerade Balletttänzerinnen am Verhandlungstisch.«
    »Du warst ja auch nicht auf einer Opernbühne«, sagte der Ministerpräsident. »Wie machen wir jetzt weiter?«
    Der Außenhandelsminister sortierte schnell die Gedanken in seinem noch schwerfälligen Kopf. Als er sprach, war er einigermaßen strukturiert und klar. Er hatte auf dem Weg nach Luleå viel Zeit gehabt, nachzudenken.
    Nach dem Gespräch saß er mit hängendem Kopf am Schreibtisch. Die Schreibunterlage bestand aus einer Weltkarte vor dem Fall des Eisernen Vorhangs. Er ließ den Blick über die verschiedenen Republiken schweifen, gelbe, anonyme Flecken ohne Städte oder Grenzen. Seine Frau öffnete vorsichtig die Tür einen Spalt

Weitere Kostenlose Bücher