Studio 6
Was ist mit dem?«
»Er hat ein Alibi.«
Annika lehnte sich weit vor.
»Dann war es also … Es schien so, als ob …«
»Es wäre besser, wenn Sie von der Presse nicht so entsetzlich viel spekulieren würden«, schimpfte der Polizist. »Manchmal machen Sie es den anderen damit ziemlich schwer.«
Jetzt wurde Annika sauer.
»Was sagen Sie da? Wer hat denn an einem Samstagabend um 22 Uhr zur Pressekonferenz geladen, das war doch nur, weil Sie so verdammt scharf auf die Presse waren. Jetzt reden Sie mal keinen Mist. Was heißt denn schwer machen? Das kann man auch anders sehen. Jetzt kommen Sie mir nicht mit schwer machen!«
»Glücklicherweise muss ich nicht hier sitzen und mir solch einen Quatsch anhören«, antwortete der Polizist und legte auf.
»Hallo!«, rief Annika in den Hörer. »Hallo! Teufel nochmal!«
Sie haute den Hörer auf die Gabel, was ihr einen ärgerli chen Seitenblick von Spiken einbrachte.
»Sie sitzen auf meinem Platz.«
Eine Frau in einem Kleid, die ungefähr dreißig Jahre alt war, blickte auffordernd auf sie und ihre Sandalen herab.
Annika starrte verwirrt hoch.
»Was ist?«
»Hätten Sie heute nicht eigentlich frei?«
Annika nahm die Füße vom Tisch. Sie stand auf und streckte der anderen ihre Hand entgegen.
»Sie müssen Mariana sein«, sagte sie. »Schön, Sie kennen zu lernen. Ich heiße Annika Bengtzon.«
Der Drache im Kleid hatte einen verschnörkelten Nachnamen, der den niederen Adel verriet, und galt als eine große Begabung.
»Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie hinter sich aufräumen könnten. Es ist nicht unbedingt erfreulich, von Chaos begrüßt zu werden, wenn man seine Schicht anfängt.«
»Ganz meine Meinung«, pflichtete Annika ihr bei. »Ich musste sowohl das Bücherregal als auch den Schreibtisch freiräumen, als ich am Mittwoch kam.«
Sie riss rasch die Zettel durch, die sie auf den Schreibtisch gelegt hatte.
»Ich gehe essen«, informierte sie den Nachrichtenchef kurz, nahm ihre Tasche und ging.
An den Fahrstühlen traf sie auf Carl Wennergren, der mit ein paar anderen Reportern vorbeikam, die über etwas zu lachen schienen, das Carl gerade gesagt hatte. Annika hatte sich den Kopf zerbrochen, was sie sagen sollte, wenn sie ihn das nächste Mal träfe. Jetzt war es ihr plötzlich klar. Entschlossen stellte sie sich der Gruppe in den Weg.
»Kann ich mal kurz mit dir reden?«, fragte sie kurz angebunden.
Carl Wennergren schob den Brustkorb vor und ließ ein Lächeln über sein sonnengebräuntes Gesicht huschen.
Seine Haare waren noch nass vom vormittäglichen Bad, eine Locke hing in die Stirn.
»Natürlich, mein Mädchen«, erwiderte er. »Was gibt’s denn?«
Annika ging eine halbe Treppe hinunter. Carl Wennergren winkte seine Kumpel weiter, ehe er ihr selbstsicher und entspannt folgte. Sie stellte sich mit dem Rücken gegen die Wand und starrte ihrem Kollegen direkt in die Augen.
»Ich habe am Montag ein Angebot bekommen«, begann sie leise. »Eine Gruppe, die sich die Ninja Barbies nannte, wollte mir einen Tipp verkaufen. Für fünfzigtausend in bar sollte ich dabei sein können, wenn sie irgendeine Art Attentat auf einen Polizisten verübten.«
Sie betrachtete Carl Wennergren eingehend. Der junge Mann hatte aufgehört zu lachen und wurde bis zu den Ohren rot. Er kniff den Mund zu einem dünnen Strich zusammen.
»Was willst du damit sagen?«, fragte er etwas gepresst.
»Wie ist das denn gelaufen, als du die Sache für die Ausgabe von heute gemacht hast?«
Carl Wennergren warf die Locke zurück.
»Und was geht dich das an?«, fragte er. »Seit wann bist du die verantwortliche Herausgeberin?«
Sie sah ihn an, ohne zu antworten. Er drehte sich um und wollte die Treppe wieder hinaufgehen. Annika rührte sich nicht. Nach vier Schritten überlegte er es sich anders, kam zurück und baute sich mit dem Gesicht dicht vor Annika auf.
»Ich habe nicht eine verdammte Öre bezahlt«, zischte er.
»Was glaubst du denn von mir?«
»Ich glaube gar nichts«, gab sie zurück und merkte, dass ihre Stimme ein wenig zitterte. »Ich fand das alles nur ziemlich seltsam.«
»Die wollten halt ihre Botschaft rüberbringen«, rechtfertigte sich Carl Wennergren, »aber sie kriegten den Tipp nicht verkauft. Es ist doch keine Zeitung so blöd, für ein Terrorattentat gegen einen Polizisten zu bezahlen, das ist ja wohl klar.«
»Und dann haben sie die Sache am Ende gratis vergeben?«, fragte Annika.
»Genau.«
»Und da fandest du es dann ganz in Ordnung, dabei zu
Weitere Kostenlose Bücher