Stürmische Begegnung - zauberhafte Eroberung
zwischen die Kissen und sog den Duft der Sicherheit ein. Mit jedem Atemzug wurde sie ruhiger, als gehe etwas von seiner Stärke auf sie über.
Sie seufzte. Unfassbar, dass sie ihn einst für kalt und gefühllos gehalten und verabscheut hatte. Zwar hielt er romantische Gefühle nicht für eine wesentliche Zutat einer Ehe, aber zumindest würde er sich nie zu wollüstigem Handeln hinreißen lassen, weil sein strikter Ehrbegriff es verbot. Vielleicht hatte sie sich auch deshalb so geborgen gefühlt, als er sie in den Armen gehalten hatte: Er stellte keine Bedrohung dar. Er hatte oft genug gezeigt, dass er sie nicht mochte, dass er ihre impulsive Art und ihr Verhalten nicht ausstehen konnte. Aber er würde in ihre Familie einheiraten und so etwas wie ein Cousin werden oder wie ein großer Bruder, der auf sie aufpasste. Hinter seiner schroffen Fassade war er sehr verständnisvoll.
Froh, endlich Klarheit über ihre Gefühle ihm gegenüber erlangt zu haben, glitt Hester in einen traumlosen Schlaf.
Am Nachmittag schaute Lady Gregory vorbei.
„Das ist alles sehr seltsam“, meinte sie, während sie über Emilys Schulter hinweg einen Blick ins Schlafzimmer warf. „Lord Lensborough sagt, er will diese Räume Hester überlassen, bis es ihr besser geht.“
„Ich halte das für eine gute Idee, Mylady. Denken Sie nur an all die Stufen, die zu ihren Zimmern hinaufführen. Und zugleich ist sie hier weit genug vom Rest der Familie entfernt, um niemanden anzustecken, falls es eine Infektion ist.“
„Nun gut, aber wo soll er denn nun schlafen?“ Sie runzelte die Stirn. „Und er muss sich bald fürs Abendessen umziehen.“
„Die anderen Schlafzimmer sind sicher gut gelüftet. Die Gäste sind ja schon länger abgereist.“
„Das Blaue Zimmer“, rief Lady Gregory aus. „Ich habe immer gesagt, dass Lord Lensborough das Blaue Zimmer bekommen sollte. Und Mr. Farrar muss ebenfalls in den neuen Flügel umziehen. Er kann wohl kaum hier im zweiten Schlafzimmer bleiben, nicht wahr? Dafür könnten Sie dort einziehen, Emily … sofern Sie bleiben können, um Hester zu helfen. Mary wird auf Hester aufpassen, während Sie Ihrem Vater Bescheid sagen und Ihre Sachen holen.“
Erst als sich alle vor dem Abendessen im Salon versammelten, kam Emily dazu, Lord Lensborough über Hesters Zustand zu informieren.
„Sie hat den größten Teil des Tages geschlafen. Danach hatte sie immer noch Kopfschmerzen und einen rauen Hals, aber ihr Fieber ist nicht mehr so hoch. Mary bringt ihr etwas zu essen hinauf, und ich gehe jetzt kurz nach Hause, um meine Sachen zu holen. Lady Gregory hat mich gebeten, Hester noch eine Weile zu pflegen.“
„Kann ich Ihnen vielleicht beim Tragen helfen?“, fragte Mr. Farrar.
„Das ist sehr freundlich von Ihnen“, erwiderte Lady Gregory, während Emily noch zögerte. „Der Reverend wird Sie dann sicher zum Essen einladen, sodass Emily genug Zeit zum Packen bleibt.“
Während Stephen an Emilys Seite trat, wandte sie sich an Lord Lensborough. „Vielen Dank für alles, was Sie für meine Freundin getan haben, Mylord. Sie haben zur rechten Zeit eingegriffen.“
„Wird Ihnen jemand bei der Pflege helfen?“ Lensborough warf einen Blick auf die beiden Schwestern, die schon wieder auf dem Sofa die Köpfe zusammengesteckt hatten und kicherten. Es kostete ihn all seine Willenskraft, ihnen wegen ihrer Selbstsucht und Gedankenlosigkeit nicht die Meinung zu sagen. Hester hatte schweigend so vieles über sich ergehen lassen, und sie waren derart verwöhnt, dass es ihnen nicht einmal in den Sinn kam, sich für ein Stündchen an ihr Bett zu setzen.
Emily warf ihm einen langen Blick zu. „Lady Gregory fürchtet, Harry könnte sich anstecken. Bei einer Grippe vor einigen Jahren wäre er beinahe gestorben, und Hester würde es sich nie verzeihen, wenn er jetzt zu Schaden käme.“
Er nickte. Er hatte die Angst der Familie vor einer Ansteckung unterschätzt. Außerdem wusste außer ihm niemand, was Hester gestern wirklich durchgemacht hatte.
„Und Sie, Miss Dean? Fürchten Sie sich nicht vor einer Infektion?“
„Oh, ich werde niemals krank.“ Sie warf Mr. Farrar einen giftigen Blick zu und erläuterte: „Krankheit ist ein Luxus, den die Armen sich nicht leisten können.“
Als die beiden gegangen waren, wandte Lensborough sich dem Fenster zu und starrte in den dunklen Park hinaus, doch Julias Spiegelbild in der Scheibe lenkte ihn ab. Er seufzte. Er wäre dem armen Mädchen ein furchtbarer Ehemann geworden.
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