Stürmische Begegnung - zauberhafte Eroberung
Mutter, aber ich erkenne ein gewisses Potenzial.“
Hester war zu aufgeregt, um beleidigt zu sein. „Sie kannten meine Mama?“
„Aber ja. Sie hatte Rückgrat. Sie hätte sich niemals von irgendwelchen Schnepfen verunglimpfen lassen wie Sie bei Ihrer ersten Ballsaison. Warum haben Sie sich nicht zur Wehr gesetzt?“
„Ich hatte Sorge, dass ich die Beherrschung verliere und jemanden beleidige, was Henriettas Chancen hätte mindern können.“
„Man kann lernen, mit Beleidigungen umzugehen, ohne die Beherrschung zu verlieren.“ Sie trank einen Schluck heiße Schokolade. „Es war dumm von Ihrer Tante, Sie aufs Parkett zu schubsen, ohne Sie richtig darauf vorzubereiten.“
Als Hester erstarrte, fügte sie hinzu: „Ja, ich weiß, dass sie eine liebe Person ist. Lieb, aber keine Geistesgröße. Sie hätte Sie warnen müssen, dass man sich auf dem Parkett nicht die geringste Blöße geben darf, da diese Hyänen hemmungslos zuschnappen.“
Hester schluckte. „Wie können die Leute nur so grausam sein?“
Lady Lensborough sah sie mit großen Augen an. „Soll das heißen, dass Sie es nicht genießen würden, irgendeiner anmaßenden Person eins auszuwischen?“
„Nicht, wenn das diese Person verletzen würde.“
Sie seufzte. „Und Sie können sich vermutlich auch nicht vorstellen, jemals mit irgendeinem Stutzer zu flirten, ohne rot zu werden?“
Prompt lief Hester rot an. „Es ist nicht so sehr das, was die Männer sagen“, erklärte sie, „als vielmehr die Art, wie sie mich ansehen.“
„Sie ziehen Sie mit ihren Blicken aus, nicht wahr?“
„Genau.“ Hester rutschte unbehaglich auf ihrem Stuhl herum. „Und dann möchte ich ihnen nur noch entwischen, oder mich wenigstens verhüllen.“
„Warum haben Sie dann diese tief ausgeschnittenen Kleider getragen?“
„Das war in jenem Jahr die Mode.“
„Nun, meine Liebe, von jetzt an bestimmen Sie , was die Mode ist. Sie müssen einen Stil wählen, in dem Sie sich wohlfühlen und der Ihnen das Selbstvertrauen gibt, in der Öffentlichkeit den Kopf oben zu behalten. Die anderen werden alles nachäffen, was Sie vorgeben.“ Sie klopfte sich mit dem Zeigefinger ans Kinn und musterte Hester von Kopf bis Fuß. „Ich könnte mir vorstellen, dass rotes Haar der letzte Schrei wird, und ein paar dumme Hühnchen werden sogar anfangen, sich künstliche Sommersprossen aufzumalen.“
Energisch setzte sie die Schokoladentasse ab. „Wir werden gar nicht erst versuchen, Ihre Makel zu kaschieren. Sie sind schließlich die Person, die der Marquis of Lensborough zu seiner Frau erwählt hat, und sein Geschmack steht nicht zur Diskussion. Ich stehe hinter Ihnen, Mädchen. Sobald irgendjemand Ihnen Schwächen unterstellt, müssen Sie mit genau dem Blick reagieren, den Sie hatten, als Sie mein Zimmer betreten haben – das dürfte jede Kritik im Keim ersticken. Und was die Männer angeht: Nun, Sie sind kein Freiwild mehr. Wer Ihnen zu nahe tritt, beleidigt zugleich Lord Lensborough. Kein Mann wird Sie ungestraft abschätzig behandeln.“
Hester schloss die Augen und schwelgte in einer Erinnerung: Lionel, wie er im Gasthof mit blutender Nase zu Boden gegangen war.
„Nun, was würden Sie heute gerne unternehmen?“ Diese Frage katapultierte Hester unsanft in die Gegenwart zurück. „Die große Runde können wir erst machen, wenn Sie neu ausgestattet sind. Sobald Sie sich also hinreichend erholt haben, sollte ich Sie mit meiner Schneiderin bekannt machen.“
Hester sah der Marquise direkt in die Augen. „Sie sind so … Und ich dachte, Sie könnten mich nicht ausstehen.“
Lady Lensborough versuchte ein Lächeln zu unterdrücken. „Sagen wir einfach, mir ist ein Licht aufgegangen. Und ich freue mich darauf, die Aufgabe zu bewältigen, die Sie darstellen. Ich habe den Ehrgeiz, jedes Spiel zu gewinnen – ganz gleich, welche Karten das Schicksal mir zuteilt.“
Auf einmal kam Hester die Luft furchtbar stickig vor. Die Marquise mochte ja Vergnügen daraus ziehen, die Gesellschaft zu zwingen, Lord Lensboroughs Gattin zu akzeptieren, aber sie selbst fühlte sich zu Schachfigur degradiert. Sie musste unbedingt ins Freie.
„Ich würde heute gerne einige Freundinnen treffen, wenn Sie nichts dagegen haben.“
„Oh – jemand, den ich kenne?“
„Ich glaube nicht.“ Hester erklärte ihr, wer Mrs. Parnell war und was sie tat.
„Interessant.“ Lady Lensborough biss nachdenklich in ein dick mit Honig bestrichenes Brötchen. „Mildtätige Werke …“ Sie winkte mit
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