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Stürmische Begegnung

Stürmische Begegnung

Titel: Stürmische Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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lang sam tickenden Uhr an der Wand. „Jetzt ist er gerade weg. Sie werden etwas warten müssen.“
    „Kann ich nicht telefonisch ein Taxi bestellen?“
    „Jetzt im Winter sind Taxen nicht sehr gefragt.“
    Ich ließ meinen Rucksack auf die Erde rutschen, und wir stan den, von der Härte des Schicksals schier überwältigt, da und sahen uns an. Meine Füße verwandelten sich allmählich in Eis klumpen. Plötzlich wurde das Geräusch des Sturms vom Motor eines Autos übertönt, das schnell den Hügel von der Haupt straße herunterkam.
    Ich hob die Stimme, um meinen Worten Nachdruck zu verlei hen. „Ich muß ein Taxi haben. Wo kann ich telefonieren?“
    „Da drüben ist eine Telefonzelle…“
    Ich wandte mich um und ging, den Rucksack hinter mir her schleifend, in die Richtung, in die er zeigte. Dabei hörte ich, wie das Auto draußen auf dem Bahnhofsplatz hielt. Eine Tür wurde zugeschlagen, jemand näherte sich im Laufschritt, und dann stieß ein Mann die Tür auf und kam in die Halle. Er schüttelte sich wie ein nasser Hund, ehe er durch die Halle ging und im Lagerraum verschwand.
    Ich hörte, wie er sagte: „Hallo, Ernie. Ich glaube, hier ist ein Paket für mich. Aus London.“
    „Tag, Mr. Gardner. Scheußlicher Abend.“
    „Ja. Die Straße steht unter Wasser. Das da sieht so aus… das da drüben. Ja, das ist es. Soll ich unterschreiben?“
    „O ja, das ist Vorschrift. Da…“
    Ich stellte mir vor, wie ein Blatt Papier auf einem Tisch ausein andergefaltet wurde, wie Ernie einen Bleistiftstummel hinter dem Ohr hervornahm. Und ich konnte mich beim besten Willen nicht erinnern, wo ich die Stimme schon einmal gehört hatte oder warum ich sie so gut kannte.
    „Sehr gut. Vielen Dank.“
    „Keine Ursache.“
    Ich vergaß für den Augenblick Telefon, Taxi und alles, starrte auf die Tür und wartete. Schließlich kam er heraus, in den Armen ein großes Paket mit roten Vorsicht-Glas-Aufklebern. Ich sah die langen Beine, die bis zum Knie mit Schmutz vollgespritzten Jeans und eine glänzende schwarze Öljacke, an der Wassertrop fen herunterliefen. Sein schwarzes Haar klebte am Kopf, und nun erblickte er mich und blieb, das Paket wie eine Opfergabe vor sich haltend, wie angewurzelt stehen. Die großen dunklen Augen sahen mich verwirrt an, dann lächelte er. „Großer Gott!“
    Es war der junge Mann, der mir die beiden Kirschholz-Stühle verkauft hatte.
    Ich stand mit offenem Mund da und hatte das unbestimmte Gefühl, irgend jemand hätte mir einen schlechten und unfairen Streich gespielt. Wenn ich jemals einen Freund gebraucht hatte, dann in diesem Moment, aber das Schicksal hatte beschlossen, mir so ziemlich den letzten Menschen zu schicken, den ich Wie dersehen wollte. Und daß er mich so, pudelnaß und niedergeschlagen, zu Gesicht bekam, war buchstäblich der letzte Trop fen.
    Sein Lächeln wurde breiter. „Was für ein phantastischer Zu fall. Was machen Sie hier?“
    „Ich bin eben aus dem Zug gestiegen.“
    „Und wohin wollen Sie?“
    Ich mußte es sagen. „Nach Porthkerris.“
    „Werden Sie abgeholt?“
    Um ein Haar hätte ich gelogen und ja gesagt. Alles, um ihn loszuwerden. Aber ich wurde jedesmal rot, wenn ich log, und er würde die Wahrheit bestimmt erraten. „Nein“, sagte ich und zwang mich, möglichst gelassen fortzufahren, als ob ich sehr gut allein zurechtkommen könnte: „Ich wollte mir gerade ein Taxi bestellen.“
    „Das kann Stunden dauern. Ich fahre nach Porthkerris, ich nehme Sie mit.“
    „Oh, Sie brauchen sich meinetwegen keine Umstände zu ma chen …“
    „Es ist kein Umstand, ich muß sowieso hin. Ist das Ihr ganzes Gepäck?“
    „Ja, aber…“
    „Dann kommen Sie.“
    Ich zögerte immer noch, aber er schien die Angelegenheit als erledigt zu betrachten, ging voran und hielt mir die Tür auf. Schließlich gab ich mir einen Ruck, trat vorsichtig an ihm vorbei und stand in der tosenden Dunkelheit. Wir gingen hinüber zu dem Mini-Pritschenwagen, dessen Parkleuchten brannten. Mein Begleiter stellte das Paket behutsam auf die Ladefläche, nahm meinen Rucksack, legte ihn daneben und deckte beide nachlässig mit einer alten Plane zu. „Steigen Sie ein“, sagte er, „es hat keinen Sinn, wenn wir beide noch mal naß werden.“ Ich tat es und schob mir die Reisetasche zwischen die Beine. Er schwang sich auf den Fahrersitz, knallte die Tür schrecklich laut zu und ließ fast gleichzeitig, als hätte er keine Sekunde zu verlieren, den Motor an. Wir brausten den Hügel hinauf, und einen

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