Stürmische Begegnung
Ordnung“, sagte Mollie, und ihre Stimme bebte nur ein klein wenig. „Jetzt ist ja alles wieder gut. Komm, wir gehen nach oben.“
Sie zog Andrea sanft vom Sofa, aber Andreas Beine gaben nach, und sie drohte zu Boden zu sinken. Morris, der ihr am nächsten stand, trat vor, hielt sie fest und hob sie mit überra schender Kraft auf seine dünnen Arme.
„So“, sagte Mollie. „Morris bringt dich nach oben. Bald ist alles wieder gut…“ Sie ging zur Tür. „Bitte hier entlang, Mor ris.“
„Okay“, sagte Morris, der kaum eine andere Wahl hatte.
Ich beobachtete Andreas Gesicht. Als Morris zur Tür ging, schlug sie die Augen auf und sah mich an, unsere Blicke begegne ten sich und hielten einander fest. In diesem Moment wußte ich, daß sie log. Und sie wußte, daß ich es wußte.
Sie legte den Kopf an Morris’ Brust und fing wieder an zu weinen. Unmittelbar danach ging er mit ihr aus dem Zimmer.
Wir lauschten seinen schweren Schritten in der Diele und hör ten, wie er die Treppe hinaufging. Dann bemerkte Eliot, mit be wundernswerter Untertreibung: „Eine dumme Geschichte.“ Er blickte Grenville an. „Soll ich die Polizei jetzt gleich benachrich tigen, oder warten wir noch?“
Grenville machte endlich den Mund auf. „Wer hat etwas da von gesagt, daß wir die Polizei benachrichtigen sollen?“
„Du willst doch wohl nicht, daß er ungestraft davonkommt?“
„Sie hat gelogen“, stellte ich fest.
Beide Männer sahen mich überrascht an. Grenvilles Augen wurden schmal, und er wirkte wie die Statue eines zornigen Got tes. Eliot runzelte die Stirn. „Wie bitte?“
„Vielleicht stimmt irgend etwas an ihrer Geschichte. Wahr scheinlich das meiste. Aber sie hat trotzdem gelogen.“
„Inwiefern?“
„Du hast doch selbst gesagt, daß sie in Joss verknallt war. Sie wäre ihm am liebsten nicht von der Seite gewichen. Sie hat mir erzählt, daß sie oft in seiner Wohnung gewesen ist, und es muß wahr sein, weil sie sie genau beschrieben hat, und jede Einzelheit stimmt. Ich weiß nicht, was heute abend geschehen ist. Aber ich weiß, daß sie sofort mit zu ihm gegangen wäre, wenn er es ge wollt hätte. Auf der Stelle.“
„Wie erklärst du dann die Beule an ihrer Schläfe?“ fragte Eliot wie aus der Pistole geschossen.
„Ich weiß nicht. Ich sagte ja, daß vieles an ihrer Geschichte stimmen kann. Aber anderes hat sie ganz bestimmt erfunden.“
Grenville bewegte sich. Er hatte lange wie versteinert dage standen. Nun ging er zu seinem Sessel und ließ sich langsam hin einsinken.
„Wir können feststellen, was wirklich geschehen ist“, sagte er dann.
„Wie denn?“ sagte Eliot fast im selben Moment.
Grenville wandte den Kopf und sah ihn an. „Wir brauchen nur Joss zu fragen.“
Eliot gab einen verächtlichen Laut von sich.
„Wir werden ihn fragen. Und dann werden wir die Wahrheit hören.“
„Er weiß nicht, was Wahrheit bedeutet.“
„Du hast kein Recht, das zu sagen.“
Eliot verlor die Beherrschung. „Mein Gott, muß man dir die Wahrheit denn ins Gesicht werfen, damit du sie erkennst?“
„Sprich nicht in diesem Ton mit mir.“
Eliot starrte den alten Mann ungläubig und angewidert an. Als er wieder sprach, war es kaum mehr als ein Flüstern: „Ich habe genug von Joss Gardner. Ich habe ihm nie getraut und ihn nie gemocht. Ich halte ihn für einen Schwindler, einen Dieb und einen Lügner, und ich weiß, daß ich recht habe. Und eines Ta ges wirst du es auch wissen. Dies ist dein Haus. Das akzeptiere ich. Ich werde aber nicht akzeptieren, daß er sich das Recht nimmt, es sich anzueignen und uns dazu, nur weil er zufäl lig …“
„Eliot!“ rief ich warnend. Er drehte sich zu mir um, blickte mich an. Es war, als hätte er vergessen, daß ich da war. „Eliot, bitte. Hör auf.“
Er sah auf sein Glas hinunter, trank es mit einem einzigen Schluck leer. „Meinetwegen“, sagte er schließlich. „Ich werde vorerst nichts mehr sagen.“
Er ging zum Sideboard, um sich noch einen Whisky einzu schenken. Während Grenville und ich ihm schweigend zusahen, kam Morris Tatcombe ins Zimmer zurück.
„Ich gehe dann wieder“, sagte er.
Eliot drehte sich um und sah ihn an. „Geht es ihr einigerma ßen?“
„Hm, sie ist oben. Ihre Mutter ist bei ihr.“
„Trinken Sie noch etwas, bevor Sie gehen.“
„ Nein, ich muß weiter.“
„Wir können Ihnen nicht genug danken. Was wäre gesche hen, wenn Sie sie nicht gefunden hätten…“ Er verstummte, und der unvollendete Satz beschwor
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