Stürmische Eroberung
mein Benehmen heute Nachmittag um Ihre Vergebung bitten. Es war tatsächlich unentschuldbar. Aber ich konnte ja nicht wissen, dass Sie Thomas' Schwester sind."
"Andernfalls hätten sie dann wohl eine andere arme Frau mit Ihren Aufmerksamkeiten belästigt", entgegnete Prudence und sah zur Seite, um sich nicht ganz in seinen Augen zu verlieren.
Die Verachtung, die in ihrer Stimme gelegen hatte, war Lucas nicht entgangen. Er ließ sich ein wenig Zeit mit der Antwort und erwiderte dann ruhig: "Ich habe mich niemals einer Frau aufgedrängt oder versucht, mir etwas zu nehmen, das man mir nicht freiwillig darbot. Ich darf Ihnen versichern, Miss Fairworthy, dass ich Ihrem Anblick heute bei der Prozession schlicht nicht widerstehen konnte. Sie waren die bei weitem hübscheste Frau in der Menge."
Prudence fühlte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg, und sie war froh, dass die Dunkelheit die Röte verdeckte. Der Blick dieses Mannes gefiel ihr nicht. Er war kühn, beinahe dreist und mehr als selbstbewusst. "Zweifellos versichern Sie dies jeder Frau, Lord Fox. Doch bei wie vielen war es Ihnen damit ernst?"
"Nur bei jenen, die mir wirklich gefallen haben. Und ich pflege nicht zu lügen. Da wir bald wieder Nachbarn sein werden und Sie noch dazu Thomas' Schwester sind, hatte ich gehofft, wir würden Freunde", erklärte er selbstsicher.
Prudence traute ihren Ohren kaum. Welch ungeheuerliche Arroganz! "Das dürfte ganz unmöglich sein", widersprach sie. "Ihre Bekanntschaft mit meinem Bruder räumt Ihnen keine Rechte ein, was mich angeht." Herausfordernd sah sie ihn an. "Außerdem werde ich den Schaden nicht so schnell vergessen, den Sie heute meinem Ruf zugefügt haben, Lord Fox."
"Bestimmt wird Thomas mir dafür einen bösen Vortrag halten", stimmte Lucas zu. "Und zu Recht. Früher einmal hätte mich unser Zusammentreffen bei der Prozession dazu verpflichtet, Sie zu heiraten, aber an einem Tag wie heute, an dem die Gefühle und Leidenschaften hochkochen, wird Ihr Bruder mich wohl davonkommen lassen. Immerhin wird England unter König Charles ein freizügigeres Land werden als zu Zeiten der Puritaner."
"Verlassen Sie sich darauf, dass ich meinen Bruder persönlich dazu drängen werde, keine solchen Ansprüche an Sie geltend zu machen", gab Prudence zurück.
Lucas schenkte ihr ein teuflisches Lächeln. "Wie wäre es dann, wenn wir es noch einmal versuchten – diesmal ohne großes Publikum?" fragte er leise und hob fragend eine Braue.
Prudence klopfte das Herz wild in der Brust. "Wagen Sie es nicht, mir näher zu kommen", erklärte sie verzweifelt. "Ich habe Ihnen den letzten Kuss noch nicht verziehen. Wenn Sie mich jetzt schon wieder küssen, werde ich Ihnen mit Sicherheit niemals vergeben", entgegnete sie heftig. Sie spürte, wie begehrlich er sie ansah, und ihr wurde heiß. Er schien ihre Gedanken und Empfindungen lesen zu können, als sei sie ein offenes Buch.
Ihre Furchtsamkeit schien ihn nur weiter zu reizen. "Mein Gott, was sind Sie hartherzig. Aber immerhin habe ich jetzt eine neue Aufgabe. Ich werde Sie davon überzeugen, Ihre Meinung von mir zu ändern."
"Derlei Anstrengungen sind vollkommen überflüssig. Ich habe keineswegs ein fest gefügtes Bild von Ihnen, Lord Fox."
"Oh doch, meine Liebe. Sagen Sie, Miss Fairworthy, hat es Ihnen denn gar so sehr missfallen, mich zu küssen?" fragte er, und sein bewundernder Blick glitt von ihrem Gesicht zu ihrem Dekolleté.
"Ich habe Sie nicht geküsst", konterte sie und verschränkte schützend die Arme vor der Brust. Wenn ihr doch nur eine Bemerkung einfallen wollte, die seine entsetzliche Selbstsicherheit erschüttern könnte!
Wissend lächelte er. "Aber Sie haben meinen Kuss erwidert. War dies vielleicht ihr erstes Mal?"
Prudence' Wangen schienen jetzt zu brennen, und sie glaubte, ihr müssten vor Wut beinahe Flammen aus den Augen schlagen. "Das geht Sie überhaupt nichts an. Der Teufel möge Sie holen für Ihre Frechheiten, Sir. Und außerdem habe ich Ihren Kuss keineswegs erwidert!"
"Oh doch."
"Ich … ich war lediglich überrascht. Das ist schon alles", entgegnete sie schwach.
Thomas' Schritte waren so leise, dass Lucas zunächst glaubte, er müsste sich geirrt haben, doch als er sich umdrehte, stand sein Gastgeber vor ihm.
Thomas hatte endlich doch noch erkannt, weshalb Prudence so blass geworden war bei ihrem Gespräch. Sie hatte Adam schließlich nicht zufällig den Blumenstrauß überreicht bei der Prozession. All die Jahre des Exils musste sie in ihn
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