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Stürmische Eroberung

Stürmische Eroberung

Titel: Stürmische Eroberung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dickson
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Sehnsucht, ja, eine regelrechte Wehmut erfasst zu haben. So verletzlich und offen hatte sie ihn noch nie erlebt.
    "Woran denken Sie?" fragte sie sanft und spielte mit einem Grashalm.
    "An Konstantinopel", antwortete er wahrheitsgemäß. "An die Dächer der Stadt, die im Sonnenlicht schimmern, an die Minarette und das blaue Wasser am Goldenen Horn."
    "Oh!" rief sie überrascht. "Erzählen Sie mir doch bitte davon!"
    "Wenn Sie denn etwas darüber hören wollen … Meinen ersten Blick auf die Stadt hatte ich von der See aus. Es war atemberaubend! Wie Magie. Die gewölbten Dächer und Minarette schienen fast in der Luft zu schweben – wie eine Fata Morgana in der Wüste."
    Prudence legte den Kopf schräg und lauschte ergriffen. Dieser Mann war einfach unbeschreiblich. "Weshalb unternahmen Sie Ihre Reisen in den Orient?" fragte sie eifrig.
    Er zuckte abwehrend mit den Schultern. Offenbar war es ihm unangenehm, Einzelheiten aus jenen Jahren zu berichten. "Abenteuer und exotische Schönheit. Ich wollte unbedingt nach Indien."
    "Und wurden Ihre Erwartungen dann enttäuscht?"
    "Oh nein! Es gibt wohl niemanden, den der erste Blick auf Konstantinopel nicht beeindruckt."
    Ein angenehmer Schauer lief ihr über den Rücken, als sie daran dachte, was sie in den Büchern über den geheimnisvollen Orient gelesen hatte. "Aber sind die Ottomanen nicht blutdürstige Barbaren, die ihre Feinde niedermetzeln oder versklaven?"
    "Einige schon. Das Leben am Hofe des Sultans kann grausam und gefährlich sein. In dieser Welt bestimmen allein die Männer – und die Großmutter des gegenwärtigen Herrschers. Als ich ihn kennen lernte, war der Sultan übrigens gerade einmal siebzehn Jahre alt."
    "Wie lange blieben Sie dort?"
    "Fast drei volle Jahre."
    "Himmel, dann muss es Ihnen dort ja wirklich gut gefallen haben."
    "Ja, so war es wohl. Ich lebte im Palast des Sultans", erklärte er und lächelte sie an.
    Erstaunt, dass er derart vertraulich mit ihr sprach, schaute sie ihn verwundert an. "Und wie kamen Sie zu einer solchen Ehre?"
    "Indem ich dem Mann das Leben rettete. Danach war er mir zu Dank verpflichtet."
    Prudence lauschte so gebannt, als wäre sie ein kleines Mädchen, dem man ein Märchen vorlas. "Liebe Güte! Wie das?"
    "Er wäre um ein Haar ertrunken. Ich segelte auf einem Schiff über den Bosporus, das mit der Barke des Sultans Mehmet zusammenstieß. Bedauerlicherweise war der große Gebieter persönlich an Bord. Er ging samt seiner wichtigsten Berater sangund klanglos unter. Aber da ich ja ein zuvorkommender Mensch bin, sprang ich hinterher und zog ihn aus dem Wasser. Obwohl ich dies kaum für eine große Heldentat hielt, erwies er mir aufs Großzügigste seine Dankbarkeit. Der Erlauchte belohnte mich mit seiner Freundschaft und einem Platz bei Hofe."
    Prudence sah ihn mit einem Mal nachdenklich an. "Aber was taten Sie denn auf einem Schiff vor Konstantinopel, wenn Sie eigentlich nach Indien wollten?" fragte sie. "Zu meiner Erziehung gehörte auch Unterricht in Geographie, und wenn ich mich nicht schrecklich irre, waren Sie da auf dem falschen Weg."
    Betreten wandte Lucas sich ab. Offenbar war ihm die Frage unangenehm.
    Plötzlich wurde ihr alles klar. "Lucas!" rief sie. "Waren Sie ein Sklave?"
    Ein wenig verlegen erwiderte er ihren forschenden Blick. "Ja, es stimmt. Ich war damals ein Sklave. Man hatte mich gefangen genommen und an einen Pascha in Algier verkauft. Der nahm mich mit nach Konstantinopel." Er zwinkerte ihr verschwörerisch zu. "Nun – was halten Sie jetzt von mir? Das dürfte kaum der Stoff sein, aus dem Helden gemacht sind. Und ich wäre auch nicht eben erfreut, wenn die Angelegenheit weit und breit bekannt würde. Immerhin stand ich bisher in dem Ruf, waghalsig und tapfer zu sein und der Gefahr auf dem Schlachtfeld kühl ins Auge zu blicken", protzte er im Spaß. "Sollte die Wahrheit herauskommen, kann ich mich bei meinen Freunden nicht mehr blicken lassen."
    "Das ist leider wahr." Sie erwiderte sein Lächeln. "Andererseits war es ja nicht Ihre Schuld, dass Sie in Gefangenschaft gerieten. Zudem ist die Geschichte ja geradezu märchenhaft abenteuerlich."
    "Oft glaubte ich, das alles müsse nur ein Traum gewesen sein. Aber Solomon ist der lebende Beweis dafür, dass sich das Ganze wirklich so zugetragen hat."
    "Und als Sie den Sultan gerettet hatten, machte der Pascha Sie diesem Mann zum Geschenk?"
    "Genau. Für ihn war es eine Ehre, sich dem Sultan so großzügig zeigen zu können. Für mich war es jedoch ganz und

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