Stuermische Gefahr
Augen hatte ihn am meisten berührt. Da war so viel unterdrückter Schmerz und Wut. Sie musste den Mann abgrundtief hassen. Was kein Wunder war, denn Lance ertappte sich dabei, den Patienten, der auf seinem Tisch lag, von Minute zu Minute widerwärtiger zu finden.
Die Narkose wirkte , und er begann, Anweisungen zu geben und die Sonde in die Nase einzuführen. Turner schien ein wenig nervös zu sein. Ruhig beantwortete Lance dessen Fragen. Rosa arbeitete still vor sich hin. Sie hatte nicht ein Wort gesagt, seit sie in diesem Raum war, nur genickt, als er ihr den Ablauf erklärt e . Er hatte das entartete Zellgewebe lokalisiert und beobachtete sein eigenes Tun am Bildschirm. Rosa tupfte ihm den Schweiß von der Stirn und ihre Blicke trafen sich.
Es traf ihn bis in die Zehenspitzen. Er hatte jetzt Cameron Evans Leben in der Hand.
Wäre Rosa an seiner Stelle, würde Evans diese Operation nicht überleben.
Es war, als könnten sie sich ohne Sprache verständigen. Aber er konnte es nicht tun. Er hatte es ein Mal getan. Damals war es das Richtige gewesen. Jetzt und hier wäre es Mord. Er war Arzt geworden , um Leben zu retten, nicht um es zu nehmen. Fast nicht wahrnehmbar schüttelte er den Kopf. Sie schaute resigniert auf Evans. Dann sah sie ihn wieder an. Sie verstand ihn. Aber sollte sie je die Gelegenheit haben, hätte Evans von ihr keine Gnade zu erwarten. Was hatte er ihr nur angetan? Lance konzentrierte sich auf seine Arbeit. Er musste einen Weg finden diese Frau hier rauszuschaffen, bevor sie etwas tat, das ihr Leben zerstören würde.
New Orleans
Als Scarlett von der Nachtschicht kam, duftete es köstlich nach frisch gebackenen Waffeln. Sie ließ ihre Tasche auf den Boden fallen und betrat die Küche. Zu Hause. Zum ersten Mal seit sie in dieses Appartement gezogen war, hatte sie das Gefühl ein echtes Zuhause zu betreten.
Die Zweifel, die sich während der Nacht in ihren Eingeweiden ausgebreitet hatten , waren wie weggeblasen und auch die kleine Stimme in ihrem Hinterkopf verschwand. Sie musste ihn nur betrachten und ihr Herzschlag verdreifachte sich. Die blonden Haare waren ihm in die Stirn gefallen. Sie musste auf ihn zugehen und sie ihm zurückstreichen. Diese blauen Augen machten sie wahnsinnig. Er hielt sie fest und küsste sie. Als sie sich endlich voneinander lösten , strahlte er.
„Ich dachte, du hast bestimmt Hunger, wenn du nach Hause kommst.“
Ihr Magen knurrte. Der Tisch war gedeckt und sie setzten sich. „Wow. Ich kann das nicht. Ein paar Pfannkuchen kriege ich hin und auch Rühreier mit Speck, aber bei belgischen Waffeln und Muffins hört es auf.“
„Ich habe die oft für meinen Bruder gemacht.“
Überrascht hielt sie inne und legte die Gabel auf den Teller. „Du erinnerst dich?“
„Als ich anfing , die Waffeln zu machen, wusste ich, dass ich das schon oft gemacht habe. Ich habe ganz viele Bilder in meinem Kopf. Er ist mindestens sechs Jahre jünger als ich. Ich habe mich um ihn gekümmert. Ihn großgezogen.“
„Erinnerst du dich, was mit deinen Eltern passiert ist?“
Er verzog ein wenig den Mund. „Nein, und an meinen Namen kann ich mich auch immer noch nicht erinnern. Aber ich bin verdammt nah dran.“
„Das glaube ich auch.“ Sie freute sich für ihn und konnte nicht aufhören ihn zu betrachten. Das Spiel der Muskeln an den Unterarmen, während er die Gabel zum Mund führte, die sinnlichen Lippen, wenn sie die Gabel umschlossen. Das markante Kinn, die hohen Wangenknochen, all das musste sie betrachten und sich einprägen. „Ich habe dir Tabletten aus dem Krankenhaus mitgebracht.“
Seine blauen Augen verdunkelten sich. „Ich hab doch gesagt, du sollst das nicht tun.“ Er griff nach ihrer Hand. „Ich hab dich schon genug in Schwierigkeiten gebracht.“
„Keiner hat es gemerkt und keiner wird mir was nachweisen können.“ Ganz stimmte das nicht, denn Lily wusste von ihrer Tat. Aber das würde sie John nicht sagen. Er hatte seine Hand wieder weggenommen , und sofort vermisste sie seine Berührung. Wie sollte es erst werden, wenn er nicht mehr da war? Er sah sie ernst an , und ihr wurde noch schwerer ums Herz.
„Ich denke, ich werde mich sehr bald an alles erinnern. Wenn du einverstanden bist, werde ich morgen verschwinden. Bis dahin sollte ich genug Anhaltspunkte haben , um meinen Bruder zu finden oder aufzuklären, wer mich ermorden will.“
„Du sagst das so, als würdest du mal eben in den Supermarkt gehen. Du kannst doch nicht allein
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