Stürmische Liebe in Cornwall
Auf jeden Fall war es ein seltsam dumpfer Klang gewesen, und obwohl es seitdem still geblieben war, konnte sie es nicht dabei belassen. Die Kerze fest umklammernd, schlich sie auf bloßen Füßen die Stufen hinab.
Da ihr Zimmer nach hinten heraus lag, wandte sie sich, in der Halle angekommen, in diese Richtung. Plötzlich sah sie ein flackerndes Licht im Gang zu den Wirtschafts- und Bedienstetenräumen. Offensichtlich kam jemand aus diesem Flügel. Unsicher, wie sie sich verhalten sollte, blies sie erst einmal ihr Licht aus und zog sich in den Schatten einer großen Standuhr zurück.
Eine Gestalt bewegte sich auf die Halle zu, eindeutig ein Mann. Der Schein seiner Kerze beleuchtete sein Gesicht. Es war Mr. Hambleton! Einen Moment zögerte Marianne, dann trat sie vor und sprach ihn an. „Sie haben mich erschreckt, Sir. Ich hielt Sie für einen Eindringling.“
Da sie außerhalb des Lichtkreises stand, war sie im Vorteil. Wie ertappt fuhr er zusammen.
„Was machen Sie hier, Miss Horne?“, fragte er. „Und ohne Licht?“
„Als ich Ihr Licht sah, löschte ich meine Kerze. Ich hatte nämlich ein Geräusch gehört und kam hinunter, um nachzusehen.“ Ihr fiel auf, dass er vollkommen bekleidet war, was um diese Zeit an sich schon merkwürdig war, außerdem hingen Spinnweben an einem seiner Ärmel.
Joshua verharrte einen Moment stumm, dann sagte er: „Also hörten Sie es auch? Dann bin ich Ihnen wohl zuvorgekommen. Ich ging nämlich ebenfalls hinunter, um zu sehen, was es war. Möglicherweise hörten Sie, wie ich die Türen und Fenster überprüfte.“
„Oh …“ Sie glaubte ihm nicht ganz, wenn sie auch nicht wusste, warum. „Ob wir besser die Dienerschaft wecken?“
„Nicht nötig, ich habe mich vergewissert, dass alles verschlossen ist“, erklärte er, doch für Mariannes Ohren klang er ein wenig ärgerlich. „Bestimmt war es nur der Wind, der sich in einem Fensterladen fing, oder etwas dergleichen. Kein Grund, Lärm zu schlagen. Wir würden nur Lady Edgeworthy beunruhigen.“
„Ja, das stimmt natürlich. Dann will ich wieder zurück in mein Zimmer gehen. Gute Nacht, Sir.“
„Hier …“ Er hielt ihr seine Kerze hin. „Zünden Sie Ihr Licht wieder an. Und wenn Sie wieder einmal nachts hinuntergehen, würde ich Ihnen zu mehr Vorsicht raten. Wäre wirklich jemand ins Haus eingedrungen, hätte es für Sie recht unangenehm enden können.“
„Ja, mag sein. Welch glücklicher Umstand, dass Sie hier sind, um sich unserer Sicherheit anzunehmen.“
Marianne wandte sich ab und stieg, mit einer Hand die Kerzenflamme schützend, die Treppe hinauf. Zurück in ihrem Zimmer schloss sie die Tür ab, stellte die Kerze auf das Nachtschränkchen und ließ sich auf die Bettkante sinken. Wo, fragte sie sich, war Joshua gewesen, und warum bin ich so sicher, dass er mich belogen hat? Er behauptete, er sei einem ungewohnten Geräusch nachgegangen, sie aber glaubte, dass er den Lärm verursacht hatte, und fand sein Verhalten verdächtig. Auf jeden Fall hatte er sie daran gehindert, herauszufinden, was er getrieben hatte – und sie war überzeugt, dass er aus unerwünschten Gründen mitten in der Nacht im hinteren Flügel des Hauses herumgeschlichen war. Sie überlegte, ob er nicht doch das Stärkungsmittel der Tante mit Laudanum versetzt hatte. Ihm als Haupterben brachte Tante Berthas Tod am meisten ein.
Ach, wie abscheulich, so etwas überhaupt in Betracht ziehen zu müssen! Sie mochte es nicht einmal denken, doch Tante Bertha zählte auf ihre Hilfe, deshalb musste sie alles tun, um einen weiteren Anschlag zu verhindern.
Von Zittern erfasst, legte sie sich nieder und zog sich die Decke bis ans Kinn.
4. KAPITEL
Am nächsten Morgen fegten immer noch von der See her schwere Regengüsse übers Land, sodass Marianne sich ans Haus gebunden sah. Sie erledigte deshalb einige kleinere Aufgaben, obwohl ein so wohlgeführter Haushalt nur wenige Tätigkeiten offenließ, wie etwa, die Vasen mit frischen Blumen zu versehen. Wenn ihr, was letzte Nacht geschehen war, auch noch im Kopf herumging, sah sie doch vorerst davon ab, ihrer Großtante davon zu erzählen, vor allem, da die alte Dame, als sie zum Frühstück erschien, erklärte, sie habe sich in der Nacht nicht gut gefühlt, und auch tatsächlich blass und müde aussah.
Erst später am Tage vertraute sie Marianne an: „Ich muss wohl gestern Abend mehr gegessen haben, als mir gut tat, deshalb nahm ich vor dem Schlafengehen einen Löffel voll von meiner Arznei – du
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