Stürmische Verlobung
»Er wird unsere Verlobung in zwei Tagen beim Ball der Cowpers offiziell bekanntgeben.«
Eliza klappte ganz undamenhaft die Kinnlade herunter. » Cowper ? Wie Lady Cowper - eine der Schirmherrinnen von Almack’s?«
»Selbige!« Grace strahlte. »Sie ist eine Busenfreundin von Lady Hawksmoor. Freust du dich denn nicht für mich, Schwester?«
»Aber … natürlich.« Eliza bückte sich und umarmte Grace fest. »Das ist eine wunderbare Neuigkeit.« Dann löste sie ihre Umarmung und richtete sich wieder auf. »Wenngleich es recht unerwartet kommt, oder?«
»Es mag dir so vorkommen. Aber nein, für mich kam sein Antrag ganz und gar nicht unerwartet.«
Als Eliza nichts sagte, sah Grace zu ihren Tanten. »Dürfte ich unter vier Augen mit Eliza sprechen, Tantchen?«
»Aber freilich doch, Liebes«, sagte Tante Viola. »Wir haben uns jetzt sowieso um andere wichtige Dinge zu kümmern. Eine Hochzeit .«
Tante Viola hakte sich bei ihrer Schwester ein und die beiden setzten sich Richtung Tür in Bewegung. »Kannst du es glauben? Wir werden eine Hochzeit vorbereiten.«
»Wir müssen uns sogleich ans Werk machen. Natürlich nehmen wir Lavendel. Alles muss in Lavendel gehüllt sein«, erwiderte Tante Letitia.
»Da stimme ich zu, Lavendel ist wirklich wunderbar. Obwohl … Sollten wir nicht vielleicht Grace fragen, welche Farbe sie bevorzugt«, stichelte Tante Viola, als die beiden das Haus betraten.
»Lieber Himmel, nein!«, scholl Tante Letitias Stimme aus dem Flur herüber. »Wer könnte denn etwas gegen Lavendel einzuwenden haben?«
Als ihre Tanten außer Hörweite waren, wandte Grace sich mit einem traurigen Lächeln zu Eliza um. »Setz dich bitte, Schwester. Ich fürchte, es gibt viel zu besprechen … darüber, was im Hyde Park geschehen ist, meine ich.«
»Ich möchte nicht darüber sprechen.« Eliza zog sich einen Stuhl vom Tisch heran und setzte sich. »Das habe ich dir und unseren Tanten bereits gestern gesagt.«
Grace ergriff Elizas Hand. »Ich möchte, dass du dich für mich freust.«
»Aber das tue ich.«
»Irgendetwas stimmt nicht. Bist du mir böse, weil ich unseren Tanten geholfen habe?«
Eliza machte große Augen. »Eigentlich nicht. Aber ich bin verwirrt. Ich dachte, du wärst meine Verbündete - dass du mir zustimmen würdest, dass es für uns alle das Beste wäre, wenn ich London verließe.«
»Oh Eliza, ich habe mich geirrt, als ich dir angeraten habe, Lord Somerton aufzugeben. Das erkenne ich jetzt. Als ich mich an deine Stelle versetzt und mir vorgestellt habe, man würde Reggie und mich trennen, da konnte ich es nicht ertragen. Ihr gehört zusammen, du und Lord Somerton. Er liebt dich, und du liebst ihn. Gib deine Absicht auf, nach Italien zu gehen. Öffne dich, und ergreife die Liebe, die er dir anbietet, mit beiden Händen.«
Eliza stand abrupt auf. »Du weißt, dass das unmöglich ist.«
»Nichts ist unmöglich, wenn man es nur von Herzen will. Was ist schon ein Leben ohne Liebe?«
Eliza trat hinter ihre Schwester und bückte sich, um eine abgebrochene Rosenknospe aufzuheben. »Nicht jeder lebt für die Liebe, Grace. Mir genügt meine Kunst. Die Malerei ist mein Leben. In ihr finde ich Erfüllung. Es ist ein Fenster, durch das ich das Leben so sehen kann, wie es sein sollte.«
Eliza hörte das Scharren des Gartenstuhls auf den Pflastersteinen, dann fühlte sie Graces sanfte Hände auf ihren Schultern.
»Du irrst dich, Eliza. Die Leinwand ist nicht dein Fenster. Deine Kunst ist dein Schild - deine Abwehr gegen das Leben. Dein Vorwand, um nicht selbst das Leben und die Liebe erfahren zu müssen. Außerdem ist es sinnlos, noch länger an Italien zu denken. Welcher Meister würde dich jetzt noch als
Schüler annehmen? Du hast kein Gemälde, mit dem du dein Können vorweisen kannst.«
Eliza fuhr herum und schüttelte die Hände ihrer Schwester ab. »Ich kann nach Italien gehen, und ich werde es. Ich mag ja keine exzellenten Arbeitsproben mehr haben, aber ich kann noch immer malen, und eines Tages werde ich unter den Meistern studieren und meinem Können den richtigen Schliff verleihen. Ich werde meinen Traum nicht aufgeben, Grace. Ich werde mir meine Kunst nicht nehmen lassen - wie Mutter es getan ist!«
»Wie Mutter es getan hat?« Grace schaute verwundert drein. »Ist das der Grund, weshalb du dich noch immer an deinen Traum von Italien klammerst - um deine Kunst zu bewahren? Ist das der Grund, weshalb du dich so gegen Lord Somerton sträubst? Ach, Eliza, du bist nicht Mutter. Und
Weitere Kostenlose Bücher