Stürmische Verlobung
verbergen. Doch sie sagte kein weiteres Wort. Sie hob einfach nur ihr Gesicht und starrte ihn erwartungsvoll an.
Magnus legte seinen Arm auf den Kaminsims und stellte seinen Fuß auf den Kaminvorsatz. »Sie möchte eine Erklärung hören.«
»Eine Erklärung, Mylord?« Sie blinzelte unschuldig. »Nur weil ich erfahren habe, dass Sie tatsächlich verlobt sind, obgleich Sie erst jüngst meine Dienste erbeten haben, um Ihnen bei der Suche nach einer reichen Braut zu helfen - das ist kaum Grund genug, um eine Erklärung zu verlangen. Oder?«
Magnus wusste, dass sie es verdiente, die Wahrheit zu hören - nämlich dass ihm letztlich wahrscheinlich keine andere Wahl bliebe, als Miss Peacock zu heiraten. Doch tief in seinem Herzen wusste er, dass dieses Eingeständnis einer Kapitulation vor dem Unausweichlichen gleichkäme. Und das konnte er nicht tun, nicht solange noch der Hauch einer Chance bestand, dass er seine finanzielle Notlage beheben konnte. Nein, er musste sich an die Überzeugung klammern, dass sich, wenn er nur etwas Geduld walten ließe, alles zum Guten wenden würde.
Er öffnete den Mund, um Eliza ihre Antwort zu geben, in der vagen Hoffnung, dass er in irgendeinem Anfall von Genialität die richtigen Worte finden würde. Doch genau in diesem Moment betrat ein Diener den Salon und verkündete, dass das Dinner aufgetragen sei.
Erleichterung durchflutete ihn. »Miss Merriweather, Sie werden Ihre Erklärung erhalten. Darauf können Sie sich verlassen. Bald schon.«
Eliza nahm diese Verzögerungstaktik mit einem schiefen Lächeln hin.
»Darf ich bitten?« Magnus reichte Eliza seinen Arm.
Eliza hakte sich zögernd bei ihm ein.
Magnus zog sie eng an sich, während er sie ins Esszimmer führte. Durch die Schurwolle seines Ärmels konnte er die weiche Wärme ihrer Brust fühlen, die sich gegen seinen Oberarm
drückte. Er schluckte schwer, denn er war sich seiner eng sitzenden Hose allzu bewusst. Zum Glück konnte er sich gleich setzen.
Für Eliza war das Festmahl kein sonderlich vergnügliches Erlebnis. Sie hatte zwar das Glück, zu Lord Somertons Rechter zu sitzen, doch Caroline Peacock hatte den Platz zu seiner Linken erobert. Miss Peacock plapperte ohne Unterlass und tat ihr Möglichstes, Magnus gänzlich mit Beschlag zu belegen, sehr zu Tante Letitias Missfallen, nach dem verkniffenen Ausdruck ihres runden Gesichts zu urteilen.
Womit Eliza dem Unterhaltungstalent ihres Gastgebers ausgeliefert war, der zu ihrer Rechten saß.
Nach zwei Stunden öder Konversation und zwanglosem Soupieren á la Française , bei dem das einzig Unterhaltsame das Probieren und Herumreichen der verschiedenen Speisen war, hatte Lord Hogart endgültig zu tief ins Glas geschaut und wandte sich bedauerlicherweise der Nachricht zu, die seit zwei Wochen die Titelschlagzeilen aller Zeitungen beherrschte: die tosenden Stürme auf hoher See.
»V-vierhundert Mann sind schon ertrunken«, lallte er überlaut und zog damit die Aufmerksamkeit aller um den langen, schmalen Esstisch Versammelten auf sich. Seine Knollennase war nach einigen Gläsern Wein leuchtend rot, und an seinem weit zurückgegangenen Haaransatz schimmerten Schweißperlen. »Und die Fracht«, fügte er hinzu. »Ach, ich mag mir die Verluste gar nicht vorstellen.«
Bei diesem Themenwechsel in der bislang eher belanglosen Unterhaltung schien etlichen Gästen ganz und gar nicht wohl zu sein. Ein Gentlemen entschuldigte sich diskret und verließ den Tisch, während andere unbehaglich auf ihren Stühlen hin und her rutschten. Zu Elizas Überraschung gehörte auch Magnus zu ihnen.
Sie sah ihn einen vielsagenden Blick mit seinem Onkel austauschen, bevor er mit seinem Messer ein Stück Fisch aufspießte, nur um dann blicklos darauf zu starren. Während Hogart sich weiter über das Schiffsunglück ausließ, umklammerte Magnus den Perlmuttgriff des Messers so fest, dass seine Knöchel so weiß wie das Leinentischtuch unter seinem Teller hervortraten.
»Zum Glück sind keine der westlichen Handelsrouten von dem Sturm betroffen«, fügte ihr Gastgeber hinzu.
Diese Neuigkeit war bedeutungslos für Eliza, doch Magnus schien sie zu beschwichtigen, denn er lockerte seinen Griff um das Messer.
Eliza musterte den stattlichen Schotten aus dem Augenwinkel. Weshalb war er so besorgt über die Stürme? Er war doch wohl kaum ein Schiffseigner. Er hatte schließlich kein Geld. Das hatte er ihr eingestanden.
Oder war das eine weitere seiner Lügengeschichten?, überlegte Eliza,
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