Stürmisches Herz
über die Veranda zu seinem Pferd. Courtney huschte hinter seinem Rücken in das Hotel.
»Was sollte das Ganze eigentlich?« fragte Snub verständnislos.
Charley beobachtete gerade den Fremden, der das Pferd zum Stall führte. »Was?«
»Es hat ausgesehen, als würde sich Miß Courtney vor dem Kerl verstecken.«
»Daraus kann ich ihr keinen Vorwurf machen. Du erinnerst dich doch noch daran, wie sich der alte Schürzenjäger Barker in ihr Zimmer geschlichen hat. Wer weiß, was geschehen wäre, wenn Harry sie nicht hätte schreien hören und mit seinem Gewehr hingerannt wäre. Und denk an den verrückten Cowboy, der versucht hat, sie auf der Straße auf sein Pferd zu ziehen und mit ihr davonzureiten. Sie hat sich den Knöchel verstaucht, als sie vom Pferd gefallen ist.«
»Sie hat hier wirklich genügend Schwierigkeiten mit Männern gehabt, wahrscheinlich versucht sie deshalb, ihnen möglichst aus dem Weg zu gehen.«
»Trotzdem hat sie sich noch nie so komisch aufgeführt. Findest du nicht?«
»Das stimmt.«
»Dann interessiert sie sich vielleicht für ihn.«
»Ich habe geglaubt, daß sie Reed Taylor heiraten wird.«
»Das möchte ihre Stiefmutter gern, aber Mattie Cates hat mir verraten, daß es nie dazu kommen wird. Miß Courtney kann Reed nicht ausstehen.«
Im Hotel warf Courtney rasch einen Blick in das aufgeschlagene Gästebuch. Der Fremde hieß Chandos. Er hatte nur diesen Namen hingeschrieben.
7. KAPITEL
»Bitte beeile dich, Courtney. Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit. Du hast versprochen, mir zu helfen, wenn ich den Stoff für mein neues Kleid aussuche.«
Courtney blickte Mattie Cates an, die auf dem umgestülpten Waschtrog saß, und schnaubte sehr undamenhaft. »Wenn du es so fürchterlich eilig hast, dann hilf mir, diese Laken aufzuhängen.«
»Das ist doch nicht dein Ernst. Sobald ich nach Hause komme, muß ich selbst Wäsche waschen. Pearces Hosen sind verdammt schwer. Wenn ich jetzt schon anfange, kann ich meine Arme nachher nicht mehr bewegen. Ich möchte nur wissen, warum ich einen solchen Riesen geheiratet habe.«
»Vielleicht, weil du ihn liebst?« lachte Courtney.
»Vielleicht.« Mattie erwiderte das Lächeln.
Mattie Cates war ein widersprüchliches Wesen. Die zierliche, blauäugige Blondine war für gewöhnlich freundlich und offenherzig, aber sie konnte auch still und zurückhaltend sein. Sie gab sich unabhängig und konnte gelegentlich genauso diktatorisch sein wie Sarah, doch im tiefsten Grund ihres Herzens war sie oft unsicher. Allerdings wußten das nur ihre besten Freundinnen, zu denen natürlich Courtney gehörte.
Mattie war davon überzeugt, daß man vom Leben alles zurückbekommt, was man hineinsteckt, und daß man alles vollbringen kann, wenn man es sich nur fest genug vornimmt. Ihr Lieblingsgrundsatz lautete: »Tu es selbst, denn jemand anderer wird es nicht für dich tun.« Sie hatte bewiesen, daß ihre Philosophie stimmte, als sie vor zwei Jahren ihre Unsicherheit überwand und Pearce Cates eroberte, obwohl er zu dem halben Dutzend Männern gehörte, das in Courtney verliebt war.
Mattie hatte ihrer Freundin nie einen Vorwurf daraus gemacht, daß Pearce in sie verliebt gewesen war. Im Gegenteil, sie hatte sich aufrichtig für Courtney gefreut, als diese sich aus einem häßlichen Entlein in einen schönen Schwan verwandelte, und sie fand es umwerfend komisch, daß Männer, die Courtney bisher keines Blickes gewürdigt hatten, plötzlich dahinschmolzen, wenn sie sie sahen. Gelegentlich fand Mattie, daß Courtney ihre Schöpfung war. Natürlich nicht die Schönheit, denn die kam daher, daß Courtney in den letzten beiden Jahren einige Zentimeter gewachsen war und so schwer gearbeitet hatte, daß der letzte Rest ihres Babyspecks dahinschwand. Doch Courtney war nicht mehr so schüchtern und nervös wie früher und nahm nicht mehr alles, was ihr widerfuhr, als unabänderliches Schicksal hin. Mattie hatte Courtney zwar drängen, stoßen und aufstacheln müssen, aber es war ihr gelungen, ihrer Freundin ein wenig Mut einzuflößen.
Courtney setzte sich jetzt sogar schon gegen Sarah zur Wehr, zwar nicht immer, aber jedenfalls öfter als früher, und ließ sich nicht einmal mehr von Mattie herumschubsen. Sie war sich darüber bewußt geworden, über wieviel Mut sie verfügte.
Jetzt stellte sie den leeren Wäschekorb neben Mattie auf den Wäschetrog. »Schön, Miß Ungeduld, dann gehen wir.«
Mattie legte den Kopf zur Seite. »Willst du dir nicht ein anderes Kleid anziehen
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