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Stürmisches Herz

Stürmisches Herz

Titel: Stürmisches Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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eine Zeitung gefunden. Rockley besaß keine eigene Zeitung, und sie erfuhr nur dann Neuigkeiten aus der Außenwelt, wenn sie die Gespräche der durchreisenden Fremden belauschte, oder wenn einer von ihnen eine Zeitung liegenließ. Das kam allerdings nicht oft vor. Zeitungen waren in einer Stadt beinahe so wertvoll wie Bücher. Sarah hatte etliche Zeitschriften gesammelt, überließ sie jedoch Courtney nie zum Lesen.
    Sie versteckte die Zeitung unter der schmutzigen Bettwäsche, die sie waschen sollte, und ging zur Treppe. Sie wollte die Zeitung in ihr Zimmer bringen, bevor sie die Wäsche in Angriff nahm.
    Als sie den unten wartenden Fremden erblickte, blieb sie am oberen Treppenabsatz stehen. Dann tat sie etwas, was bei ihr nur selten vorkam – sie starrte ihn an. Sie ertappte sich dabei, konnte aber ihren Blick trotzdem nicht von ihm wenden. Sie wußte nicht, warum, aber er fesselte ihr Interesse wie noch kein anderer Mann.
    Als erstes fiel ihr auf, daß er groß war und sich sehr gerade hielt. Dann bemerkte sie sein hageres, kühn geschnittenes Profil. Sie war davon überzeugt, daß er beunruhigend gut aussehen mußte, auch wenn sie im Augenblick nur seine linke Gesichtshälfte erblickte. Er war eine dunkle Erscheinung – seine Hose und Jacke waren schwarz, seine Haut bronzefarben, und das glatte Haar, das gerade noch die Ohren bedeckte, war ebenfalls schwarz. Hemd und Halstuch waren dunkelgrau.
    Der Mann hatte seinen breitkrempigen Hut nicht abgenommen, aber er trug wenigstens keine Sporen. Das war seltsam, denn er hatte sich seine Satteltaschen über die Schulter gehängt, und Courtney hatte noch keinen Reiter ohne Sporen erlebt.
    Dann bemerkte sie, daß er einen doppelten Gürtel trug, was bedeutete, daß er einen Revolver an seinen Schenkel geschnallt hatte. Das war nichts Außergewöhnliches, denn im Westen trugen die meisten Männer Revolver. Aber das Schießeisen und sein Aussehen riefen bei ihr den Eindruck hervor, daß er die Waffe nicht nur zu seinem Schutz brauchte.
    Courtney mochte Revolvermänner nicht, denn sie war davon überzeugt, daß sie sagen und tun konnten, was sie wollten. Zu wenige Leute besaßen den Mut, sie zurechtzuweisen – denn das war lebensgefährlich.
    Im allgemeinen ließen sich Revolvermänner nur selten in einer Kleinstadt wie Rockley blicken, aber hier lag der Fall anders. In den letzten Jahren war es hier sogar zu zwei Schießereien gekommen. Die Cowboys, die nach den Viehsammeizentren Abilene und Newton unterwegs waren, mußten durch Rockley. Im nächsten Jahr würde Wichita ebenfalls zu einem Viehsammeizentrum aufrücken, und dann würde sich noch mehr Gesindel in der Gegend herumtreiben.
    Da Courtney in dem einzigen Hotel der Stadt arbeitete, konnte sie den Revolvermännern nicht ausweichen. Einer hatte sie beinahe vergewaltigt, andere hatten sich mit Küssen begnügt. Man hatte um sie gekämpft, sie verfolgt und ihr die empörendsten Anträge gemacht. Das war der Hauptgrund, warum sie Rockley unbedingt verlassen wollte. Und schon gar nicht hätte sie einen Bewohner von Rockley heiraten wollen – auch wenn sie dann dem Hotel entkommen wäre, in dem sie von morgens bis abends als Dienstmädchen schuftete.
    Der Fremde trug sich in das Gästebuch ein und legte die Feder weg. Daraufhin machte Courtney kehrt und lief durch den Korridor zu der Hintertreppe, die direkt ins Freie führte. Es war ein Umweg, aber sie wollte nicht die Küche im Erdgeschoß durchqueren, weil sie dort vielleicht auf Sarah stieß. Sie würde um das Hotel herumgehen und zur Vordertür hereinkommen – aber erst, nachdem der Fremde auf sein Zimmer gegangen war.
    Sie wußte nicht, warum sie nicht wollte, daß er sie sah, es war eben so. Es ging bestimmt nicht darum, daß sie ihr ältestes Kleid trug und ihre Haare zerzaust waren. Er würde wahrscheinlich ohnehin nur eine Nacht bleiben, und sie würde ihn nie mehr wiedersehen.
    Courtney schlich gebückt an den Fenstern des Speisesaals vorbei und weiter zur Eingangstür, um einen Blick hineinzuwerfen und sich davon zu überzeugen, daß er fort war. Das Bündel Schmutzwäsche, das sie noch immer in den Armen trug, hatte sie vollkommen vergessen. Sie wollte nur die Zeitung in ihrem Zimmer verstecken und sich dann wieder an die Arbeit machen.
    Charley und Snub beobachteten verblüfft, wie Courtney vorsichtig durch die Vordertür lugte und dann wieder an die Wand zurückwich, als wolle sie sich verbergen. Dann ging die Tür auf, der Fremde trat heraus und ging

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