Stürmisches Herz
auftauchen, wird sie wahrscheinlich hysterisch.«
»Du weißt jedenfalls, daß wir in der Nähe sind, wenn du uns brauchst.« Damit verschwand Springender Wolf so geräuschlos, wie er gekommen war.
Chandos blieb stehen, blickte zum Nachthimmel empor und dachte daran, daß erst nach dem Tod des letzten Mörders die Last von seiner Seele genommen sein würde.
Plötzlich erstarrte er, weil er hörte, wie Courtney seinen Namen schrie. Er empfand die gleiche Angst wie an dem schrecklichen Tag, an dem er ins Lager zurückgekehrt war.
Und dann rannte er so schnell er konnte zu ihr zurück.
»Was ist geschehen?«
Courtney sank an seine Brust, klammerte sich an ihn und vergrub ihr Gesicht an seiner Schulter.
»Es tut mir leid – ich bin aufgewacht, und Sie waren nicht da. Ich wollte nicht schreien, aber ich habe geglaubt, daß Sie mich im Stich gelassen haben. Ich hatte so schreckliche Angst, Chandos. Sie würden mich doch nicht verlassen, nicht wahr?«
Er packte ihre Haare und bog ihren Kopf zurück. Dann küßte er sie hart. Seine Lippen, die ihr so sinnlich vorkamen, preßten sich ganz und gar nicht sanft auf die ihren. Weder sein Kuß noch die Art, wie er sie hielt, hatten etwas Zärtliches an sich.
Doch allmählich mischte sich ein neues Gefühl in ihre Verwirrung. Dieses komische Gefühl in ihrem Bauch, das sie schon einmal empfunden hatte.
Als ihr dämmerte, daß sie es war, die den Kuß verlängerte, indem sie sich an ihn klammerte, dachte sie daran, daß sie ihn loslassen, sich von ihm lösen sollte, aber sie tat es nicht. Sie wollte auf keinen Fall, daß der Kuß zu Ende ging. Aber alles hat einmal ein Ende. Und so ließ Chandos sie schließlich los und schob sie auf Armlänge von sich.
Seine leuchtend blauen Augen waren unverwandt auf sie gerichtet, und das verwirrte sie. Sie wunderte sich etwas zu spät über ihr Benehmen, verstand das seine allerdings noch weniger. Unwillkürlich hob sie die Hand und berührte ihre Lippen.
»Warum haben Sie das getan?«
Chandos brauchte seine gesamte Willenskraft, um etwas Abstand zwischen sie und sich zu legen, und sie fragte ihn, warum er das getan hatte! Andererseits – was konnte man von einer Jungfrau erwarten? Sie wollte wissen, warum? Die weichen, vollen Brüste, die sich an seine Brust preßten, die seidig glatten, nackten Arme, die sich um seinen Hals schlangen. Nur ein dünnes Hemd und ein Unterrock hatten ihre Körper voneinander getrennt. Warum? Großer Gott!
»Chandos?« Sie ließ nicht locker.
Chandos wußte nicht, was er getan hätte, wenn nicht in diesem Augenblick Springender Wolf hinter ihr aufgetaucht wäre. Er hatte offenbar Courtneys Schrei gehört und war zu Hilfe geeilt. Wieviel hatte er gesehen? Zuviel, besagte sein verschmitztes Lächeln, bevor er sich umdrehte und verschwand.
Chandos seufzte tief. »Vergessen Sie es. Es war die einzige Möglichkeit, Sie zum Schweigen zu bringen.«
»Oh!«
Verdammt noch mal, mußte sie so enttäuscht klingen? Ahnte sie denn nicht, wie schwer es ihm fiel, sich zu beherrschen? Nein, sie ahnte es nicht, rief er sich ins Gedächtnis. Sie hatte keine Ahnung, was sie ihm antat.
Er ging zum Feuer und warf zornig ein Stück Holz hinein. »Gehen Sie schlafen, Lady«, sagte er, ohne sich umzudrehen.
»Wo sind Sie gewesen?«
»Ich habe ein Geräusch gehört und nachgesehen. Es war nichts. Aber Sie hätten sich davon überzeugen können, ob mein Pferd noch da ist, bevor Sie voreilige Schlüsse zogen. Denken Sie nächstes Mal daran.«
Courtney stöhnte innerlich. Sie hatte sich hoffnungslos lächerlich gemacht. Kein Wunder, daß er so verärgert war. Er mußte denken, daß er ein hysterisches Weib am Hals hatte, das ihm nur Schwierigkeiten bereiten würde.
»Es wird nicht wieder vorkommen –« begann Courtney, verstummte aber, als er eines der fremden Worte hervorstieß, die er immer verwendete, wenn er außer sich war. Er machte kehrt und trat zu seinem Pferd. »Wohin gehen Sie?«
»Da ich ohnehin hellwach bin, werde ich ein Bad nehmen.« Er holte ein Stück Seife und ein Handtuch aus der Satteltasche.
»Chandos, ich –«
»Gehen Sie schlafen.«
Courtney wickelte sich wieder in ihre Bettrolle und sah ihm wütend nach, als er zum Fluß ging. Sie hatte sich nur entschuldigen wollen; deshalb mußte er ihr nicht gleich den Kopf abreißen. Dann fiel ihr Blick auf ihre ordentlich zusammengelegte Kleidung, und sie wurde krebsrot. Daran hatte sie nicht gedacht. O Gott! Sie hatte sich ihm an den Hals geworfen,
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