Stürmisches Herz
Mann wie ihn zurückzuhalten, hätte es einer größeren Anstrengung bedurft, aber die Geste genügte. Seine Arme schlossen sich schützend um sie.
»Chandos?«
»Ja, Kätzchen?«
Eine kurze Pause trat ein, weil sie versuchte, Ordnung in ihre Gedanken zu bringen.
»Könntest du mich vielleicht Courtney nennen?« meinte sie schließlich.
»Wolltest du nicht etwas anderes sagen?«
Das stimmte. »Glaubst du, daß er schon tot ist?«
»Ja«, log er.
Ihre Finger glitten durch die Haare auf seiner Brust. Wieder trat eine Pause ein, weil sie nun darüber nachdachte, ob sie ihn fragen durfte, warum Pretty Boy so scheußlich hatte sterben müssen. Andererseits erfüllte sie primitiver Stolz darauf, daß ihr Mann sie gerächt hatte.
»Chandos?«
»Ja?«
»Du bist mir wirklich ganz allein zu Hilfe gekommen, nicht wahr?«
»Hast du vielleicht erwartet, daß ich hier draußen ein Polizeiaufgebot zusammentrommle?«
»Nein, natürlich nicht. Aber dein Freund Springender Wolf hat sich doch in der Nähe befunden. Und ich hatte geglaubt, daß du noch nicht imstande sein würdest, mich zu suchen.«
Die Muskeln auf seiner Brust verkrampften sich, und ihr wurde klar, daß sie seine Männlichkeit in Frage gestellt hatte – und dabei hatte er einen solchen heroischen Beweis dafür geliefert!
»Du hast also geglaubt, daß ich dich nicht beschützen kann. Hast du dir deshalb am Morgen, als sie dich gefaßt haben, nicht die Mühe gemacht, nach mir zu rufen?«
Courtney seufzte.
»Du mußt schon entschuldigen, aber dein Gesundheitszustand war nicht gerade der beste«, verteidigte sie sich. »Ich habe befürchtet, daß sie dich töten werden.«
»Du wärst erstaunt, was ein Mann leisten kann, wenn er einen Grund dafür hat. Das habe ich dir doch gestern abend erklärt.«
»Und was für einen Grund hattest du, Chandos?« Sie wußte, daß es eine unverschämte Frage war.
»Du bezahlst mich dafür, daß ich dich beschütze, oder hast du auch das vergessen?«
Die Enttäuschung war bitter. Sie bezahlte ihn. War das der einzige Grund? Sie wollte aufstehen, aber er hielt sie fest.
»Unterschätze mich nie wieder, Kätzchen.«
Seine Hand strich über ihre Wange und glitt zu den seidigen Haaren an ihren Schläfen. Er drücke ihr Gesicht wieder an seine Brust. Seine Stimme hatte warm geklungen, und ihre Enttäuschung ließ etwas nach.
Er hatte wenigstens nicht gewollt, daß sie aufstand. Aber sie wollte mehr, viel mehr. Sie wollte, daß er sich wirklich etwas aus ihr machte.
»Sei mir nicht böse, Chandos. Du hast mich ja gefunden. In Wirklichkeit habe ich nie daran gezweifelt, daß du es schaffen wirst.«
Nach einer Weile fragte sie: »Du hast also die Folgen des Schlangenbisses vollkommen überwunden?«
»Das kannst du jetzt noch fragen?«
Sie drückte das Gesicht fester an seine Brust, weil sie errötet war. »Ich meine … hast du noch Schmerzen?«
»Es tut noch höllisch weh.«
Und er hatte sie trotzdem gerettet. Sie lächelte, ohne zu bedenken, daß er die Bewegung an seiner Haut spüren konnte. Geistesabwesend beschrieb sie mit dem Finger Kreise um seine Brustwarze.
»Chandos?«
»Was ist jetzt schon wieder?«
»Was ist, wenn ich schwanger werde?«
Er stieß einen langen Seufzer aus.
»Bist du schwanger?«
»Ich weiß es nicht. Es ist viel zu früh, um es festzustellen. Aber was geschieht, falls ich es bin?«
»Wenn du nicht schwanger bist, dann wirst du es auch nicht werden.« Nach einer langen Pause fügte er hinzu: »Und wenn du schwanger bist, dann bist du es eben.«
Eine äußerst unbefriedigende Antwort. »Würdest du mich dann heiraten?«
»Könntest du so leben wie ich? Immer unterwegs, nie länger als einige Tage an einem Ort?«
»Auf diese Art kann man keine Familie gründen«, meinte sie verärgert.
»Eben«, erklärte er, schob sie von sich und erhob sich.
In ihr kämpften Zorn und Enttäuschung, während sie zusah, wie er sich ankleidete und dann Surefoot absattelte. Dabei warf er seine Bettrolle auf den Boden. Sie starrte den Packen an. Wie kalt und gefühllos Chandos doch sein konnte!
30. KAPITEL
Obwohl sie durchschnittlich fünfundzwanzig bis dreißig Meilen am Tag zurückgelegt hatten, war es Courtney gelungen, die Blasen zu vermeiden, die ihr Mattie prophezeit hatte. Heute war sie jedoch davon überzeugt, daß sie ihnen nicht entgehen würde. Chandos ritt schnell und legte keine Pause ein; er wollte die verlorene Zeit aufholen, und Courtney fragte sich schon, ob er ihr vielleicht
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