Stürmisches Paradies
eigenes Haar. Man konnte an Sams Augen erkennen, dass ihr die Fragen nur so durch den Kopf wirbelten, als ihr Blick zwischen Luke, Alicia und Blake hin- und herschoss.
»Hallo?«, sagte sie.
Sams Lächeln war freundlich und vertraut, und es raubte Alicia schier den Atem. Ihre Beine zitterten, und sie hielt sich an Blake fest. Oh Gott, sie war es wirklich!
»Ich bin Blake Merritt und das …« Er drehte sich zu Alicia. »Sonnenschein?«
Alicia nickte und leckte sich über die trockenen Lippen. Sie legte sich beruhigend die Hand auf ihr rasendes Herz. Während Luke finster vor sich hin starrte, wartete Sam geduldig ab. Falls sie neugierig war, dann war sie es jedenfalls nicht auf so unfreundliche Art wie ihr Ehemann. Die Wellen des Misstrauens, die von Luke ausgingen, waren ebenso real, wie die Wellen, die an den Strand rollten.
Alicia ließ Blakes Hand los und machte einen wankenden Schritt auf Sam zu.
»Dies wird jetzt ein Schock sein. Ich weiß nicht, wie ich es dir sonst sagen soll, also sage ich es ganz einfach geradeheraus. Ich bin es, Sam. Alicia.«
Sam trat einen Schritt zurück. Ihr Gesicht verlor jegliche Wärme und Farbe. Ihre Augen wurden eiskalt.
»Ich weiß nicht, wie Ihr von meiner Schwester erfahren habt, aber es ist grausam, so etwas zu behaupten. Sie ist vor Jahren gestorben.«
»Nein, Sam. Bin ich nicht. Ich habe es bis Port Royal geschafft. Unsere Mutter ist mit mir an Land geschwommen.«
»Lügnerin«, antwortete Sam bissig. »Meine Mutter konnte sich nicht von dem Schiff retten. Und meine Schwester ebenfalls nicht.«
Alicia streckte die Hand nach Sam aus, aber ihre Schwester zuckte zusammen und zog sich aus ihrer Reichweite zurück. Dieses Verhalten zerriss Alicia schier das Herz. Sie ließ ihre Hand sinken. Blake legte ihr seine Hand auf die Schulter, und diese Geste gab Alicia wieder neue Kraft. Sie musste sich ins Gedächtnis rufen, dass ihre Geschichte für Sam völlig unglaubhaft klang. Sam hatte keinen Grund zu glauben, ihre Schwester habe überlebt, und es war verständlich, dass sie die Wahrheit nicht glauben konnte, als sie diese nun zum ersten Mal hörte.
»Wir hatten uns im Kielraum versteckt, als die Piraten angriffen. Dort sind wir geblieben, bis sie das Schiff geplündert hatten und wieder fort waren.«
Tränen schimmerten in Sams Augen. »Niemand sonst überlebte. Ich weiß das, denn ich war im Wasser und kehrte zurück, als die Piraten fort waren. Es war niemand mehr am Leben.«
Alicia schnappte nach Luft. »Das warst du?« Auch sie kämpfte mit den Tränen. »Als wir glaubten, es wäre sicher an Deck zu gehen, hörten wir Schritte und Stimmen, deshalb blieben wir unten.« Ihre Stimme brach. »Wenn wir hochgegangen wären, dann hätten wir nicht all diese Jahre vergeudet.« Sie drehte sich zu Blake um. »Sie war es. Sie war dort, und wir wussten es nicht einmal.«
»Liebes?«, fragte Luke seine Frau. »Ist das möglich?«
»Ich – ich weiß es nicht. Ich habe es nie für möglich gehalten, aber sie hat tatsächlich ein paar vertraute Züge.«
Alicia nickte und wischte sich mit der Handfläche die Tränen aus den Augen.
»Unser Vater hieß Edward, unsere Mutter Helen. Wir verließen England, als ich zwölf war und du siebzehn.« Alicia kramte nach einer Erinnerung, die zweifelsohne beweisen würde, wer sie war. Etwas, was niemand anderer wissen oder in Erfahrung gebracht haben konnte. Ihre Schwester war ihr so nahe und alles, was Alicia jetzt wollte, war es, sie im Arm zu halten und sich zu vergewissern, dass sie nie wieder voneinander getrennt sein würden. Sie musste Samantha jeden Zweifel nehmen.
»Erinnerst du dich noch an Adam, den Jungen, den du gemocht hast? Bevor wir England verließen, wolltest du ihm auf Wiedersehen sagen, und ich habe Mutter und Vater angelogen und ihnen erzählt, dass du krank seist und nicht zum Abendessen herunterkommen könntest. Du hast versprochen, wenn ich für dich lügen würde, würdest du mir -«
»Eine ganze Woche lang meinen Nachtisch geben«, antwortete Sam, und ihr Gesichtsausdruck änderte sich. »Alicia, bist du es wirklich?«
»Ja«, schluchzte Alicia. »Ich bin es wirklich.«
Sie rannten aufeinander zu, schlangen die Arme um ihre bebenden Schultern und hielten einander fest.
»Ich dachte, du wärst gestorben«, weinte Sam, und ihre Arme hielten Alice wie im Schraubstock fest. Für eine Weile klammerten sie sich bloß aneinander, dann rückte Sam ein wenig ab und nahm Alicias Gesicht in die Hände und strich
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