Stürmisches Paradies
sich aus der Umarmung. Sie konnte sich nicht daran erinnern, jemals so müde gewesen zu sein.
»Ich muss wohl erschöpfter sein, als mir bewusst war. Normalerweise bin ich nicht so gefühlsduselig.«
»Kann ich dir irgendetwas bringen?«, fragte Sam und Sorge sprach aus ihren Augen.
Alicia schüttelte den Kopf, wünschte ihnen eine gute Nacht und trottete die Treppe hinauf. In ihrem Schlafzimmer zog sie die Bettdecke zurück und kroch noch vollständig angezogen hinein. Ihre Gedanken wirbelten durcheinander. Sie schien keinen davon lange genug festhalten zu können, um ernsthaft darüber nachzudenken. Ihr Kopf drehte sich, jeder Teil ihres Körpers fühlte sich ausgelaugt, und sie taumelte in den Schlaf.
Langsam kam Alicia wieder zu Bewusstsein. Der Helligkeit hinter ihren geschlossenen Augenlidern nach zu urteilen, war es helllichter Tag. Sie versuchte die Beine zu bewegen, aber sie fühlte sich wie festgebunden. Sie trat einmal kräftig mit dem Fuß und machte sich frei, als ihr einfiel, dass sie sich wohl in ihrem Rock verwickelt hatte. Sie drehte sich auf die Seite und öffnete ein Auge. Durch die Vorhänge, die sie nicht zugezogen hatte, weil sie zu müde gewesen war, viel ein breiter Sonnenstrahl, und von draußen erklang der Gesang der Vögel, die in den Baumwipfeln zwitscherten.
Weder das Licht noch der Gesang waren ihr willkommen, und Alicia zog sich die Bettdecke über den Kopf. Wenn sie vorgab, es sei immer noch Nacht, dann müsste sie vielleicht nicht einem zornigen Blake gegenübertreten und wäre nicht gezwungen, ihn wieder anzulügen. Sie müsste sich auch nicht von Sam verabschieden.
Als die Luft zu heiß wurde und ihre Lungen nach frischem Sauerstoff verlangten, riss Alicia die Decke von sich. Ein verlockender Duft nach Essen drang von unten herauf. Alicia atmete tief ein, rümpfte beim Duft nach Bratwürstchen die Nase und sprang im selben Augenblick aus dem Bett, weil sich ihr der Magen umdrehte.
Krabbelnd streckte sie die Hand nach der Bettpfanne aus, ohne einen Augenblick zu verschwenden. Auf Händen und Füßen übergab sich Alicia so lange, bis ihr der Schweiß vom Gesicht lief, ihr die Hände zitterten und sie sich fühlte wie am ersten Tag auf Blakes Schiff. Als alles aus ihr heraus war, drehte sie sich zur Seite und rollte sich zu einer Kugel zusammen. Sie fiel wieder in den Schlaf zurück.
»Alicia«, rief Sam, klopfte leise an die Tür und weckte sie. »Frühstück ist fertig.«
Als Alicia den Mund öffnete, um zu antworten, musste sie ihn schnell wieder schließen, weil ihr wieder übel wurde. Sie antwortete auf die einzige Art, die sie noch konnte, nämlich mit einem Stöhnen. Die Tür wurde mit einem Knarren geöffnet.
»Alicia!«, rief Sam. Ihre Absätze klapperten, als sie durch den Raum eilte. Alicia spürte die kühle Handfläche ihrer Schwester auf der Stirn. »Geht es dir gut? Bist du verletzt ?« Sie musste die Bettpfanne gesehen haben. »Oh, armes Ding. Kann ich dir irgendetwas bringen?«
»Hast du Ingwertee?«, krächzte Alicia, und ihr Magen verkrampfte sich schon wieder. Während sie sich übergab, rieb Sam ihr den Rücken, dann half sie ihr ins Bett. Sie stopfte eine leichte Decke um Alicia und trug die Bettpfanne hinaus.
»Ich bin gleich zurück«, erklärte sie, nachdem sie eine saubere Pfanne gebracht hatte. »Ruh dich nur aus.«
Alicia döste wieder und wurde von der Kühle eines feuchten Lappens geweckt, der ihr auf die Stirn gelegt wurde. Sie öffnete die Augen.
»Danke.«
Sam saß neben ihr, eine Tasse mit Tee in der Hand. »Es ist doch nicht etwa deine Sorge um mich, die dich so krank macht?«, fragte sie.
»Nein, ich bin mir nicht sicher, weshalb ich krank bin. Wir haben doch alle dasselbe gegessen. Ist sonst noch jemand krank?«
»Nicht dass ich wüsste. Joe hält draußen Wache. Aidan und Luke sind unterwegs und schauen nach unseren Schiffen.«
Alicia setzte sich auf, ordnete die weichen Kissen unter ihrem Rücken neu und sackte dann wieder in sie hinein. »Auf Blakes Schiff war mir auch schon schlecht, aber das lag an der Bewegung. Doch nachdem ich den Tee getrunken und mich an das Schwanken gewöhnt hatte, ging es mir gut.« Sie runzelte die Stirn. »Es fühlt sich zwar genauso an, aber weshalb sollte ich denn an Land seekrank werden? Das ergibt doch keinen Sinn.«
Sam reichte Alicia gerade den Tee, als ihr plötzlich die Hand zitterte. Alicia packte die Tasse schnell, bevor ihre Schwester den Tee verschüttete und ihr den Schoß
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