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Stumme Zeugen

Titel: Stumme Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
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die Zeitung unter den Arm, steckte den Kopf durch die Küchentür und sog den Duft des Essens ein. Laura hatte das Telefon zwischen Schulter und Kinn geklemmt, damit sie die Hände frei hatte. Als sie sich vom Herd abwandte und ihn sah, schaute sie ihn mit einem fragenden Blick an.
    »Telefonierst du noch lange?«
    »Meine Mutter ist dran.«
    »Richte ihr schöne Grüße aus. Also, wie lange?«
    Sie warf ihm einen ungeduldigen Blick zu und bedeckte die Sprechmuschel mit einer Hand.
    »Sie erzählt gerade von der Tanzveranstaltung, die gestern im Seniorenheim stattgefunden hat«, sagte sie. »Außerdem telefonieren wir jeden Sonntag, wie du weißt. Stimmt was nicht?«
    »Alles in Ordnung«, log er. »Mach dir keine Sorgen.«
    Er hörte, dass sie ihm etwas nachrief, als er durch das
Wohnzimmer ging, sein Handy vom Bücherregal nahm und nach draußen ging.
    Am Himmel hatten sich Regenwolken vor die Sonne geschoben, und er spürte, dass feuchte Luft im Anzug war. Der Geruch des Kiefernharzes war intensiver, fast so, als würde er durch den Niedrigdruck am Boden gehalten.
    Unter dem Zeitungsartikel stand eine Telefonnummer, über die man die Task Force erreichte, wenn man Informationen über die Taylor-Kinder hatte. Damit konnte er nicht dienen, aber er glaubte, so am ehesten jene Person an den Apparat zu bekommen, mit der er reden musste. Er wählte, und nach dem dritten Klingeln wurde am anderen Ende abgenommen. Eine Frauenstimme meldete sich.
    »Ich würde gern mit Lieutenant Singer sprechen, bitte.« »Bleiben Sie dran, ich stelle durch.«
    Er musste einen Moment warten und sich eine verzerrte Aufnahme von »The Night They Drove Old Dixie Down« anhören. Dann: »Hier ist Singer.« Die Stimme klang ausdruckslos und geschäftsmäßig.
    »Hier spricht Jim Hearne, Lieutenant Singer.«
    Keine Reaktion.
    »Der Bankdirektor.«
    »Ich weiß, wer Sie sind«, sagte Singer leicht verärgert.
    »Ich hatte gehofft, wir könnten ein paar Minuten reden.«
    »Warum? Wie Sie sich denken können, habe ich im Moment genug zu tun.«
    »Es geht um einen pensionierten Detective aus Kalifornien. Genauer gesagt aus Arcadia, wo immer das sein mag. Er war in meinem Büro und hat sich nach Bareinzahlungen und bestimmten Geldscheinen erkundigt, die offenbar markiert
waren. Sie konnten zu meiner Bank zurückverfolgt werden.« Das kalte Schweigen am anderen Ende entnervte Hearne. »Lieutenant Singer?«
    »Ich bin noch dran.«
    »Ich denke, wir sollten uns zusammensetzen und über die Lage reden.«
    »Warum?«, fragte Singer schnell, mit leiser Stimme.
    »Nun …« Hearne wusste nicht, was er sagen sollte.
    »Was ›nun‹?«
    »Ich bin sicher, dass er wiederkommt. Er wird nicht lange brauchen, um bestimmte Konten zu identifizieren, und wird mehr darüber wissen wollen.« Hearne mochte den Klang seiner Stimme nicht, die ängstlich und verunsichert klang. Er wollte, dass Singer ihn beruhigte, ihm versicherte, es gebe keinerlei Anlass zur Sorge.
    »Hören Sie gut zu, Mr Banker«, sagte Singer schließlich, fast im Flüsterton. Hearne drückte auf den Lautstärkeregler seines Handys, um ihn besser zu verstehen. »Im Moment sagen Sie diesem Mann gar nichts. Absolut nichts.«
    »Aber …«
    »Nichts aber, Mr Banker. Sie haben einfach keine Ahnung, wovon er spricht. Noch besser wäre es, ihn gar nicht zu empfangen. Er kann nicht für immer hier herumhängen. Er wird verschwinden.«
    Das gab Hearne zu denken. Er wird verschwinden.
    »Wir reden, wenn alles vorüber ist«, sagte Singer. »Dann werden wir alles klären. Ist das ein Angebot?«
    Hearne blickte auf sein Handy, als hätte es plötzlich die Seiten gewechselt und sich gegen ihn gestellt. Dann klappte er es zu und beendete damit das Gespräch.
Als er sich zum Haus umdrehte, stand Laura in der Terrassentür.
    »Seit wann führst du deine Telefonate im Garten?«, fragte sie.
    Er zuckte die Achseln und versuchte, sich an ihr vorbeizuzwängen, doch sie versperrte ihm den Weg. »Jim?«
    Es reicht, dachte er. Ich muss mit jemandem darüber reden. Er ergriff sanft ihre Schultern und schaute ihr direkt in die Augen. Offenbar war sie auf alles vorbereitet, aber sie wirkte zugleich verängstigt.
    »Ich habe uns in eine üble Lage gebracht«, sagte er. »Durch mein Verhalten in der Bank. Jetzt holt mich dieser Fehler ein. Es könnte eine Menge Ärger geben.«
    »Was hast du getan, Jess?«
    »Es geht nicht darum, was ich getan, sondern darum, was ich nicht getan habe. Ich habe weggeschaut, obwohl ich es

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