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Stumme Zeugen

Titel: Stumme Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
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dass Swann im Türrahmen stand.
    »Ich muss hier raus.«
    »Du bleibst schön hier.«
    »Ich ersticke in diesem Haus, komme mir wie eine Gefangene vor. Warum kann ich denn nicht gehen?«
    »Was ist, wenn sie anrufen?«, stammelte Swann. Er reagierte genauso panisch wie Newkirk, als sie verkündet hatte, sie wolle die Reporterin suchen. Das sagte ihr alles, was sie wissen musste.
    »Was, wenn wer anruft, Oscar? Ich dachte, du wärst felsenfest davon überzeugt, dass Tom die beiden verschleppt hat. Seit wann ist Tom sie?«
    Swann zögerte. Sie sah, wie er sich auf die Lippe biss.

    »Vielleicht werde ich mit den Reportern reden, die sich vor dem Büro des Sheriffs herumtreiben. Ich könnte im Fernsehen darum flehen, dass meine Kinder zurückkommen.« Sie sagte es, um ihn zu testen.
    Ihr Ziel, so hatte sie es beschlossen, lag außerhalb der Stadt. Aber sie wollte ihm nichts von ihrem Verdacht erzählen, der bestätigte, dass sich die Lage geändert hatte. Swann ist nicht hier, um mir zu helfen.
    »Los, Monica, setz dich wieder.«
    Der Befehl ließ sie erstarren. Seine Miene verriet ihr, dass er sie notfalls gewaltsam zum Bleiben zwingen würde.
    »Es ist alles nur zu deinem Besten«, sagte er. »Du musst mir vertrauen.«
    Wie sollte sie, angesichts seines irren Blicks, der angespannten Körperhaltung, der geballten Fäuste?
    »Ich vertraue dir kein bisschen.«
    Er öffnete eine Faust. Darin lagen ihre Autoschlüssel.
    »Du bleibst schön hier.«

Sonntag, 17.49 Uhr
    Villatoro fand Anthony und Julie Rodales Haus imposant. Es war ein riesiges neues Holzhaus mit reichlich Fenstern, wie man es eher im Süden erwartet hätte. Gedämpfte, unterirdische Lichter markierten die Auffahrt und den Weg zur Haustür. Im Inneren lagen dicke indianische Teppiche auf dem Parkettboden, und die Decke des großen Wohnzimmers wirkte so hoch wie die einer Kathedrale. Villatoro kam
sich ganz klein vor. Der Kamin wurde von Hirsch- und Elchköpfen eingerahmt, und im Licht des Kronleuchters schillerte ein halbes Dutzend farbenprächtiger, ausgestopfter Fische. Obwohl er nie welche gesehen hatte, glaubte Villatoro, dass es Meeresforellen waren.
    Als er eintraf, hatte Julie Rodale gerade 60 Minutes geguckt. Sie saß in einem Polstersessel dicht vor dem Großbildschirm und verputzte eine Riesenportion Makkaroni mit Parmesan. Auch während sie sich unterhielten, aß sie selbstvergessen weiter, und manchmal musste Villatoro auf eine Antwort warten, weil sie noch kaute.
    Julie Rodale war eine große blonde Frau mit einem rundlichen Gesicht und Pausbacken. Ihre Kleidungsstücke spannten, und Villatoro vermutete, dass sie entweder kürzlich stark zugenommen hatte oder sich nicht eingestehen wollte, dass sie aus ihrer Konfektionsgröße herausgewachsen war. Sie hatte keine Hemmungen, sich mit ihm zu unterhalten.
    »Sie sind Detective?«, fragte sie. »Als ich Sie kommen sah, dachte ich, Sie würden für den Sheriff arbeiten. Ich warte auf Nachrichten über Tony, meinen Mann.«
    Villatoro machte sich Notizen auf einem kleinen Block, den er in seinem Hotelzimmer gefunden hatte. Hauptsächlich deshalb, um etwas zu tun zu haben, aber die Erfahrung hatte ihn gelehrt, dass Menschen gesprächiger wurden, wenn man ihnen durch Mitschreiben suggerierte, ihre Worte seien wichtig. Mrs Rodale schien es egal zu sein, dass er nicht zur örtlichen Polizei gehörte und im Ruhestand war. Sie wirkte einfach nur dankbar, dass ihr jemand zuhörte.
    »Sie sagen, er ist zum Angeln gefahren?«
    »Genau.« Sie rollte die Augen und wies mit einer Kopfbewegung
auf die ausgestopften Fische an der Wand. »Das ist sein Lebensinhalt, zumindest am Wochenende. Im Winter ist er die ganze Zeit damit beschäftigt, Zubehör zu kaufen und Anglerzeitungen zu lesen, und im Frühling, Sommer und Herbst angelt er. Ein paarmal habe ich es selbst probiert und sogar ein Buch darüber gelesen, aber ich fand es immer nur langweilig, mit ihm zu angeln. Sterbenslangweilig.«
    »Fährt er oft allein los?«
    Sie schob sich eine Gabel Makkaroni in den Mund und nickte dann. »Aber nicht immer. Manchmal überredet er einen Kumpel, ihn zu begleiten, zum Beispiel Jim Newkirk. Aber der hat Kinder und nicht so viel Zeit wie Tony. Niemand hat so viel Zeit wie Tony.«
    Villatoro notierte Newkirks Namen.
    Er versuchte, einen beiläufigen Plauderton anzuschlagen. »Und er wollte heute Morgen zurück sein?«
    »Wenn nicht schon gestern Abend«, antwortete sie mit vollem Mund. »Er behauptete, am Montag etwas

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